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Inlandsflüge in der Kritik

Innerdeutsche Flüge? Sind aus Klimaschutzgründen leicht verzichtbar, meinen viele. Doch an bequemen Alternativen fehlt es an vielen Stellen.

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© Frank Rumpenhorst / dpa (Symbolbild)

Frankfurt/Main. Inlandsflüge gelten inzwischen als Klimasünde ersten Ranges, doch verbieten will sie so schnell keiner. "Bis 2035 wollen wir die Bahn auf nahezu allen innerdeutschen Strecken und ins benachbarte Ausland zur schnelleren, komfortableren und günstigeren Alternative machen", heißt es stattdessen in einem Positionspapier der Grünen, an dem unter anderem die Darmstädter Abgeordnete Daniela Wagner mitgeschrieben hat. 

Das Dilemma ist damit benannt: Das deutsche Schnellbahnnetz ist derzeit nicht in der Lage, flächendeckend attraktive Alternativen zur Flugreise anzubieten. Die Grünen-Vorschläge würden die Flüge innerhalb der deutschen Landesgrenzen sehr schnell deutlich verteuern. Derzeit würden die Kosten von Flugtickets durch Subventionen künstlich niedrig gehalten, kritisieren sie. 

Kerosin- und Umsatzsteuern sowie eine saftige CO2-Abgabe bei gleichzeitiger Entlastung der Bahnkunden und zusätzliche Milliarden für den Schienenausbau sollen die Verkehrswende beschleunigen. Mehr Verlässlichkeit und besseren Service auf der Schiene mit eingeschlossen. Der Luftverkehrsverband BDL warnt hingegen vor nationalen CO2-Alleingängen und will lieber Steuergeld in das Langzeitprojekt synthetisches Flugbenzin stecken, das fossiles Kerosin ersetzen könne. 

Die Inlandsflüge will man nicht pauschal aufgeben, sondern nur dort auf die Schiene verlagern, wo sehr schnelle Bahnverbindungen als Alternative bereitstehen. Die meisten Inlandspassagiere sind auf den Rennstrecken zwischen Berlin, München, Frankfurt und Hamburg unterwegs, bedient von der Lufthansa, ihrer Tochter Eurowings oder Easyjet. 

Die rheinländischen Flughäfen Köln-Bonn und Düsseldorf sind besonders bei den Mitarbeitern der Bundesministerien und ihrer nachgeordneten Behörden beliebt, um auf dem Luftweg in die Hauptstadt zu gelangen. Die Beamten buchten im vergangenen Jahr 229 116 Inlandsflüge, wie die "Welt" berichtete. Allein das Verteidigungsministerium war für mehr als 1100 Inlandsflüge pro Monat verantwortlich.

2018 flogen laut Statistischem Bundesamt 23,5 Millionen Passagiere im Inland. Das Umweltbundesamt schätzt die dabei verursachten Treibhausemissionen auf rund 2 Millionen Tonnen CO2 - ein Bruchteil der rund 163 Millionen Tonnen, die insgesamt dem Verkehrssektor zugerechnet werden. Im ersten Halbjahr 2019 waren es 11,6 Millionen Passagiere, 11 Prozent der Gesamtzahl. 

Fünfmal innerdeutsch ab Dresden

Auch vom Dresdner Flughafen gibt es mehrere innerdeutsche Verbindungen: nach Frankfurt (Main), München, Stuttgart, Düsseldorf und Köln/Bonn. Bis 2017 war auch Hamburg direkt erreichbar. Die Linie wurde wegen schlechter Auslastung aber gestrichen. Am besten ausgelastet war 2018 laut Statistischem Bundesamt die Route nach München mit 79 Prozent. Es folgen Frankfurt (73,2), Düsseldorf (63,6), Stuttgart (59,6) und Köln/Bonn (58,6).

Im Gegensatz zu den internationalen Verbindungen stagniert die Nachfrage seit Jahren. Gut zwei Drittel der innerdeutschen Passagiere sind dem Branchenverband BDL zufolge nach dem Kurzflug bereits am Ziel, meistens handelt es sich um Geschäftsreisende, die Verbindungen von mehr als 400 Kilometern Entfernung nutzen. Das übrige Drittel sind Umsteiger.

Die Lufthansa befördert viele innerdeutsche Passagiere. Viele davon sind jedoch Umsteiger für Verbindungen ins Ausland.
Die Lufthansa befördert viele innerdeutsche Passagiere. Viele davon sind jedoch Umsteiger für Verbindungen ins Ausland. © dpa/Airbus-Industrie/Lufthansa-Bildarchiv

Die Schiene kann nach größeren Investitionen durchaus mithalten, wie entlang der Neubaustrecke zwischen Berlin und München zu beobachten ist, für die Sprinter-ICE seit 2017 weniger als vier Stunden benötigen. In Nürnberg wurden die Direktflüge nach Berlin gestrichen, die Verbindung nach München aber aufrechterhalten.

Schließlich dauert die Bahnfahrt zum schlecht angebundenen Franz-Josef-Strauß-Flughafen in der Landeshauptstadt fast genauso lange wie ein Schienen-Trip nach Berlin. Für Umsteiger ist es daher immer noch einfacher und bequemer, sich gleich in Nürnberg in einen Flieger zu setzen und dann am Münchner Flughafen umzusteigen.

Viele Airports ohne Fernzug-Anbindung

Ähnlich argumentiert die Lufthansa für andere innerdeutsche Umsteigerflüge. Man bündele die Passagiere an den Drehkreuzen, um sie mit größeren Maschinen in alle Welt zu befördern. Das spare im Vergleich zu Direktflügen CO2 ein. Frankfurt und München befänden sich bei den Interkontinentalflügen in harter Konkurrenz zu Drehkreuzen im europäischen Ausland, gibt auch Matthias von Randow vom Branchenverband BDL zu bedenken.

"Dort, wo es möglich ist, verzichten wir auf inländische Zubringerflüge und bringen unsere Passagiere mit der Bahn zum Flughafen", sagt eine Lufthansa-Sprecherin. Voraussetzung sei aber eine gute Bahnanbindung der Drehkreuze sowie eine leistungsfähige und zuverlässige Schieneninfrastruktur. Der BDL verlangt in seinem jüngsten Klima-Papier beispielsweise für München eine baldmögliche Fernbahnanbindung. Die fehlt auch an vielen anderen deutschen Flughäfen wie Stuttgart, Hannover oder Hamburg.

Und so könnte die Zukunft aussehen: Aus 14 deutschen Städten gibt es das Programm Lufthansa Express Rail, bei dem die Anreise per Bahn bereits integraler Bestandteil der anschließenden Flugreise ist. Das heißt auch: Ist der Zug unpünktlich, wird man kostenfrei auf eine spätere Verbindung umgebucht. 

Das Gepäck kann man allerdings erst am Frankfurter Flughafen aufgeben. Weitere sechs Städte in Nordrhein-Westfalen sollen demnächst folgen, doch im weiter entfernten Norden und Osten der Republik klaffen noch deutliche Angebotslücken. (dpa mit SZ/hoe)