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„Ich habe mich in dieses Dorf verliebt“

Carmen Klapproth ist die neue Ortschronistin von Kriebethal. Aber sie will noch mehr als Geschichte dokumentieren.

Von Cathrin Reichelt
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Carmen Klapproth ist die neue Ortschronistin von Kriebethal. Ihre erste Recherche führt sie in die Geschichte der Kindertagesstätte Burggeister.
Carmen Klapproth ist die neue Ortschronistin von Kriebethal. Ihre erste Recherche führt sie in die Geschichte der Kindertagesstätte Burggeister. © Dietmar Thomas

Kriebstein. Wenn sie durch die Burg Kriebstein geht, sei es, als gehe eine Tür auf. Sie spüre die Geschichte regelrecht, möchte am liebsten jedes Detail erforschen und aufschreiben, was sie herausgefunden hat.

So beschreibt Carmen Klapproth ihr Interesse an Historischem. Außerdem hat sie, teils aus selbst Erlebtem, teils mit viel Fantasie schon drei Bücher geschrieben. All das habe Kriebsteins Bürgermeisterin Maria Euchler (FW) wohl bewogen, die 54-Jährige zu bitten, die Ortschronistin von Kriebethal zu werden, meint die Mutter von vier Kindern.

Während des Gemeinderates wurde sie in das Amt berufen. Nachdem ihr Vorgänger Günther Möbius verstorben war, hatte sich zwei Jahre lang niemand um die Chronik gekümmert. „Die Latte liegt hoch“, meint Carmen Klapproth. Sie habe großen Respekt vor der Arbeit von Günther Möbius. 

Er hatte ein umfangreiches Wissen über den Ort, hat alles, was mit ihm in Zusammenhang stand, gesammelt und archiviert. Trotzdem stehen der neuen Ortschronistin direkt in Kriebethal keine Unterlagen zur Verfügung. Die hat ihr Vorgänger ins Stadtarchiv nach Mittweida gebracht.

„Ich werde ein eigenes Archiv aufbauen“ , sagt sie und zeigt auf einen Aktenordner. In dem befinden sich schon zahlreiche Seiten ihres ersten „Falls“. Die Kindertagesstätte Burggeister wird 150 Jahre alt. Die Kita habe der Eigentümer der Papierfabrik Niethammer seiner Frau 1879 zum Geburtstag geschenkt. Zuvor wurde das Gebäude – die heutige Gemeindeverwaltung ¬- als Privatschule genutzt. 1984 ist die Kita in die Wiesensiedlung umgezogen.

Alles, was Carmen Klapproth herausfindet, will sie nicht nur einfach dokumentieren, sondern, wenn möglich, im Gemeindeblatt veröffentlichen und damit wieder die Neugier der Menschen wecken. Sie möchte eine Verbindung zwischen den älteren und jüngeren Kriebethalern schaffen. 

Viele würden nur über Unzulänglichkeiten schimpfen, aber selbst nichts tun. Das liege an der Ich-Mentalität. Jeder lebe nur bis zu seinem Gartenzaun. „Es ist aber wichtig, dass die Leute wieder im ,Wir‘ denken und handeln“, sagt die Mitarbeiterin bei Kaufland.

Da es keine Einkaufsmöglichkeiten mehr im Ort gibt, begegnen sich die Einwohner seltener. „Sie kommen nicht raus und zusammen“, so Carmen Klapproth. Aber das sei wichtig für den Zusammenhalt. 

Deshalb fände auch sie es schön, wenn der Trockenschuppen wieder soweit hergerichtet werden könnte, dass er als Treffpunkt, für Dorffeste, Flohmärkte, Kuchenwettbewerbe oder Ähnliches genutzt werden könnte.

Ihr liegt die Gemeinde Kriebstein sehr am Herzen, obwohl sie eine „Zugezogene“ ist. In Erfurt geboren und aufgewachsen, lebte sie nach der Wende einige Jahre in Westdeutschland, bis sie ihren heutigen Mann kennenlernte und nach Kriebethal zog. „Ich habe mich sofort in dieses Dorf verliebt“, meint sie. 

Und als sie zum ersten Mal die Burg sah, hatte sie das Gefühl, dort schon einmal gewesen zu sein. Aber wann? Eine Freundin erinnerte sich: Auf Klassenfahrt in der Grundschule. Und sie entdeckte etwas in dem alten Gemäuer, das wohl manchem Einheimischen noch nie aufgefallen ist: „In einem kleinen Zimmer gibt es auf dem Boden Abdrücke von den Pfoten einer Katze. Sie muss wohl über die Steine gelaufen sein, bevor sie ganz ausgehärtet waren.“

Anfangs sei sie nicht überzeugt gewesen, dass sie für die Ortschronistin die Richtige ist. Aber je mehr sie sich mit Kriebethal beschäftige, umso interessanter werde es. „Ich hatte schon viele Aha-Erlebnisse.“ Die will sie mit den Ergebnissen ihrer Recherchen auch bei den Kriebethalern erzeugen. Aus den positiven Erinnerungen an frühere Zeiten könnte im Heute wieder eine Gemeinschaft von Jung und Alt entstehen, hofft sie.

Welche Wirkung das Miteinander haben kann, erlebt sie selbst bei ihren wöchentlichen Besuchen im Seniorenheim. Dort ist sie die Junge, liest vor, geht mit den älteren Menschen spazieren oder spielt Skat. „Dabei spürt man, wie die Leute aufblühen.“