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„Ich war ein Fan von Außenseitern“

Das Krankenhaus Arnsdorf verabschiedet seinen ärztlichen Direktor Lothar Rödszus – und stellt seinen Nachfolger vor.

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© Willem Darrelmann

Von Nadine Steinmann

Während seiner langen Karriere als Facharzt für Psychiatrie hat Dr. Rödszus viele Menschen kennengelernt – außergewöhnliche Menschen, die eben nicht so sind, wie wir, „die Normalen“. Menschen, die in einer Welt leben, die für uns zunächst ganz unverständlich ist. „Ich habe die Außenseiter-Figuren schon immer gemocht“, erklärt der heute 65-Jährige. Das Interesse für „extreme Formen der menschlichen Existenz“ hatte ihn schon immer bewegt und dies ist einer der Gründe, warum er sich nach seinem Medizinstudium schließlich für die Facharztausbildung in einer psychiatrischen Klinik entschied: „Ich war immer neugierig, wollte wissen, was hinter den Türen einer geschlossenen Station oder den hohen Mauern der Forensik eigentlich geschieht“, so der gebürtige Mecklenburger.

In diesem Bereich, also der Gerichtspsychiatrie, hat er auch viele Jahre gearbeitet, unter anderem in Bremen und seit 2005 in der sächsischen Klinik Großschweidnitz. „Während der Facharztausbildung war ich natürlich auch in der Neurologie tätig, aber nach einem gewissen Zeitraum war mir die Arbeit dort etwas zu eintönig“, berichtet Lothar Rödszus. Alles sei immer sehr strukturiert und durchorganisiert gewesen, nie sei etwas Ungewöhnliches geschehen, die Patienten seien folgsam gewesen und im Gespräch freundlich. „Bei psychisch Kranken dagegen weiß man nie, wie sie reagieren. Es könnte immer etwas Unerwartetes passieren“, erzählt der Facharzt. Dies sei einer der Gründe, warum ihn die Arbeit in der Psychiatrie mehr interessiert habe.

Nachfolger übernimmt das Amt am 1. Februar

Im April 2011 nahm Dr. Rödszus schließlich die Stelle des ärztlichen Direktors am Krankenhaus in Arnsdorf an und bildete seitdem gemeinsam mit Matthias Grimm, dem Verwaltungsdirektor, und Jens Kutschmann, dem Pflegedirektor, das Direktorium des Sächsischen Krankenhauses Arnsdorf. Doch nun geht der 65-Jährige, der gleichzeitig auch der Chefarzt der Allgemeinpsychiatrie ist, in den Ruhestand. Am Mittwoch verabschiedet das Krankenhaus das Direktoriumsmitglied mit einer Feierstunde und stellt zugleich seinen Nachfolger vor, der ab dem 1. Februar das Amt des Klinikdirektors und Chefarztes übernimmt.

Der ärztliche Direktor verlässt nach eigenen Angaben ein „gut organisiertes Krankenhaus“, das schwarze Zahlen schreibt und seinen Versorgungsauftrag erfüllt. Gemeinsam mit seinen beiden Kollegen habe er die Einrichtung auf einen guten Weg gebracht. Das Trio habe immer an einem Strang gezogen, um das Krankenhaus nach außen hin zu repräsentieren und mit der vorgesetzten Behörde, dem Sächsischen Sozialministerium als Träger der Klinik, zusammenzuarbeiten. „An diesem Punkt muss ich auch betonen, dass die Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium unter der Leitung der Ministerinnen Frau Clauß und nun Frau Klepsch hervorragend war. Beide haben sich engagiert um die sächsischen Kliniken gekümmert“, berichtet der Chefarzt.

Jeder Patient hat seine eigene Geschichte

Dr. Rödszus erklärte weiter, dass es besonders wichtig sei, dass während seiner Amtszeit die Umstellung auf die elektronische Datenverarbeitung vollzogen wurde. „Arnsdorf hinkte bei dieser notwendigen Innovation der Entwicklung um einige Jahre hinterher.“ In der heutigen Zeit sei es einfach nicht mehr möglich, den riesigen Dokumentationsbedarf handschriftlich zu erledigen. Die Einführung der elektronischen Patientenakte war somit ein wichtiger, unverzichtbarer Modernisierungsschritt. „Es ist elementar wichtig, dass sich das Krankenhaus Arnsdorf diesen Neuerungen gegenüber nicht verschließt“, meint der ärztliche Direktor. „Dass das hiesige Krankenhaus eine Zukunft hat, wird auch durch die hier getätigten Investitionen in den Neubau eines Aufnahmezentrums anstelle der alten Gerontopsychiatrischen Stationen dokumentiert.“

Zu seiner täglichen Arbeit erläuterte Dr. Rödszus, dass es zwar heute für die Behandlung fast aller Erkrankungen sogenannte Leitlinien gäbe, dass jedoch jeder kranke Mensch seine eigene Lebens- und Leidensgeschichte habe, die sich nicht durchweg nach dem Schema einer Leitlinie behandeln lasse. Bei bestimmten Krankheitskonstellationen müssten auch Wege außerhalb der bewährten Pfade gesucht werden. In solchen Fällen berate er dann mit den Oberärzten der Klinik, wenn nötig auch unter Einbezug von externen Spezialisten, um eine Entscheidung zur weiteren Behandlung zu fällen. Die Verantwortung für den dann eingeschlagenen Weg trage selbstverständlich der Chefarzt selbst.

Doch darum kann sich ab dem kommenden Monat sein Nachfolger kümmern. „Ich denke, das Ministerium hat da eine sehr gute Wahl getroffen“, verrät der scheidende ärztliche Direktor, der nun langsam sein großes Büro räumen muss, an dessen Wänden zahlreiche Bilder hängen, unter anderem die Kopien des ersten fotografischen Selbstporträts, das im Jahre 1839 angefertigt wurde und des Bildes „Angelus novus“ von Paul Klee.