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„Ich habe jeden Tag gewusst, wo die Weltspitze ist“

Ex-Skilangläufer Tobias Angerer spricht über den Weltcup, den Nachwuchs und seine besondere Beziehung zu Dresden.

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© dpa

Tobias Angerer, was halten Sie als Ex-Athlet von einem Weltcup in Dresden?

Ich freue mich auf Weltklassesport vor einer besonderen Kulisse. Ich glaube, das sind tolle Bilder, die in die Welt transportiert werden. Für Sportler ist ein Citysprint etwas Besonderes – so nah an den Zuschauern. Das ist ein anderes Flair, als durch den Wald zu rennen. Es ist ja nicht so, dass jede Woche ein Weltcup in einer Großstadt stattfindet. Ein-, zweimal im Jahr kann man das machen. Mir hat der Sprint damals in Düsseldorf Spaß gemacht. Und das Konzept in Dresden mit der anschließenden Schulsport-Woche finde ich klasse.

Sie sind ja als Botschafter des Langlaufs auch nach dem Weltcup in Dresden. Was sind dann Ihre Aufgaben?

Ich möchte den sächsischen Schülern die Freude und den Spaß an dem Sport weitergeben, sie begeistern. Viele werden das erste Mal auf Langlaufskiern stehen. Mein Herz schlägt für den Nachwuchs. Deshalb habe ich in meiner Heimat auch ein Schüler- und Jugendteam gegründet. Mir bedeutet es persönlich sehr viel, dem Sport etwas zurückzugeben. Und es ist doch super, dass der Schnee nicht nur für zwei Tage herangekarrt wird, sondern mindestens noch eine Woche genutzt wird.

Es dürfte Sie besonders freuen, dass ausgerechnet Dresden den Zuschlag für den Weltcup bekam …

Ja, ich bin schon ein bisschen mit der Stadt verbunden. Es ist meine zweite Heimat. Meine Frau stammt aus Zwönitz. 2010 haben wir standesamtlich in Dresden geheiratet und auf Schloss Albrechtsberg gefeiert. Die kirchliche Trauung fand dann in meiner Heimat Traunstein statt. Dort leben wir auch, aber dreimal im Jahr sind wir bestimmt im Erzgebirge. Erst Weihnachten waren wir bei den Schwiegereltern und auch in Oberwiesenthal skifahren.

2014 haben Sie mit dem Leistungssport aufgehört. Wie sieht Ihr Leben nach der sportlichen Karriere aus?

Ich habe direkt danach angefangen, Sportmanagement in München zu studieren und das in drei Jahren mit Vollgas durchgezogen. Im Moment schreibe ich meine Bachelorarbeit. Für meine langjährigen Partner und Sponsoren bin ich noch immer viel unterwegs. Ich komme gerade erst vom Biathlon in Ruhpolding. Ich halte auch Vorträge im Bereich Motivation und baue mir nebenbei eine Sportmarketing-Firma auf, um als Manager Athleten zu betreuen. Langweilig wird mir also nicht.

Wie oft stehen Sie noch auf Skiern?

Einmal Sportler, immer Sportler. Ziel ist jeden Tag eine Stunde. Das ist gut für Körper und Geist, schaffe ich aber nicht immer. Mir tut nach wie vor nichts weh, und ich habe noch immer nicht die Schnauze voll vom Langlauf. Im Sommer bin ich oft auf Skirollern unterwegs. Unsere drei Kinder machen schon Skilanglauf. Wir üben überhaupt keinen Druck aus, aber einbremsen wollen wir sie auch nicht.

Ein paar Talente kann der deutsche Skilanglauf immer gebrauchen. Wie ist Ihr Eindruck von der Mannschaft knapp einen Monat vor Olympia?

Die Ergebnisse bei der Tour de Ski zeigen in die richtige Richtung. Es gab noch einige Qualifikationen für die Spiele. Das ist wichtig, weil es vom Druck befreit. Wir haben jetzt vier Frauen und zwei Männer für Südkorea. Ich hoffe natürlich, dass noch ein paar mehr dazukommen. Es gibt noch an den nächsten zwei Wochenenden die Chance. Bei Olympia haben wir sechs Wettbewerbe, da brauchen wir die volle Teamstärke. Olympia ohne eine deutsche Herrenstaffel kann ich mir gar nicht vorstellen. Das wäre definitiv nicht gut.

Sie gehörten zur goldenen Generation, gewannen als einziger Deutscher die Tour de Ski und insgesamt elf Medaillen bei Olympia und Weltmeisterschaften. Was war anders zu Ihrer Zeit?

Wir hatten am Anfang das Glück, mit René Sommerfeldt einen Athleten im Team zu haben, der absolute Weltklasse verkörpert hat. Nach seinem WM-Silber 2001 in Lahti haben wir in der Vorbereitung alle drei Wochen zehn Tage zusammen trainiert. Ich habe jeden Tag gewusst, wo die Weltspitze ist, wo ich hinmuss. Irgendwann ist es in Gang gekommen und es lief. So jemand fehlt bei den Männern. Tim Tscharnke und Hannes Dotzler hätten neue Zugpferde sein können. In Sotschi 2014 hatten sie fast eine Medaille gewonnen, aber beide haben krankheitsbedingt ihre Karriere beendet.

Das Gespräch führte Michaela Widder.