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Im Osten doppelt so viele schwangere Teenager

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche junger Frauen geht aber zurück. Grund dafür ist auch der Arbeitsmarkt.

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© Waltraud Grubitzsch/dpa

Wiesbaden/Kamenz. Der Vorsprung ist recht deutlich. Im Osten bekommen doppelt so viele Teenager Babys wie im Westen. Diese jetzt veröffentlichte Analyse des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung (BiB) bezieht sich auf die Jahre 1996 bis 2010.

In diesem Zeitraum stieg die Zahl der Geburten junger Mütter unter 20 Jahren in den neuen Bundesländern von acht je 1.000 Frauen auf 13,9, um in den folgenden beiden Jahren moderat auf 11,1 Teenager-Geburten je 1.000 Frauen zu sinken.

Diese Daten decken sich auch weitgehend mit Erhebungen des Statistischen Landesamtes Kamenz. In Sachsen wurden demnach um die Jahrtausendwende jährlich rund 1.400 Babys von sehr jungen Müttern geboren, was einem Anteil von bis zu 4,5 Prozent entspricht. Diese Tendenz ist deutlich rückläufig. So wurden im Jahr 2012 knapp 35.000 Babys geboren. Bei 645 von ihnen waren die Mütter zum Zeitpunkt der Geburt 19 Jahre und jünger. Drei der Mamas waren erst 14 Jahre jung.

Im gleichen Jahr ließen in Sachsen 419 unter 20-Jährige einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen. Im Vergleich zu 2005 hat sich diese Zahl nahezu halbiert. Auch das entspricht der BiB-Analyse, wonach die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche seit Mitte der 1990er Jahre deutlich gesunken ist – im Osten stärker als im Westen. Seit diesem Zeitpunkt hat es in den neuen Bundesländern bei den sehr jungen Frauen häufiger Entscheidungen für Geburten und gegen Abbrüche gegeben.

Situation auf Arbeitsmarkt begünstigt Entscheidung fürs Kind

Die lange währende ungünstige Situation auf dem Ausbildungsmarkt im Osten, so wird vermutet, hätte vielfach die Entscheidung zur Geburt begünstigt. Das gelte insbesondere für Teenager mit einer schlechteren Bildungsperspektive, heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Wer auf dem Arbeitsmarkt weniger Chancen sieht, wählt eher den Rückzugsraum Familie – zumal durch Mutter- bzw. Elternschaft auch ein höherer sozialer Status erreicht werden kann. Das unterstreichen Forschungen von Soziologen der Universität Leipzig in den Jahren von 2003 bis 2007, wonach in Chemnitz unter den minderjährigen Müttern fast ausschließlich Förder- und Hauptschülerinnen waren, die von einer unerreichbaren Karriere träumten, aber keinen anderen Weg als die Mutterschaft wussten, um sich Anerkennung und „etwas Eigenes“ zu verschaffen.

Das Sozialministerium erkennt in der aktuellen Entwicklung keine besorgniserregende Situation. Es gebe in Sachsen ein multiprofessionelles System von Sexualaufklärung bis zum Erlernen von Erziehungskompetenzen, heißt es. Ferner gebe es unterstützende Wohnformen in 37 Einrichtungen mit 178 Plätzen.