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In einer anderen Haut

Der Miskus besitzt 3 500 Kostüme – und immer noch kommen neue dazu. Jeder kann sie ausprobieren.

Von Jens Hoyer
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Christian Albrecht im üppiges Barock-Kostüm, Ingrid Beciri hat sich in ein Narrenkostüm geworfen und  Christine Müller im eleganten Kostüm, das man in der Gründerzeit vor über 100 Jahren trug.
Christian Albrecht im üppiges Barock-Kostüm, Ingrid Beciri hat sich in ein Narrenkostüm geworfen und Christine Müller im eleganten Kostüm, das man in der Gründerzeit vor über 100 Jahren trug. © Jens Hoyer

Döbeln. In 25 Jahren des Vereins Mittelsächsischen Kultursommer hat sich einiges angesammelt. Zum Beispiel Kostüme. Vier Räume im Miskus-Hauptquartier an der Georgenstraße in Hainichen stehen voller Ständer mit Kleidungsstücken aus allen Epochen. 

„Hier sind unsere Märchenkostüme“, sagt Jörn Hänsel und weist in die Runde. „Tiere, Feen, Hexen, Frau Holle, Väterchen Frost – alles, was dazugehört“. „Rote Kinderröcke“ steht auf einem Karton, der im Regal steht. Oder „Lorbeerkränze“. Kronen stapeln sich. Bei Veranstaltungen wie die Burg der Märchen in Kriebstein oder das sagenhafte Döbeln werden die Märchenkostüme für die Mitwirkenden gebraucht.

Die nächste Tür, der nächste Raum. „Jetzt kommen wir in die Gotik“, sagt Hänsel. Frauenkleider, Mönche, Ratsherren. Am Spiegel baumeln die Umhängekreuze bündelweise. Ritter, Kutscher, Knappe. Ein Helm gefällig? Bitteschön. 

„Hier hinten hängen die Narrenkostüme“, sagte Hänsel. Einen Raum weiter geht es über in die üppige Mode des Barock mit wallenden Kleidern und aufwendigen Uniformen. Die Dreispitze stapeln sich im Regal. Raum vier. Hier hängt das, was Frau und Mann in den 20er bis 50er Jahren trug. Abendkleider, Gehröcke, Fräcke. Hier ist auch die Orientabteilung. Ein Kostüm aus tausendundeiner Nacht? Oder soll es ein Sultan sein?

Rund 3 500 Kostüme haben sich im Laufe der 25 Jahre angesammelt. Vieles ist selbst geschneidert, anderes hat der Miskus geschenkt bekommen, etwa wenn ein Verein seinen Fundus aufgelöst hat. 

„Manchmal bringen uns auch Leute alte Sachen, wenn der Opa gestorben ist“, sage Hänsel. Westen landen beim Miskus, wenn sich mal wieder ein Gesangsverein aufgelöst hat. „Manchmal rufen auch Hochzeitsausstatter an und schenken uns Kleider, ehe sie die wegwerfen. Sie wissen, dass sie bei uns gut aufgehoben sind.“

Immer wieder kommen neue Kostüme dazu. Im Erdgeschoss ist das Reich von Christine Müller und Ingrid Beciri – der Nähsaal. Christine Müller ist gelernte Damenmaßschneiderin. Ein aussterbender Beruf, wie sie meint. Aber beim Miskus sind die Fähigkeiten der Fachfrau noch gefragt. Sie ist jetzt in der fünften Saison beim Verein fest angestellt. 

Neu auf Maß angefertigt werden in der Nähwerkstatt vor allem Kostüme für die Schauspieler, die bei den verschiedenen Veranstaltungen des Miskus auftreten. Die üppigen Kleider des Barock sind die größte Herausforderung, sagte Christine Müller. Damit hat sie allerdings Erfahrung. Früher habe sie auch Hochzeitskleider genäht.

Kostüm ab 10 Euro

Der Kostümverleih des Miskus ist im Haus Georgenstraße 19 in Hainichen zu finden. Geöffnet ist er von Montag bis Mittwoch von 7 bis 14.30 Uhr, am Donnerstag von 7 bis 17 Uhr und am Freitag von 7 bis 12 Uhr.

Die Ausleihgebühr für eine Woche beträgt zwischen 10 Euro für einfache und Kinderkostüme bis 20 Euro für aufwendige Kostüme. Dazu kommt eine Reinigungsgebühr zwischen 3 und 10 Euro. Kitas und Schulen, außerdem Vereine und Institutionen, die aktiv beim Miskus mitwirken, erhalten einen Rabatt von 50 Prozent.

Der Miskus ist telefonisch unter 037207 651240 oder per E-Mail unter [email protected]. zu erreichen. Weitere Informationen unter www.miskus.de/kostümverleih.

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Ingrid Beciri schaut sich von ihrer Kollegin viel ab. „Ich bin Bekleidungsfacharbeiter und habe früher in der Schürzenbude in Mittweida gearbeitet.“ Die beiden Frauen nähen mit alten Profi-Maschinen der DDR-Marke Textima. „Das ist noch gute Qualität. Die sind unverwüstlich“, sagte Christine Müller. Stoff brauchen die Schneiderinnen immer. „Wer da etwas übrig hat, kann uns das gerne geben“, so Ingrid Beciri.

Beim Nähen von Kostümen bleibt es für die beiden Schneiderinnen nicht – und auch nicht für die anderen Mitarbeiter des Miskus. „Miskus muss man leben“, sagte Ingrid Beciri. Was heißt: Die Mitarbeiter werfen sich selbst in Kostüme. Die Spezialität der 57-Jährigen: Sie verkleidet sich als Frosch.

„Ich bin mal aus Jux gefragt worden, als was ich gehen will. Da habe ich gesagt: als Frosch. Seitdem mache ich das.“ Auch ihre Kollegin wirft sich bei den Veranstaltungen ins Kostüm. Ganz danach, was gebraucht wird. In ein Barockkleid im Park Lichtenau oder als Gegensatzprogramm in das schlichte Gewand einer Bäuerin.

Die Faschingssaison bringt den Mitarbeiterinnen aktuell etwas mehr Arbeit. Denn viele Leute kommen, um sich aus dem reichen Fundus etwas herauszusuchen. Für Faschingssitzungen oder auch für private Veranstaltungen wie Motto-Partys. Beim Miskus finden sie für die meisten Themen etwas – und auch für viele Körperumfänge.