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„Irgendwo müssen die Flüchtlinge ja hin“

Anlieger erfuhren erst am Freitag von der Asylunterkunft an der Bremer Straße. Sie hoffen, dass Protestler fernbleiben.

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© Sven Ellger

Von Linda Barthel

Seine Stimmung sei nicht anders als am Vortag, sagt Torsten Meisel. Er habe keine Angst vor dem, was kommt. Vor dem, was kommt, damit meint der Unternehmer die Notunterkunft für Flüchtlinge an der Bremer Straße. Am Freitag wurde das Zeltlager innerhalb weniger Stunden von den Kameraden des Technischen Hilfswerks aufgebaut. Meisels Geschäft ist direkt nebenan, er hätte jeden Handgriff mitverfolgen können. Hat er aber nicht. „Ich schaue nicht rüber, weil ich der Sache sehr offen gegenüberstehe. Ich fürchte keine Diebstähle oder habe irgendwelche anderen Bedenken“, sagt der Inhaber von Hot Rod Dresden, der die gleichnamigen Fahrzeuge für Stadtrundfahrten verleiht.

Ihn würde es eher traurig machen, dass es für die Flüchtlinge keine andere Unterbringung als die Zelte gebe. Von der neuen Notunterkunft erfuhr er erst kurz vor dem Aufbau. Freunde hatten ihn angerufen. Von der sächsischen Landesdirektion gab es dagegen keine Information. „Es hätte doch aber auch nichts geändert, wenn ich eine Woche früher von dem Lager erfahren hätte“, sagt Meisel. So entspannt sieht das jedoch nicht jeder Anlieger.

„Ich habe bei der Landesdirektion angerufen und nachgefragt. Da wurde mir gesagt, dass es ein Informationsschreiben gibt und mein Briefkasten wohl nicht gefunden wurde“, sagt Daniel Kutzner vom benachbarten Fachhandel für Bodenbeläge. Stattdessen erfuhr er im Internet von der Flüchtlingsunterkunft. Der Koncepta-Geschäftsführer hätte sich ein kurzes Gespräch zwischen Landesdirektion und Anliegern gewünscht. „Man hätte ja kurz die Diskussion suchen und sich austauschen können“, sagt Kutzner. Seit vier Jahren betreibt er seinen Laden auf der Bremer Straße. „Man sollte jedem helfen, der Hilfe braucht, deshalb akzeptiere ich das alles jetzt auch.“ Solange sein Tagesgeschäft nicht eingeschränkt werde, sei alles in Ordnung. „Ich bin guten Mutes, dass nichts passiert. Ich fürchte auch keine Diebstähle oder Ähnliches.“ Er hoffe nur, dass Protestler der Straße fernbleiben.

Dass Demonstranten Unruhe stiften könnten, befürchtet auch Andreas Reinelt. Er verwaltet den nur wenige Meter vom Zeltlager entfernten Neuen Katholischen Friedhof. Außerdem ist er einer der wenigen Anwohner auf der von Firmen gesäumten Bremer Straße. „Ich sehe das alles nicht dramatisch. Ich habe keine Angst vor den Flüchtlingen“, sagt Reinelt. Sorgen mache er sich nur wegen Linker und Rechter, die für Krawalle vor der Asylunterkunft sorgen könnten. „Irgendwo müssen die Flüchtlinge doch aber hin. Wir können sie ja nicht in den Wald stecken“, so der Verwalter.

Er halte das Gelände an der Bremer Straße für eine gute Wahl, da es im Umkreis kaum Wohnhäuser gibt. Reinelt erfuhr am Donnerstagabend aus dem Radio vom geplanten Zeltlager. Gestern hatte er zudem ein Schreiben der sächsischen Landesdirektion im Briefkasten. Das Blatt informiert über die kurzzeitige Nutzung des Areals als Asylbewerber-Notunterkunft. „Wir bitten um Ihr Verständnis“ steht am Ende geschrieben.

Diese Anliegerinformation bekam auch Uwe Weyand, Inhaber der benachbarten Autowerkstatt. „Vor abends um zehn lag es allerdings nicht im Briefkasten“, sagt der Kfz-Meister, der sein Geschäft seit 15 Jahren auf der Bremer Straße betreibt. Allerdings habe er bereits am Donnerstag Fahrzeuge des Technischen Hilswerks auf dem Nachbargrundstück gesehen. „Natürlich habe ich mich gefragt, was die da machen. Ich hatte aber schon die Vermutung, dass dort Flüchtlinge untergebracht werden.“ Seiner Meinung nach sollte jeder, der um sein Leben fürchten muss, Asyl bekommen. „Ich lasse mich jetzt überraschen, was passiert. Machen kann ich ja sowieso nichts“, sagt Weyand.

Am Imbissstand „Heiße Pfanne“, der schräg gegenüber vom Zeltlager steht, sind die Mitarbeiterinnen ängstlicher. Dort wurde vor zwei Wochen Eröffnung gefeiert. Erst am Freitagmorgen erfuhren Daniela Dahlberg und ihre Kollegin von der Asylnotunterkunft. Sie konnten den gestrigen Aufbau genau mitverfolgen. „Die Gefühle sind schon gemischt, und ich habe auch Angst“, sagt die Imbissverkäuferin.

Daniela Dahlberg hofft wie die anderen Anlieger, dass es auf der Bremer Straße auch künftig ruhig bleibt. Die meisten sind zuversichtlich.