Von Andreas Schirmer
Hans Tilkowski lehnt die Torlinientechnik ab. Nicht nur, weil ihm der Mythos des Wembley-Tores einen Großteil seines Ruhms einbrachte. „Ich bin dagegen, weil die Attraktivität des Fußballs und die Diskussion um Fußball verloren geht“, meint der legendäre Torhüter, der am Sonntag seinen 80. Geburtstag feiert. „Wer wird zukünftig noch jahrelang über so ein Tor wie das von Wembley sprechen?“
Das 3:2 des Engländers Geoff Hurst im WM-Finale von 1966 gegen Deutschland sorgt auch nach 49 Jahren noch für Diskussionen. Ungeklärt ist bis heute, ob der Ball von der Lattenunterkante mit vollem Durchmesser hinter der Torlinie aufsprang. Deutschland verlor am Ende mit 2:4.
Drin oder nicht? „Ob in Dortmund oder Herne: Wenn Leute mich ansprechen, ist es immer die aktuellste Frage“, sagt Tilkowski. Ihn selbst hat die Suche nach der Antwort lange verfolgt und gequält: „Heute nehme ich es gelassener. Es gibt Schlimmeres. Der Sport gibt solche Sachen eben her.“
Das Wembley-Tor ist ein historisches Ereignis, aber es ist auch nur ein Punkt in der Karriere von Tilkowski, der in den 60er-Jahren zu den weltbesten Keepern zählte. Ein Jahr vor dem WM-Finale wurde der 39-malige Nationalspieler als erster Torwart zum „Fußballer des Jahres“ gewählt. „Mit der Auszeichnung habe ich nachfolgenden Torhütern einen Weg geebnet. Sie werden heute ganz anders eingestuft“, sagte Tilkowski.
Der „König des Stellungsspiels“ verlor 1966 das WM-Endspiel, gewann aber mit Borussia Dortmund als erster deutscher Klub gegen den FC Liverpool (2:1) den Europapokal der Pokalsieger. Beim BVB hatte Tilkowski von 1963 bis 1967 seine beste Zeit.
Nach drei Jahren bei Eintracht Frankfurt erwarb er 1970 seine Fußballlehrer-Lizenz und arbeitete als Trainer bei Werder Bremen, 1860 München, beim 1. FC Nürnberg und 1. FC Saarbrücken und bei AEK Athen.
„Ich habe so beide Seiten sehen können, aber auch, wie ohnmächtig ein Trainer sein kann“, sagt er. Nach gut einem Jahrzehnt als Trainer zog er sich aus dem Fußballbetrieb zurück, engagierte sich für Schwerkranke und Arme. Sein Ruhm als einer der Großen des Fußballs öffnete ihm dabei viele Türen. (dpa)