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Junges Team übernimmt

Stölzle Lausitz aus Weißwasser sieht sich unter den „Top 3“ weltweit bei der maschinellen Herstellung von Trinkglas. 2019 wird gefeiert.

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© André Schulze

Von Frank-Uwe Michel

See. Ein paar Tage Zugabe gönnt sich Reinhard Keller noch, eigentlich hätte schon im Februar Schluss sein können. Da hat der Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft See seinen 65. Geburtstag gefeiert und damit das Rentenalter erreicht. Der Generationswechsel in dem Unternehmen wurde allerdings lange vorbereitet und so kommt es auf einige Tage mehr dann auch nicht mehr an. Am 30. April hat der Rothenburger seinen unwiderruflich letzten Arbeitstag, am 1. Mai übernimmt Andreas Graf, der bisherige Feldbauchef, die Funktion. In dessen Fußstapfen wiederum tritt Tobias Kärber, der gleichzeitig in den Vorstand des Agrarbetriebes aufrückt. „Es ist schön, dass uns ein so nahtloser Übergang gelungen ist, wobei dies nicht ganz einfach war“, sagt der scheidende Vorstandsboss. Immerhin habe man verschiedene Landwirtschaftsschulen angeschrieben und die Stelle des Feldbauleiters dort angeboten. „Nicht eine Reaktion“, zeigt sich Keller enttäuscht. „Wir wissen natürlich nicht, wie die jungen Leute ticken. Aber Landwirt zu sein, ist eine Berufung. Neben großem Sachverstand muss man ein Stück weit auch Idealist sein.“ Mit Kärber, der zuvor lange Zeit in einem anderen Landwirtschaftsbetrieb tätig war, hat man einen jungen, aber schon erfahrenen Fachmann gefunden.

Mit dem Generationswechsel besetzt nun die Jugend alle verantwortlichen Posten bei der Agrargenossenschaft See. Der neue Vorstandsvorsitzende Andreas Graf ist 40, sein Vorstandskollege Tobias Kärber auch. Ebenso Diana Schade, die den Bereich Milchproduktion leitet. Und Hauptbuchhalterin Veronika Fritsche zählt gerade mal 35 Lenze. Torsten Bader, der im Herbst 2017 Helmut Schuster als Werkstattleiter abgelöst hat, ist mit seinen 50 Jahren der Älteste in der jungen Garde. Die neue Führungsriege möchte das weiterführen, was Reinhard Keller seit 2008 so erfolgreich vorangebracht hat: „Wir wollen unseren Beschäftigten attraktive, zukunftssichere Arbeitsplätze bieten, bei denen – im Rahmen unserer Möglichkeiten – natürlich auch die Bezahlung stimmt“, so Graf.

11000 Kilo Milch pro Kuh und Jahr

Keller ist in dem Seer Agrarbetrieb so etwas wie ein Urgestein. Der gelernte Agrotechniker hat in Kamenz Agraringenieur studiert, stieg 1976 bei der LPG Pflanzenproduktion „Am Stausee“ Nieder Seifersdorf ein und landete damit auch in See. Zwischendurch absolvierte er in den 1980er Jahren noch das Diplom. „Nach der Wende war die Zukunft in der Landwirtschaft ziemlich ungewiss. Deshalb habe ich mich neu orientiert und bin Ausbilder im Garten- und Landschaftsbau geworden. Zuerst in einer Auffanggesellschaft, später bei der Diakonie.“ 2005 kam er zum zweiten Mal mit dem Seer Agrarbetrieb in Berührung. Reinhard Keller übernahm den Feldbau mit Flächen von rund 1800 Hektar, auf denen Feldfrüchte und Getreide wie Sonnenblumen, Erbsen, Raps, Weizen, Roggen, Buchweizen, Mais und Triticale wachsen. 2007 schließlich wurde er zum Vorstandsvorsitzenden bestellt, um die Äcker kümmerte sich fortan Andreas Graf.

Rückblickend erzählt der scheidende Chef, wohl kein Bereich der Gesellschaft habe in den vergangenen Jahrzehnten so große Veränderungen erlebt wie die Landwirtschaft. „Zu DDR-Zeiten gab es Frauenbrigaden und wir mussten uns mit Sonderkulturen wie Erdbeeren und Spargel beschäftigen. Das alles ist längst passé. Die Technisierung unserer Arbeit hat enorm zugenommen. Das ging einher mit einem starken Rückgang der Beschäftigtenzahlen.“ Heute hat die Agrargenossenschaft See insgesamt 30 Mitarbeiter, die sich nicht nur um den Anbau auf den Feldern kümmern, sondern auch um insgesamt 500 Rinder. Von denen die Hälfte Kühe sind, die jeweils 11000 Kilo Milch im Jahr produzieren. Überdies wird in der betriebseigenen Biogasanlage Strom erzeugt. „Wir sind eine Genossenschaft, die sich als Mehrfamilienbetrieb versteht. In der Diskussion um riesige Ackerflächen wird das oft vergessen. Uns geht es darum, den Kollegen geregelte Arbeitszeiten zu bieten, familienfreundlich zu sein, trotzdem aber auf die Notwendigkeiten des Feldbaus und das stets wechselnde Wetter flexibel zu reagieren“, macht die neue Führungsriege deutlich.

Reinhard Keller hat damit in Zukunft kaum noch etwas zu tun. Falls Not am Mann ist, würde er sich noch mal auf einen Traktor setzen, meint er. Sonst aber will er sich dem eigenen Grundstück widmen, Vater und Opa sein für Kinder und Enkel. Außerdem bleibt er bis 2019 im Vorstand des Oberlausitzer Bauernverbandes und engagiert sich bis 2020 in der Prüfungskommission der Lehrlingsausbildung. Schließlich kann auch der Rothenburger Stadtrat weiter auf ihn zählen.