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Junge Flüchtlinge im BSZ-Wohnheim

Das Jugendamt des Kreises nahm in der Goethestraße junge Leute aus Syrien, Afghanistan und dem Irak in aller Stille in Obhut. Das ist trotzdem aufgefallen.

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© privat

Von Frank Oehl

Kamenz. Mehr still und heimlich, als es angebracht ist, hat das Landratsamt Bautzen am Dienstag 13 jugendliche Flüchtlinge im Wohnheim des Berufsschulzentrums Kamenz in der Goethestraße untergebracht. Das blieb am Folgetag nicht unbemerkt und sorgte in der interessierten Anwohnerschaft für Fragen. Kreissprecher Gernot Schweitzer bestätigte auf Nachbohren der SZ am Donnerstag den Sachverhalt: „Es handelt sich um unbegleitete Minderjährige, die durch das Jugendamt gewissermaßen in Obhut genommen werden mussten.“ Sie erhalten eine intensivere soziale Betreuung. Die Unterbringung im BSZ-Heim ist befristet, bis andere Möglichkeiten gefunden sind. Zumeist werden Pflegefamilien gesucht und auch gefunden.

Weitere Einrichtungen betroffen

Warum der Bezug der oberen Etage des Heimes, die damit belegt ist, ohne Information der Öffentlichkeit erfolgte, wusste der Kreissprecher nicht zu sagen. Offensichtlich hätten die Ämter nicht genügend miteinander kommuniziert, hieß es. In der Tat hatte seit Monaten die extra eingerichtete Stabsstelle für Flüchtlingsfragen stets, wenn auch zumeist kurzfristig angekündigt, wann Busse mit Flüchtlingen und Asylbewerbern vor Heimen vorfahren. Dies galt auch und gerade für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge. Mittlerweile sind 155 davon in vier Heimen im Landkreis untergebracht. Neben der Kamenzer Goethestraße, die das kleinste Kontingent hat, betrifft das noch Einrichtungen in Döberkitz, Neukirch und Bautzen.

Die Gruppe der allein eingereisten Asylbewerber wird erst seit Anfang Dezember auch im Landkreis Bautzen betreut. Der Flüchtlingsandrang ist derzeit insgesamt deutlich abnehmend. Schweitzer: „Im Januar kommen pro Woche etwa 50 Asylbewerber im Kreis an. Im Dezember waren es noch bis zu 200 pro Woche gewesen.“ Insgesamt sind mit Stand Mittwoch dieser Woche knapp 3 100 Asylbewerber registriert. Ob die gegenwärtige Entspannung (siehe auch SZ von gestern, Seite 1) auf Dauer ist, weiß derzeit niemand zu sagen.

Jugendamt ist zuständig

Die plötzliche Inanspruchnahme des Berufsschulheimes ist übrigens auch der Stadtspitze bekannt gemacht worden. Allerdings sah auch das Rathaus keine Veranlassung, darüber zu informieren. Ganz im Gegenteil. Dem Stadtrat wurde am Mittwochabend im nichtöffentlichen Teil seiner turnusmäßigen Sitzung mitgeteilt, was das Landratamt bereits am Dienstag, also am Vortag der Sitzung vorhabe. Es handele sich um 13 Jugendliche im Alter zwischen 15 und 17 Jahren, die vom Bildungsträger ASG Anerkannte Schulgesellschaft mbH Bautzen betreut werden. Und: Die Zuständigkeit des Jugendamtes erstrecke sich bis zur Volljährigkeit der jungen Leute.

Wer in dieser Angelegenheit für die unumgängliche Information der Kamenzer Öffentlichkeit zuständig ist, darüber gibt die Geheimvorlage allerdings auch keine Auskunft. Womöglich wollte man dies dem BSZ selbst überlassen? Immerhin war für Donnerstagabend in der Aula der für die Bildungseinrichtung wichtige Informationsabend für künftige Abiturienten und deren Eltern anberaumt, der natürlich auch eine mögliche Heimunterbringung von auswärtigen BSZ-Schülern thematisiert. Sollten die Interessenten durch die veränderte Lage im Heim nicht verunsichert werden? Die Erfahrungen des letzten Jahres zeigen, dass derartige Skrupel im Nachgang alles nur schlimmer machen.