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Im Auftrag der Schwachen

Die Zittauerin Gudrun Strehle engagiert sich seit 27 Jahren ehrenamtlich im Sozialverband VdK. Dafür ist sie nun von höchster Stelle geehrt worden.

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© Matthias Weber

Von Elke Schmidt

Zittau. Obwohl gerade gar keine Sprechstunde ist, geht Gudrun Strehle ganz selbstverständlich ans klingelnde Telefon. Der Anrufer hat ein für ihn unverständliches Behördenschreiben erhalten und möchte nun eine Auskunft dazu. Freundlich hört die stellvertretende Vorsitzende im VDk-Ortsverband Löbau-Zittau zu und schlägt dann vor, zur nächsten Sprechzeit mit allen Unterlagen ins Büro des Sozialverbandes an der Oststraße zu kommen. Dann würden sie oder ihre Mitstreiter im persönlichen Gespräch helfen.

Schon seit vielen Jahren setzt sich Gudrun Strehle ehrenamtlich für sozial Schwache, Körperbehinderte und chronisch Kranke ein. Dafür wurde sie jetzt als eine von 20 sächsischen ehrenamtlich tätigen Menschen mit der Annen-Medaille von der Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, Barbara Klepsch (CDU), im festlichen Rahmen von Schloss Albrechtsberg geehrt. Gudrun Strehle ist immer noch ganz beeindruckt von der Feier. Die Ministerin habe für jeden individuelle Worte gefunden und der Veranstaltungsort ganz wunderbar zum Anlass gepasst. Schade findet sie nur, dass sie nicht die gesamte „Mannschaft“ aus dem Zittauer Sozialverband mitbringen konnte. „Ohne sie hätte ich das nie geschafft“, sagt sie. Derzeit kümmern sich mit ihr 14 Vorstandsmitglieder um das Wohl hilfsbedürftiger Menschen, und eigentlich hätten sie alle die Medaille verdient. Deshalb bewahrt sie diese auch im Zittauer VdK-Büro auf.

27 Jahre lang ist sie nun schon dort tätig. Zwei Jahre nach ihrem Beitritt wurde sie in den Vorstand gewählt und übernahm um die Jahrtausendwende den Vorsitz. Quasi nebenbei war sie auch noch Kreisverbandsvorsitzende. Seit einiger Zeit tritt sie etwas kürzer, ist aber weiterhin als stellvertretende Vorsitzende tätig.

Bei diesem Engagement ist es kaum vorstellbar, dass sie eher zufällig zum Sozialverband gefunden hat. Als Krankenschwester hatte sie schon immer mit Menschen zu tun. Auch nach dem Ende dieser Tätigkeit sollte das so bleiben. Am liebsten wäre ihr eine Arbeit mit Kindern gewesen, als sie auf eine Anzeige stieß. Als Gudrun Strehle sich auf diese Annonce hin beim Sozialverband VdK vorstellte, stellte sie jedoch fest, dass es hier nicht speziell um Kinder geht. Die Abkürzung steht für „Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands“. Dennoch begann sie ihre Arbeit beim Verband.

Sie und das gesamte Team verstehen sich als Ansprechpartner für alle sozial Schwachen, die mit den verschiedensten Problemen zu ihnen kommen können.

„Bei uns sind sie gut aufgehoben“, sagt Gudrun Strehle. Sie helfen jedem, so gut sie können. Oft wollen die Leute wissen, was ihnen in ihrem speziellen Fall zusteht oder brauchen Hilfe beim Ausfüllen undurchsichtiger Formulare. Obwohl es nicht immer ganz einfach ist, die sich öfter ändernden Regelungen zu verstehen und immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Regelmäßige Weiterbildungen gehören deshalb zu ihrem Programm. Nur wer rechtsverbindliche Auskünfte möchte, muss vorher Mitglied im Verband werden.

Auch abseits der bürokratischen Hürden haben die Helfer stets ein offenes Ohr für die Schicksale und Geschichten der Menschen, die zu ihnen kommen. Dieser direkte Kontakt mit den Menschen war und bleibt Gudrun Strehle immer am wichtigsten und war einer der Gründe, gleich zwei Selbsthilfegruppen zu gründen und in der Folge zu begleiten.

Besonders am Herzen liegt ihr jedoch die Barrierefreiheit im Alltag. Sie kämpft für Aufzüge an Bahnhöfen, für Rampen im Zittauer Theater oder auch für barrierefreie Waggons in der Zittauer Schmalspurbahn. Wichtig ist ihr dabei, überhaupt erst einmal auf dieses Problem aufmerksam zu machen, das vielen Menschen erst dann auffällt, wenn sie selbst betroffen sind.

Wenn ihr dann ein Hotelier erklärt, er baue sein Haus trotz großzügiger Förderung nicht behindertengerecht aus, weil er auch so genug Gäste hat, trifft sie das auch persönlich. Doch aufgeben wird sie deshalb nie und fragt stattdessen gleich beim nächsten an. Ein Schicksalsschlag hatte sie allerdings darüber nachdenken lassen. Bei einem Autounfall vor einigen Jahren wurde Gudrun Strehle so schwer verletzt, dass einer ihrer Arme gelähmt dauerhaft blieb. Mit dieser Einschränkung traute sie sich die Arbeit zunächst nicht mehr zu. Doch dank der Unterstützung und Rückendeckung des gesamten Zittauer VdK-Teams, welches ihr Mut gemacht habe, hat sie sich entschieden weiterzumachen und sich mit ihrem Handicap nicht nur zu arrangieren, sondern die Energie zu finden, ihre Arbeit weiterzuführen. Auch ihr Mann sei ihr damals eine große Stütze gewesen.

Dass sie mehr oder weniger sanft überredet wurde, macht sie heute glücklich. Durch ihre Arbeit beim VdK bleibe sie geistig fit und flexibel. „Das hilft mir, jung zu bleiben“, sagt sie. Sie habe dabei auch viel zurückbekommen. Das war dem Sozialverband VdK Sachsen aber nicht genug. Er schlug sie für die Annen-Medaille vor. Sie habe diese Ehre mehr als verdient, schreibt der Verband in seiner Begründung.