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Imageschaden für Burladingen?

Burladingen in Baden-Württemberg hat den ersten AfD-Bürgermeister im Land. Der hält den Parteieintritt für seine Privatsache. In der Kleinstadt sehen das viele anders.

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© Sina Schuldt/dpa

Lena Müssigmann

Burladingen. „Der Bürgermeister dieser Kommune spricht nicht in meinem Namen.“ Das steht auf einem Schild im Fenster des evangelischen Pfarrhauses im baden-württembergischen Burladingen. Die Frau des Pfarrers, Karin Dinkelacker, hat es vor gut einem Jahr aufgehängt, nachdem Bürgermeister Harry Ebert den Besuch des Gemeinderats in einer Flüchtlingsunterkunft als „Asylantenschau“ und die Gemeinderäte als „Landeier“ bezeichnet hatte.

Ebert galt schon damals als AfD-nah. „Als klar wurde, dass er nach rechts wegschlittert, wusste ich: Ich muss was machen“, sagt Dinkelacker. Zum Entfernen des Schildes habe ihr der Bürgermeister seither keinen Anlass gegeben. Im März wurde Eberts Eintritt in die AfD bekannt.

Der Schritt hat kaum jemanden überrascht und doch viele aufgeregt in dem 5500-Einwohner-Städtchen auf der Schwäbischen Alb. Entlang der Hauptstraße reihen sich Bäckereien, Banken, ein Juweliergeschäft, auch die örtliche Zeitung hat hier ihren Sitz. Jenseits eines Kreisverkehrs sieht man das Zeichen der Firma Trigema, größter Arbeitgeber am Ort. Heute ist der Ort weit über die Stadtgrenzen hinaus wegen seines AfD-Bürgermeisters bekannt, weil er der erste in ganz Baden-Württemberg ist.

Etliche Burladinger fürchten einen Imageschaden. Sie wollen nicht, dass ihr Heimatort als die Stadt mit dem AfD-Mann gilt. Mit dem Bürgerbündnis „Burladingen ist bunt“ wollen sie ein Gegengewicht in der öffentlichen Wahrnehmung bilden. „Wenn man den Ort auf den AfD-Bürgermeister reduzieren würde, ergäbe sich ein ganz falsches Bild“, sagt Pfarrer Christoph Dinkelacker.

Auch der Burladinger Unternehmer Kaspar Pfister, der dort ein Ärztehaus bauen lässt, betont: „Wir sind keine braune Hochburg.“ Kürzlich hat sich der ganze Gemeinderat, der in Burladingen aus CDU und Freien Wählern besteht, als Unterstützer des Bündnisses auf deren Homepage eintragen lassen.

Auf der Straße trifft man aber auch schnell Befürworter. Eine 38-Jährige hat wegen der Flüchtlinge in Deutschland Angst um die Sicherheit ihrer Kinder. Deshalb sympathisiert sie mit der AfD und hat nichts dagegen, dass sich Ebert zu der Partei bekennt.

Der 57-Jährige ist seit 1999 Bürgermeister. Er ist in seiner dritten Amtszeit und bis 2023 gewählt. Den AfD-Eintritt sieht er als Privatsache an. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Michael Eisele, widerspricht: Das Amt lasse sich nicht von der Person trennen. Der Fall spalte Burladingen. Neben denen, die Ebert Kontra gäben, gebe es auch Bürger, die ihn gewähren lassen wollten. „Dabei geht es um das immerwährende Problem der Flüchtlinge“, sagt Eisele. Dabei hat Burladingen bisher nur eine Unterkunft für 10 bis 20 Flüchtlinge.

Seit der „Landeier“-Affäre im Januar 2017 ist auch das Vertrauen im Gemeinderat dahin. Ebert hatte sich für die Beleidigung entschuldigt. Doch seitdem führt das Landratsamt ein Disziplinarverfahren gegen ihn. CDU-Chef Eisele will nun einen bisweilen aggressiven Ton Eberts in den Sitzungen bemerkt haben. Er spricht auch von Beleidigungen und persönlichen Angriffen.

Bis vor eineinhalb Jahren habe Ebert viel für Burladingen erreicht, sagt die Fraktionschefin der Freien Wähler, Rosi Steinberg. Inzwischen sei die Zusammenarbeit mit ihm aber „absolut unkonstrukiv“. Nach Sitzungen müsse sich sie sich erstmal von dem distanzieren, was sie sich dort habe gefallen lassen müssen. „Das Deprimierende an der Sache ist, dass ein Bürgermeister nicht abgewählt werden darf.“ Sie fordert von der Landesregierung eine entsprechende Gesetzesänderung. Auch Trigema-Chef Wolfgang Grupp hatte Neuwahlen aufgrund des Parteieintritts gefordert.

Im Bürgermeister-Büro versichert Ebert, seine Parteizugehörigkeit werde in seiner Kommunalpolitik keine Rolle spielen. Die Forderung nach Neuwahlen kann er nicht nachvollziehen. Schließlich sei er auch kurz nach seiner ersten Wahl in die CDU eingetreten - und zu Beginn der zweiten Amtszeit wieder ausgetreten. Damals habe niemand diese Forderung erhoben. Es sei sein Stil, gegenüber dem Gemeinderat seine Meinung auch mal „vehement“ zu vertreten. Er sei ein Mann der klaren Worte und werde dies auch bleiben. Und er spart nicht mit Kritik an seinen Gegnern: „Burladingen als braunes Nest zu bezeichnen, ist einfach nur daneben, das ist hanebüchen.“ (dpa)