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In Kuh-Löbte gibt es immer was zu feiern

Seit zehn Jahren belebt die Löbtauer Runde den Stadtteil. 2018 stehen drei Jubiläen an.

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© R. Meinig

Von Sophie Arlet

Ein Kulturwegweiser für die Hosentasche, Diskussionsrunden auf dem Parkplatz oder 95 Plüschkühe – an Ideen für ihren „Kuhlöbte“ genannten Stadtteil mangelt es den Mitgliedern der Löbtauer Runde nie. Und das schon seit zehn Jahren. 2007 hatte alles im Erwerbslosentreff der Stadtmission in der Emil-Ueberall-Straße begonnen. Bei einem Förderprogramm für Projekte mit Langzeitarbeitslosen, Senioren und zur Stadtteilarbeit entstand die Idee, eine lose Runde ins Leben zu rufen. Seitdem ist die Interessengemeinschaft im Dresdner Westen aktiv – ohne feste Strukturen, ohne regelmäßige Gelder und ohne eigene Räume.

Ekkehardt Müller ist dem Verbund sofort beigetreten. Damals war er Mitglied im Ortsbeirat Cotta. „Ich fühlte mich verpflichtet, über die Themen und Leute im Stadtteil Bescheid zu wissen“, so der 70-Jährige. Dafür bot die neue Runde eine perfekte Plattform. Bei der ersten Sitzung ging es um die Erwartungen der Mitglieder an die Zusammenarbeit. Schließlich einigten sie sich auf folgendes Credo: „Wir finden Löbtau ok und wollen, dass sich viele hier wohlfühlen“. Das erste Projekt war ein Adventskalender, bei dem Gewerbetreibende und Vereine mitmachten. Viele weitere Aktionen folgten. Anfangs traf man sich noch monatlich, jetzt kommt die Runde zweimal im Jahr zusammen. Mit dabei sind meist 15 bis 25 Mitglieder – immer in unterschiedlicher Zusammensetzung. Auch der Ort wechselt. So trafen sie sich schon im mittlerweile geschlossenen Zauberladen an der Kesselsdorfer Straße, im Jugendtreff T3, im Wächterhaus, dem Kino in der Fabrik oder in der 36. Oberschule.

Angela Bösche gehört seit 2009 zur Runde und ist mittlerweile deren Sprecherin. Sie schätzt besonders die Offenheit der Runde. „Wir gehören zu verschiedenen Altersgruppen, Kirchengemeinden und Parteien“, sagt die 66-Jährige. Löbtau ist für sie vor allem ein grüner Stadtteil, mit vielen jungen Bewohnern und den charakteristischen Häusern, deren Form an Kaffeemühlen erinnert. Die Veränderungen und Entwicklungen in der Nachbarschaft werden von der Löbtauer Runde begleitet. Jahrelang haben die Mitglieder über die Pläne für einen autofreien Boulevard auf der Kesselsdorfer Straße diskutiert. Auch über eine mögliche kulturelle Nutzung der alten Lampenfabrik wurde gesprochen. Doch es mangelte am Geld und an der Stelle wurde schließlich die Löbtau-Passage errichtet. Als 2015 die ersten Flüchtlinge in die Unterkunft an der Tharandter Straße zogen, gründeten einige Mitglieder zusammen mit weiteren Engagierten das Netzwerk „Willkommen in Löbtau“.

Viertel wird 950 Jahre alt

Regelmäßige Aktionen der Löbtauer Runde sind die Organisation des Löbtauer Advents und bis 2014 des Straßenfestes. Ihm folgten kleinere Hoffeste. Auch beim sogenannten Parking Day engagieren sich die Mitglieder. Dann werden Parkplätze kurzerhand zu Diskussionsräumen mit Sitzmöbeln oder improvisierten Cafés umgestaltet.

Bei allen Projekten sei es wichtig, dass die Leute Lust hätten, selbstständig etwas zu organisieren, sagt Felix Liebig. Er ist neben Angela Bösche zweiter Sprecher der Löbtauer Runde und gehört zudem zum Vorstand des Löbtop e.V. Der Verein wurde vor einem Jahr gegründet und soll die Löbtauer Runde unterstützen – aber nicht ersetzen. „Für manche Projekte braucht man feste Vereinsstrukturen“, so Liebig. Etwa, um Fördergelder zu beantragen oder Projekte anzumelden. So konnte der Verein einen Kulturwegweiser im Hosentaschenformat herausgegeben. In ihm werden die Geschichte und die Besonderheiten des Stadtteils vorgestellt.

Momentan steht die Vereinsarbeit ganz im Zeichen eines besonderen Jubiläums. Die erste urkundliche Erwähnung Löbtaus jährt sich zum 950sten Mal. Im Sommer soll ein Bürgerfest mit einer langen Tafel für alle Feiernden in Altlöbtau stattfinden. Am 28. Oktober, dem exakten Jahrestag, könnte es einen Festakt geben. Das genaue Programm hängt von den Ideen und dem Herzblut der Löbtauer ab.

Die Lust am Engagement habe sich in den vergangenen Jahren gewandelt, sagt Liebig. Die Bereitschaft, sich vor Ort einem Projekt zu widmen, sinke. Stattdessen werden Aktionen lieber am Computer verwirklicht. Doch in Löbtau gibt es jetzt schon wieder eine Umkehrbewegung in Form eines Stadtteilladens auf der Deubener Straße 24. Den bekam der Löbtop e.V. von der Eisenbahner Wohnungsgenossenschaft angeboten, die Miete wird durch Spenden finanziert. Mit dem Laden haben die Löbtauer einen Anlaufpunkt, können an Veranstaltungen teilnehmen oder selber welche anbieten. Und dort werden derzeit gegen eine Spende 95 Stoff-Kühe angeboten, die Anwohnerinnen zum Jubiläum von „Kuhlöbte“ genäht haben.