Merken

„Wir können noch nicht von einer Entspannung reden“

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat heute zum Status quo bei den Flüchtlingszahlen im Freistaat gesprochen. Es ging auch um von Zuwanderern verübte Straftaten und den aktuellen Stand bei Abschiebungen aus Sachsen.

Teilen
Folgen

Dresden. Angesichts deutlich gesunkener Flüchtlingszahlen geht Sachsen beim Thema Zuwanderung zurück in den „Regelbetrieb“. Sichtbares Zeichen ist die Schließung der Stabstelle Asyl zum Januar, wie Innenminister Markus Ulbig (CDU) bei der Vorstellung der Jahresbilanz „Asyl“ am Montag in Dresden sagte. Die Stabstelle war im vergangenen Jahr auf dem Hoch der Krise eingerichtet worden. Von Januar bis November dieses Jahres kamen gut 14 000 Asylsuchende nach Sachsen, 2 800 weniger als allein im November 2015. Im gesamten vergangenen Jahr waren knapp 70 000 Flüchtlinge gekommen.

Ende Oktober lebten mehr als 31 000 Asylsuchende im Freistaat, die weitaus meisten waren in den Kommunen untergebracht. In den Erstaufnahmeeinrichtungen waren nur 1 756 der mehr als 5 000 ständig vorgehaltenen Plätze belegt. Rund 5 760 abgelehnte Asylbewerber im Freistaat waren ausreisepflichtig und könnten abgeschoben werden.

3 000 Abschiebungen im Jahr 2016

Die Zahl der Abschiebungen stieg im laufenden Jahr deutlich. Waren es im gesamten Vorjahr noch 1 725, wurden allein bis Ende Oktober 3 029 ausreisepflichtige Menschen in ihre Heimatländer zurückgeführt. Die Zahl werde angesichts der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angekündigten Abarbeitung sogenannter Altfälle weiter steigen, kündigte Ulbig an. Ein Verzicht auf Abschiebungen während der kalten Jahreszeit sei nicht geplant. „Es wird keinen Winterabschiebestopp im Freistaat Sachsen geben.“

Bei der von Ulbig zugleich vorgelegten Kriminalitätsstatistik „Zuwanderer“ gab es keine gravierenden Ausschläge. Insgesamt wurden bis Oktober 14 043 Straftaten von Zuwanderern begangen. Schwerpunkt der verübten Straftaten ist der Diebstahl mit über 36 Prozent. Dabei steht der Ladendiebstahl im Mittelpunkt: er macht 66 Prozent aller durch Zuwanderer begangenen Diebstähle aus. Im ganzen Jahr 2015 waren es 14 414. Allerdings hatte sich die Zahl der Zuwanderer in Sachsen seit Anfang 2015 mehr als verdoppelt.

Nordafrikaner signifikant überrepräsentiert

Der zuständige Referatsleiter im Ministerium, Lutz Rodig, sah deshalb eine „positive Tendenz“. Nach wie vor würden vor allem Flüchtlinge aus den Maghrebstaaten „Probleme machen“. Sie machten zwar nur 9,7 Prozent der Zuwanderer, aber 31 Prozent der Tatverdächtigen aus. „46 Prozent aller Zuwanderer aus den Maghrebstaaten sind als Tatverdächtige in Erscheinung getreten.“ Syrer, Iraker und Afghanen - die das Gros der Flüchtlinge ausmachten - seien dagegen in der Statistik „unterrepräsentiert“.

Wie Ulbig verwies auch Rodig auf die sogenannten Mehrfach-Intensiv-Straftäter (MITA), von denen es in Sachsen 664 gebe. Bei einem Anteil von nur 1,1 Prozent unter den Zuwanderern begingen sie 36 Prozent der Straftaten. „Das hat natürlich auch ein Stück weit Auswirkungen auf die Stimmungslage, die wir uns nicht wünschen“, sagte er.

Ulbig zufolge sitzen 80 MITA in Sachsen in Haft, 23 wurden in den Monaten von April bis September nach Tunesien abgeschoben. „Sachsen ist das einzige Bundesland, das bislang von der Möglichkeit der Rückführung mit Charterflügen Gebrauch gemacht hat“, betonte er. „Es ist mühsam, es ist aufwendig, aber es ist auch ein klares Signal.“

Weniger Angriffe auf Asylunterkünfte

Ein Rückgang sei bei der Zahl der Angriffe auf Asylunterkünfte zu verzeichnen. Seit dem zweiten Quartal des Jahres sei die Tendenz fallend. Während es im ersten Quartal noch 58 Angriffe gegeben habe, seien im zweiten Quartal 23 und im dritten Quartal nur noch 12 Fälle registriert worden. 2015 waren es insgesamt 117. Hier habe sich die Arbeit der Ermittlungsbehörden bezahlt gemacht, sagte Ulbig. „Die zentrale Bearbeitung der Delikte im OAZ (für Extremismus zuständiges Operatives Abwehrzentrum) trägt Früchte.“ (szo/dpa)