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„Immer mit Dresden im Herzen“

Tourismus-Chefin Bettina Bunge im SZ-Abschiedsinterview über schwierige Jahre und das neue Image der Stadt.

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© Daniel Förster

Nach gut acht Jahren verlässt Dresdens Tourismus-Chefin Bettina Bunge die Stadt und wechselt vom Stadtmarketing (DMG) nach Schleswig-Holstein. Kurz vor ihrem Abschied sprach sie mit der SZ über Krisen, die dem Ruf der Stadt geschadet haben und wie es hier weitergeht.

Frau Bunge, Pegida ist nicht mehr Dauerthema in den Medien, und es kommen wieder mehr deutsche Urlauber in die Stadt. Ist die Wende geschafft?

Ja, wir haben wieder mehr positive Nachrichten – über neue Kulturbauten, große Firmeninvestitionen oder die Exzellenz-Initiative der TU. Und es kommen wieder mehr Touristen in die Stadt, die Statistik für Januar bis Juli 2017 zeigt ein Wachstum von 5,4 Prozent in den Ankünften – mit steigender Tendenz. Aus dem Inland kamen bis Juli 4,3 Prozent mehr. Wir rechnen für das gesamte Jahr mit gutem Wachstum.

Bedeutet das, Dresdens Image ist wieder aufpoliert?

Da ist die Analyse schwieriger, da sich ein Image nicht so schnell verändert. Unsere Analyse hatte 2015 ergeben, dass das Image Dresdens vor allem bei Studierenden, Wissenschaftlern und Besuchern aus dem Inland gelitten hat. Auch wenn nach zwei schwierigen Jahren wieder Wachstum zu verzeichnen ist, bedeutet dies nicht, dass der gute Ruf Dresdens komplett wiederhergestellt ist. Ohnehin sollten wir nicht an der Wiederherstellung des alten Images arbeiten, sondern an einem neuen, positiven, vor allem authentisch glaubwürdigen.

Die Leute wollen, dass Deutschland Deutschland bleibt, hat Ministerpräsident Tillich gesagt und fordert einen Rechtsschwenk der CDU. Schaden solche Sätze der Vermarktung Dresdens?

Unser Ministerpräsident ist ein wichtiger Repräsentant und beeinflusst daher mit seinen Äußerungen überregional die Wahrnehmung über Sachsen und die Menschen hier. Ich maße mir kein Urteil über seine Aussagen zur Zukunft der CDU an, wünsche mir aber eine zukunftsgerichtete Landesentwicklungsstrategie mit konkreten Vorschlägen für die Lösung aktueller Probleme der Gesellschaft.

Wann haben Sie das erste Mal begriffen: Pegida könnte dem Ansehen schaden?

Die Demonstrationen begannen im Oktober 2014. Es war lange unklar, ob es sich um temporäre Proteste handeln würde. Als 2015 immer größer und weltweit negative Berichte mit Bildern über Dresden verbreitet wurden, mussten wir handeln, um größeren Schaden abzuwenden. Wir haben unsere Strategie überarbeitet, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit intensiviert, externe Unterstützung geholt und mit allen Partnern einen Krisenkommunikationsplan abgestimmt. Ich habe mein internationales Netzwerk genutzt, um von anderen Städten in schwierigen Situationen zu lernen. Es galt, glaubwürdige Geschichten über Dresden zu erzählen, die ein positives und differenziertes Bild zeigen.

Eine deutschlandweite Kampagne wie „Dresden ist nicht rechts“ hat es nicht gegeben. War das richtig?

Wir haben unser Agieren sehr kritisch und nahezu täglich hinterfragt. Und uns dann entschieden, unsere Strategie beizubehalten. Mails von Reiseveranstaltern, Kommentare von Bürgern in unseren Social Media Kanälen und Gespräche auf Kongressmessen haben uns in Echtzeit vermittelt, ob wir mit unseren Kampagnen, Fotos, Texten und Maßnahmen noch glaubwürdig sind. Aber dies war eine Gratwanderung und der Gradmesser die Frage der Authentizität. Ich denke, wir sind damit gemeinsam einen guten Weg gegangen.

Schadet die Beherbergungssteuer dem Tourismus, wie es Hoteliers beklagen?

Generell ist es in vielen Städten und Regionen üblich, vom Gast Abgaben zu erheben. Hier in Dresden ist mit Blick auf Höhe, Komplexität und Handhabung noch Handlungsbedarf. Die geplante Vorteilscard gibt dem Kunden einen Mehrwert und den Kultureinrichtungen die Möglichkeit, zusätzliche Gäste zu bekommen.

Die Branche kritisiert auch, private Vermieter, die ihre Wohnungen etwa über Airbnb anbieten, würden für leere Hotelbetten sorgen. Ist der Tourismus in der Stadt noch wachstumsfähig?

Ich sehe für den Tourismus in Dresden diverse Chancen aus diesem globalen Trend. Ein Nutzen ist die enorme mediale Verbreitung, die Reiseziele wie Dresden durch die großen Plattformen wie Airbnb erhalten. Eine solche weltweite Reichweite ist unbezahlbar. Inwieweit der Hotellerie dadurch tatsächlich Gäste und damit auch Umsätze verloren gehen, ist aktuell jedoch nicht quantifizierbar. Aber: Es braucht ohne Frage rechtliche Regelungen für Fremdvermietung. Auch die Frage der Erhebung der Beherbergungssteuer ist zu klären.

Sie setzen auch auf Kongresse. Würde dafür mehr Geld fürs Marketing helfen?

Mehr Budget im Kongressmarketing könnten wir vor allem in mehr Personal investieren, denn Kongressakquise heißt umfangreiche Datenanalyse, Kundenbesuche weltweit und permanente Betreuung potenzieller Entscheider. Da wir derzeit primär im Inland unterwegs sind, könnten wir dann in relevanten Auslandsmärkten lukrative internationale Großkongresse bis 10 000 Teilnehmer akquirieren.

Sie haben die DMG aufgebaut: Wo hat es anfangs geklemmt, und welche Erfolge schreiben Sie sich und dem Team zu?

Nach der Neugründung der Dresden Marketing GmbH musste Vertrauen in unser Unternehmen und in meine Person aufgebaut, die Netzwerke mit allen relevanten Branchen, Politikern und Kundengruppen etabliert und Aufgaben konkretisiert werden. Der erste Meilenstein war die Entwicklung einer langfristigen Marketingstrategie 2020 auf Basis einer repräsentativen Markenanalyse. Dies hatte es in der Form noch nicht gegeben. Wir haben Bekanntheit und Image gesteigert, mehr Journalisten, Reise- und Kongressveranstalter hierher geholt.

Würden Sie Ihre Jahre in Dresden als Krisenmanagement bezeichnen?

Es war mir immer eine Ehre und Freude, Dresden zu vermarkten. Die Stadt ist und bleibt attraktiver Tourismus-, Wirtschafts-, Kongress- und Wissenschaftsstandort. Herausforderungen wie die Aberkennung des Welterbetitels 2009, die Flut 2013, die Pegida-Demonstrationen oder die Budgeteinfrierungen 2017 haben uns immer angespornt, weiter für die Stadt zu kämpfen und zu werben. Auch professionelle Krisenkommunikation gehört dazu, das Leben ist nicht immer eitel Sonnenschein.

Was muss Ihr Nachfolger angehen?

Die DMG und die Stadt sind gut aufgestellt. Es gilt, die neue Reisedestination Dresden Elbland bekannt zu machen, mehr Märkte für Dresden zu begeistern und zusätzliche Kongresse zu holen. Dabei müssen wir nachhaltig agieren, die Wünsche der Bürger im Blick behalten, auf Qualität und Service achten. Eine große Herausforderung wird es sein, die Vermarktung Dresdens weiter auf die Digitalisierung umzustellen.

Sie verlassen Dresden für Kiel und Schleswig-Holstein. Warum gehen Sie?

Mein neuer Job umfasst die Vermarktung eines ganzen Bundeslandes mit einer Vielzahl von Akteuren im wunderschönen Schleswig-Holstein. Dies ist bei vielen Menschen im In- und Ausland aber noch nicht so bekannt. Ich freue mich auf eine ganz andere Aufgabe, aber immer mit Dresden im Herzen. Ich gehe jetzt, weil mich das Wirtschaftsministerium jetzt haben möchte. Und ich kann ruhigen Herzens gehen, denn das Team ist super aufgestellt, die Marketingbudgets sind genehmigt, und die Planung 2018 steht auf gutem Fundament.

Das Gespräch führte Sandro Rahrisch