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Ihre finnische Kota nennen sie „Mehlsack“

Girbigsdorfs „Mühlenhotel“-Betreiber Jürgen und Elvira Lobedann setzen mit ihrer Grillhütte auf skandinavisches Ambiente.

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© Nikolai Schmidt

Von Rita Seyfert

In Finnland waren Jürgen und Elvira Lobedann aus Girbigsdorf noch nie. Mit einer „Kota“ haben sich die beiden Betreiber vom Mühlenhotel nun das skandinavische Flair in den Garten geholt. Die Gäste sind begeistert. Gerade in der Vorweihnachtszeit sei ihre Grillhütte richtig gut gebucht gewesen. Und auch jetzt, im verschneiten Januar, sei die Nachfrage groß.

Die Kota sieht schmuck aus im Schnee.
Die Kota sieht schmuck aus im Schnee. © nikolaischmidt.de

Dabei habe es eineinhalb Jahre gedauert, in denen das Ehepaar „mit der Idee schwanger ging“, wie sie es nennen. Auf einer Tourismus-Messe sei ihm die finnische Kota sofort ins Auge gestochen. Doch seine Frau zögerte zunächst. Der gelernte Müllermeister ließ nicht locker. Ostern vergangenen Jahres hatte Jürgen Lobedann seine Elvira so weit. Gemeinsam mit einem Fachmann stellten sie die finnische Kota auf – und machten sich an die Gestaltung des Innenraums.

Urig sieht es inzwischen aus. Getreidesträußchen und kleine Fläschchen, gefüllt mit Roggen, Kleie, Hirse und Dinkel, stehen herum. Zentral ist die offene Feuerstelle mit dem Abzug, über den der Rauch gen Himmel entweicht. Fast wie in einer Schwitzhütte. Wenn draußen die Eiszapfen klirren, macht man es sich dort kurzärmelig gemütlich, während auf dem Grill das Steak bruzelt. Es ist die Mischung aus skandinavischer Exotik und rustikaler Lagerfeuerromantik, von der die Besucher begeistert sind. Dass sie sich rundherum im Kreis unterhalten können, hätten sie gelobt. Jeder könne mit jedem plaudern, man begegne sich auf Augenhöhe, niemand sitze einem im Rücken.

Nordeuropäischen Völkern habe die runde Hütte mit dem pyramidenförmigen Dach einst als Behausung gedient. In einigen Gegenden Lapplands werden Kotas teils noch heute bewohnt. Ähnlich wie die mongolischen Jurten bestehen sie nur aus einem Raum. Die Feuerstelle dient als Wärmequelle für die Menschen, die in rauen Wintern daran Zuflucht suchen, aber auch als Herd zum Zubereiten der Nahrung. Drumherum auf den weichen Unterlagen aus Reisig, Gräsern und Moos wurden die Rentierfelle ausgebreitet.

Vom Pelz skandinavischer Elche sei den Lobedanns aber abgeraten worden. Deren Haare seien innen hohl. Für das Halten der Wärme sei dies zwar ideal. Doch nach spätestens zwei Jahren seien die Borsten so ausgetrocknet, dass sie brechen und ausfallen. Übrig bleibe nur das nackte Leder. Daher dekorierten sie ihre Kota mit den Fellen heimischer Kamerun-Schafe.

Für kleine Gruppen ist die Grillhütte ideal. Ob für Feiern von Arbeitskollektiven, Vereinen oder Familien, bis zu 20 Personen finden darin Platz. Sobald das Feuerholz runtergebrannt ist, werden vorgeglühte Kohlen unter den Schwenkgrill gelegt – und die Grill-Zeremonie kann beginnen. Alternativ steht die Schlesische Brotzeit zur Wahl. Statt Grillzeug bekomme man eine Suppe, dreierlei Brot mit Tomaten, Zwiebeln, Nüssen und dazu Käse, Kassler, Obst sowie Bärlauch-Senf-Dipp. „Wer schon den ganzen Sommer über im heimischen Garten die Grillzange in der Hand hatte, wählt eher die letztere Option“, erzählen die Gastgeber.

Getauft haben sie ihre finnische Kota „Mehlsack“, nachdem auch ihre Pension „Mühlenhotel“ und das Restaurant „Zur Bäckerstube“ heißen. Irgendwie müsse man zu den Wurzeln zurückkehren, finden sie. Schließlich ist Elvira Lobedann die Müllerei in die Wiege gelegt worden. Schon als Kind spielte sie in der alten Girbigsdorfer Mühle zwischen Getreidesäcken, bevor sich ihr späterer Gatte und Müllermeister in die Müllerstochter verliebte.

Wo heute die Besucher des Mühlenhotels morgens unter dem Wappen mit dem Müllergruß „Glück zu“ ihren Kaffee trinken, floss einst der Mühlgraben entlang. Auch die schmale, hohe Gebäudeform sei typisch für eine Wassermühle, erklären sie. 1984 wurde der Mühlenbetrieb eingestellt. Die Bäckerei war noch bis 2000 in Betrieb. Als der Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten nach der Wende stieg, bauten die Lobedanns ihre Mühle zum 37-Betten-Hotel um. „Der Platz war ja da“, sagt die ehemalige Biologie-Lehrerin. Ein paar Lektionen Heimatkunde über die Müller-Geschichte bekommen die Gäste beim Besuch der finnischen Kota inklusive.

Weitere Informationen unter www.das-Muehlenhotel.de