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Früherer Direktor des Grünen Gewölbes gestorben 

Joachim Menzhausen prägte rund dreißig Jahre lang das berühmte Museum in Dresden.

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Wissbegierig und leidenschaftlich: Joachim Menzhausen 1998.
Wissbegierig und leidenschaftlich: Joachim Menzhausen 1998. © Ronald Bonß (Archiv)

Ein halbes Jahrhundert lang war Joachim Menzhausen in den Dresdner Kunstsammlungen so gut wie zu Hause. Er kannte jeden Edelstein, jeden Silberknauf und konnte fabelhafte Geschichten dazu erzählen. Wo andere eins neben dem anderen sahen, erforschte er die Zusammenhänge. In zahllosen Ausstellungen zeigte er, wie gerade in Sachsen die Vergangenheit auf die Gegenwart wirkte, wie Politik, Wirtschaft und Kunst einander beeinflussten. Er machte die Linien sichtbar, die sich durch die Jahrhunderte zogen. Menzhausen war ein Wissenschaftler, der für seine Arbeit brannte und mit seiner Leidenschaft andere mitreißen konnte.

Am Dienstag teilten die Staatlichen Kunstsammlungen mit, dass Joachim Menzhausen am 18. Januar mit 88 Jahren gestorben ist. In der letzten Zeit hatte er sich, klein und gebeugt, aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Seine langjährige Kollegin Jutta Kappel und sein Nachfolger Dirk Syndram würdigen ihn in einem Nachruf. „In seiner Person vereinten sich umfangreiches kulturhistorisches Wissen mit der kenntnisreichen, erfahrenen Urteilskraft des gelehrten Kunsthistorikers“, heißt es darin. Er habe den Grundstein gelegt für die Erforschung der Sammlungsgeschichte des Grünen Gewölbes.

Kenner des Barock

Joachim Menzhausen absolvierte seine Schulzeit während des Krieges. Er studierte Kunstgeschichte und Archäologie an der Karl-Marx-Universität Leipzig, wo er 1963 promovierte. Da arbeitete er bereits in Dresden, zunächst in der Gemäldegalerie Alte Meister, dann im Grünen Gewölbe. Er war dabei, als 1958 die berühmten Kunstschätze aus dem Moskauer Tieftresor nach Dresden zurückkehrten und der Maler Ernst Hassebrauk ein Stück nach dem anderen auf dem Papier festhielt: die prächtigen Pokale aus Bergkristall, die Emailmalereien von Dinglinger, Permosers „Vier Jahreszeiten“ ... All diesen Werken verschaffte Menzhausen später einen würdigen Platz im Albertinum.

Er interpretierte das Bild eines fürstlichen Preziosenkabinetts des Barock modern und zeitgemäß, so Dirk Syndram. Kleinere und größere Publikationen trugen dazu bei, dieses Bild in seinen Details zu verstehen. Bis in die letzte Perle erforschte Menzhausen zum Beispiel den „Thron des Großmoguls“ und widmete ihm ein eigenes Buch. Wie kaum ein anderer kannte er die Kunst des Barock.

Umsichtig und gewitzt

Rund dreißig Jahre lang leitete Menzhausen als umsichtiger Direktor das Grüne Gewölbe, bis zu seinem vorzeitigen Ruhestand 1992. Doch er war nicht nur ein umsichtiger, sondern auch ein gewitzter Museumsmann. Ende der Siebzigerjahre machte er Dresdner Schätze in großen Ausstellungen in New York, Washington und San Francisco bekannt. In den Achtzigern warb er eigenmächtig bei der Hypobank München eine Spende von 50 000 D-Mark ein für Dachziegel, sie sollten helfen beim Wiederaufbau des Dresdner Schlosses. Später engagierte er sich auch für den Wiederaufbau der Frauenkirche. Es ist auch sein Verdienst, dass der barocke Dinglinger-Brunnen am Gewandhaushotelin Dresden aufwendig saniert wurde und seit 2008 wieder sprudelt.

Joachim Menzhausen (r.) mit einem Nachfahren des Hofjuweliers Johann Melchior Dinglinger.
Joachim Menzhausen (r.) mit einem Nachfahren des Hofjuweliers Johann Melchior Dinglinger. © Steffen Füssel

Zu den bleibenden Werken, die Joachim Menzhausen hinterlässt, gehört ein Band über die Kulturlandschaft Sachsens. Dieses Buch hat er hintereinanderweggeschrieben. Nur manchmal habe er eine Jahreszahl kontrollieren müssen, sagte er in einem SZ-Gespräch 2008. Meistens stimmte die Zahl.