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Jugendliche stehlen 58 Waffen

Die Polizei hat die Täter aus Syrien Minuten später gefasst. Jetzt bekamen sie die Quittung vor Gericht.

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© Roland Halkasch

Von Christoph Springer

Vier Angeklagte, vier Pflichtverteidiger, zwei Dolmetscher: Die Tische auf der Anklageseite reichten am Mittwochmorgen kaum für die mutmaßlichen Täter in einem Prozess, bei dem ein Überfall auf ein Waffengeschäft an der Webergasse im Mittelpunkt stand. Am 7. März 2018, morgens gegen 3.20 Uhr, ist das Quartett in den PW Store an der Webergasse eingebrochen sein. Dazu hatten sich die Syrer, allesamt zwischen 15 und 20 Jahren alt, weiße Masken aufgesetzt und brachten zwei Hämmer mit. Zwei von ihnen schlugen Löcher in ein Schaufenster, während ihre Komplizen auf dem Fußweg und den Straßenbahnschienen Schmiere standen. Dann traten sie die Fenster ein, gingen in den Laden und füllten ihre Rucksäcke und eine Reisetasche mit Beute. Fast 60 Waffen haben die jungen Syrer erbeutet, darunter Revolver, Pistolen, Gewehre, Messer, Schlagstöcke und drei Elektroschocker. Außerdem Munition und einen Baseballschläger. Alles in allem Beute für mehr als 12 000 Euro. Damit flüchteten sie damals in Richtung Schweriner Straße. Dort stellte die Polizei die Verdächtigen. Zeugen hatten die Beamten auf das Quartett aufmerksam gemacht. Einen Teil ihrer Beute hatten die Syrer unterwegs zurückgelassen. Die Polizei stellte Teile davon zum Beispiel auf der Annenstraße sicher.

Adel Al A., Omar Y., Mustafa S. und Khaled A. sehen aus, als könnten sie niemandem ein Haar krümmen. Wozu sie die Waffen gebraucht haben, erzählten sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Denn Rechtsanwältin Daniella Prescher beantragte für ihren Mandanten Omar Y. deren Ausschluss. Dem schloss sich Verteidiger Andreas Gumprich für seinen Klienten Mustafa S. an. Die jungen Syrer seien zur Tatzeit noch nicht volljährig gewesen, Omar Y. sei außerdem durch Erlebnisse in seiner Heimat schwer traumatisiert. Das Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Richter Markus Vogel schloss sich dieser Sichtweise an. Die Angehörigen der Syrer und ihre rechtlichen Vertreter, etwa zehn Personen, durften allerdings im Saal bleiben, um zu hören, was die Angeklagten zu dem Überfall auf den PW Store zu sagen hatten.

Dieser Einbruch ist nicht die einzige Straftat, die den Angeklagten zur Last gelegt wird. Khaled A. war damals schon 20 und musste am Mittwochvormittag besonders lange zuhören, als Staatsanwältin Cornelia Kaufmann die Anklage verlas. Acht weitere Taten legen die Ermittler dem jungen Mann zur Last. Diebstahl, Beleidigung und Freiheitsberaubung gehören dazu. In seiner Unterkunft soll er unter anderem zwei Betreuer in einem Zimmer eingeschlossen haben. Erst als die Polizei ins Spiel kam, schloss A. die Tür wieder auf. Bei einer Kontrolle seines Wohnraums durch die Polizei wehrte sich der junge Mann mit Händen und Füßen gegen einen Beamten und bespuckte einen Polizisten. Einen Besucher einer Eisdisco schlug er mehrfach und drohte, ihn vor der Halle abzustechen. Sein Fall wurde von der Verhandlung abgetrennt, er muss in der kommenden Woche wieder vor Gericht erscheinen.

Das übrig gebliebene Trio hat den Überfall auf das Waffengeschäft gestanden. Die jungen Syrer bekamen Jugendstrafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr. Besonders glimpflich kam Omar Y. davon. Weil er nur Schmiere stand, verurteilte ihn das Jugendschöffengericht zu einem halben Jahr. Abdel Al A. und Mustafa S. bekamen längere Strafen, weil sie auch wegen weiterer Taten angeklagt waren. Alle Urteile sind auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Das heißt, lassen sich die jungen Männer in dieser Zeit wieder etwas zuschulden kommen, müssen sie ihre Gefängnisstrafen absitzen. Außerdem bekamen sie mehrere Auflagen. Dazu gehören unter anderem je 100 Arbeitsstunden.

Richter Markus Vogel redete den drei Verurteilten eindringlich ins Gewissen. „Wir lassen uns das nicht bieten“, sagte der Richter. Er warnte das Trio, keine weiteren Straftaten zu begehen. „Das erwarten wir von ihnen, sonst gibt es entweder Knast oder die Abschiebung.“ Die Verurteilung solle den drei Syrern eine Warnung sein. „Es ist gut, dass hier schnell durchgegriffen wurde.“ Und weiter: „Mit dieser Straftat haben sie ihren Landsleuten keinen Gefallen getan.“