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Investor für Wohnen im Alter gefunden

Aus den Studentenheimen werden Betreutes Wohnen und ein Pflegeheim. Die Freude ist groß – nicht überschwänglich.

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© Dietmar Thomas

Von Heike Heisig

Roßwein. Da hat doch mal etwas ganz schnell geklappt: Erst Ende April verständigten sich die Roßweiner Stadträte hinter verschlossenen Türen darüber, die Studentenwohnheime an der Stadtbadstraße zu verkaufen. Und schon in der Tagung in dieser Woche ist der Zuschlag erteilt worden. Für 85 000 Euro gehen die Immobilien an der Stadtbadstraße 42 und 44 an die Color Dream GmbH aus Chemnitz. Mit deren Geschäftsführer Heiko Lindner ist der Roßweiner Bürgermeister Veit Lindner (parteilos) weder verwandt noch verschwägert. Das wollte der Rathauschef im Protokoll festgehalten wissen.

Das Chemnitzer Unternehmen war das einzige, das fristgerecht ein Angebot für die Sechsgeschosser eingereicht hat. Zurück geht dies auf eine Initiative von Architekt Wolfgang Stürmer aus dem thüringischen Arnstadt. Wie er den Räten erzählte, hat er bis in die 1980er-Jahre in Roßwein gelebt und gearbeitet. Noch heute pflege er Kontakte nach Roßwein. Die hätten ihn auf die Ausschreibung im Amtsblatt aufmerksam gemacht. Mit Heiko Lindner arbeite er schon länger zusammen. „Unter anderem haben wir Pflegeeinrichtungen für Crimmitschau und Zwickau geplant“, so der Architekt.

Für Roßwein gibt es, wie er sagte, zunächst ein Grobkonzept. Das sieht vor, im zur Straße zeigenden Ostflügel ein Seniorenpflegeheim mit etwa 80 bis 100 Betten einzurichten. Dafür muss das Gebäude komplett entkernt werden – auch, um alle Forderungen des sächsischen Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetzes einhalten zu können. Es soll einen Mix aus Einzel- und Rollstuhlzimmern sowie Appartements geben. Verbunden sei der Bau des Pflegeheimes mit der Schaffung von 40 bis 50 Arbeitsplätzen. Die bisherige Heimleiterin will der neue Eigentümer als Verwalterin der Immobilien vor Ort einsetzen, wie er zusicherte.

Im Westflügel an der Muldenseite sieht der Architekt Platz für 48 Zwei- und Dreiraumwohnungen. Alle sollen einen Balkon und einen Pkw-Stellplatz erhalten. Stadtrat Hubert Paßehr (CDU) wollte wissen, wie 48 Stellflächen angeordnet werden können. „Notfalls auch im Gebäude“, sagte Stürmer. Das Kellergeschoss könne wegen der Nähe zur Mulde und der Möglichkeit der Überflutung ohnehin nicht für technische Anlagen genutzt werden. Probleme, die Autos der künftigen Anwohner unterzubringen, sieht der Architekt aus heutiger Sicht nicht.

Zwischen beiden Gebäuden könnte es idealerweise einen modernen, transparenten Verbindungsbau geben. „Dabei wäre ein zentraler Eingang mit Rezeption und zwei Fahrstühlen überlegenswert“, so Wolfgang Stürmer in seinem Konzept. „Über diesen Verbindungsbau wäre jede Etage der beiden Gebäudeflügel zu erreichen. Der Pflegedienst könnte über kurze Wege die Bewohner erreichen, die in ihrer eigenen, barrierefreien Wohnung leben.“

Zum Zeitplan sagte der Architekt, dass nach der Zuschlagserteilung und parallel zum Eigentumswechsel die konkreten Pläne erstellt werden können. Er denke, dass für den Bauantrag das nächste Jahr vorgesehen werden muss. Ein Baubeginn in 2019 sei realistisch.

„Wir haben 2020 ein großes Stadtjubiläum“, sagte Stadtrat Peter Krause (Die Linke). Eine Einweihung an diesem Termin könnte sowohl dem Fest als auch dem Neubau die Krone aufsetzen. Bürgermeister Lindner könne sich sogar vorstellen, dass einige der „alten“ Roßweiner vielleicht in ihre Heimatstadt zurückziehen und hier ihren Lebensabend verbringen wollen, wenn sie die neuen Möglichkeiten sehen und davon begeistert sind.

Aus Vorfreude schon ein wenig aus dem Häuschen ist Stadtrat Uwe Hachmann (SPD). „Ich habe mich sehr auf die heutige Ratssitzung gefreut“, gab er zu. Er habe in den 1980er-Jahren als Lehrer an der Ingenieurschule miterlebt, wie die damals modernen Unterkünfte für Studierende in Betrieb genommen werden konnten. „Nun ist es wunderbar, dass in diesen Räumen ältere Menschen untergebracht und betreut werden sollen.“ Der Bedarf ist, wie in der Vergangenheit festgestellt, da.

In spätestens fünf Jahren will der Investor nach Aussage des Architekten das Bauvorhaben in Roßwein abgeschlossen haben. Das Nutzungskonzept soll auch Bestandteil des Kaufvertrages werden. „Wir verbinden den Verkauf mit großen Hoffnungen“, gab der Bürgermeister zu. Zugleich entschuldigte er sich unterschwellig dafür, dass dem potenziellen Bauherren keine überschwängliche Freude entgegenschwappt. Dies begründete er: „In 27 Jahren haben wir die eine oder andere Bruchlandung erlebt, ist viel mehr versprochen als gehalten worden.“