Von Stephan Hönigschmid
Radeburg. Sebastian Fischer lief von Pontius zu Pilatus. Dennoch war es für den CDU-Landtagsabgeordneten nicht so leicht, einen Veranstaltungsort für seinen „Interreligiösen Dialog“ zu finden. „Ursprünglich sollte die Diskussionsrunde in einer kleinen ländlichen Kirche stattfinden. Ich fand es reizvoll, an einem solchen Ort, wo der Islam eigentlich sehr fern ist, über dieses Thema zu sprechen“, sagte er. Allerdings kam es nicht dazu. „Obwohl ich mir mit dem Kirchenvorstand einig war, erhielt ich wenig später einen Anruf vom Bürgermeister des Ortes, der mir mitgeteilt hat, dass er eine solche Veranstaltung nicht in seiner Gemeinde haben möchte“, sagte Fischer, der den Ort nicht öffentlich nennen wollte.
Trotz dieses Rückschlags ließ er sich nicht entmutigen. „Ich bin auf viele Widerstände gestoßen. Deshalb hat es auch ein Dreivierteljahr gedauert, bis der Dialog heute stattfindet“, so Fischer. Fündig wurde der Abgeordnete schließlich im Radeburger Kulturbahnhof, wo die Veranstaltung am Freitagabend über die Bühne ging. Zu Gast waren der Superintendent des Kirchenbezirkes Meißen-Großenhain, Andreas Beuchel, und der Jurist Thaer Issa, der in Erfurt für den Zentralrat der Muslime arbeitet. „Ich hatte eigentlich auch den Dresdner Imam der Gemeinde in Cotta mehrfach angesprochen. Weil er aber nicht mehr auf meine Anfragen reagiert hat, musste ich mich dann in Erfurt umsehen“, sagte Fischer.
Stellt sich noch die Frage, warum er in seinem Wahlkreis, in dem die Zahl der Kirchenmitglieder wie überall im Osten überschaubar ist, überhaupt eine solche Veranstaltung abhält? „Ich möchte zu einer Versachlichung der aktuellen Islam-Diskussion beitragen. Obwohl ich auch der Meinung bin, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, ist es ebenso Fakt, dass schon immer Muslime in Deutschland gelebt haben. Ihnen sollte man mit Respekt begegnen“, sagte Fischer.
Dass er mit seiner Veranstaltung richtig lag, zeigte sich am Interesse des Publikums. Die gut 40 Besucher waren nicht nur gekommen, um still zu lauschen, sondern hatten sich gut vorbereitet. So fragte ein älterer Herr Thaer Issa, ob Muslime überhaupt in der Lage seien, sich zu integrieren, wo doch im Koran zu lesen sei: „Tötet die Ungläubigen“? Issa antwortete darauf: „Die Verse wurde vor 1 400 Jahren geschrieben und hatten damals die Aufgabe, Ordnung in der Gemeinde zu schaffen. Heute muss man sie natürlich anders auslegen.“ Andreas Beuchel verwies darauf, dass das bei der Bibel ähnlich sei: „Auch im Alten Testament gibt es problematische Stellen. Deshalb muss man die Bibel aus der Gegenwart heraus interpretieren“, sagte Beuchel. Ein Besucher ergänzte: „Obwohl es im Namen der Religion entsetzliche Kriege gab, ist auch die Luther-Bibel nicht geändert worden.“
Eine jüngere Frau machte hingegen klar, dass ihr in der evangelischen Kirche klare Regeln fehlten und sie deshalb zum Islam konvertieren möchte. „Ich war in Saudi-Arabien. Wenn dort der Muezzin ruft, wird das Radio ausgeschaltet und alle beten diszipliniert.“ Solch eine Disziplin würde sie sich auch für Deutschland wünschen, sagte die Frau. Andreas Beuchel mochte diese Einschätzung nicht teilen. „Kommen Sie zu uns, wir lassen die Glocken morgens, mittags und abends läuten und unterbrechen auch unsere Sitzungen, um zu beten.“ Zudem gebe es in der Bibel ebenfalls feste Regeln. „Jesus sagt zur Sünderin ja nicht, dass alles gut ist. Er sagt vielmehr: Tue es nicht wieder“, so Beuchel.
Um die Vereinbarkeit von Islam und Grundgesetz kreiste wiederum eine andere Frage. Thaer Issa sagte dazu: „Ein Moslem kann sich in Deutschland nicht integrieren, wenn er seine religiöse Identität ablegt. Trotzdem gilt: Er muss seine Identität an das Grundgesetz anpassen.“
Nach zwei Stunden ging die sachlich geführte Diskussion zu Ende und wurde in kleiner Runde fortgesetzt. Dazu gab es syrisches Essen aus einem Restaurant.