Kamenz. Der Parkplatz auf dem Gelände des Batterie-Herstellers Accumotive im Kamenzer Ortsteil Bernbruch ist ziemlich voll. Es scheint also normaler Betrieb zu herrschen. Aber es schwirren derzeit ein paar Gerüchte durch die Stadt, die Zweifel an der Zukunft des Standortes säen: So seien sämtliche Leiharbeiter abgezogen worden, und das Werk werde nach Polen verlagert.
Die Leiharbeiter und die Sicherheit des Standortes waren auch vor ein paar Monaten schon mal Thema. Da hatte der Mutterkonzern Mercedes verkündet, dass die Millionste Autobatterie in Kamenz produziert wurde, verbunden mit dem Dank an die Mitarbeiter.
Prompt reagierte die IG Metall - und kritisierte die hohe Anzahl an Leiharbeitern bei der Mercedes-Tochter. Von insgesamt 3.500 Beschäftigten war die Rede, über die Hälfte davon seien in Leiharbeit. Die Gewerkschaft forderte, die Stammbelegschaft zu stärken, und eine Zukunftsvereinbarung, um Jobs zu sichern. Meldungen über Stellenabbaupläne im Konzern würden zu Verunsicherung führen, so die Gewerkschaft.
Der Konzern betonte seinerseits die Bedeutung des Kamenzer Werkes, bestätigte die von der IG Metall genannte Zahl von Beschäftigten aber nicht. Stattdessen nannte er für den Standort 1.500 Mitarbeiter.
Das sagt die Gewerkschaft zu den Gerüchten
Uwe Garbe, Chef der IG Metall in Ostsachsen, sagt, dass bei Accumotive tatsächlich viele Leiharbeitnehmer „abgemeldet werden und einige Fertigungslinien weniger produzieren“. Ursache dafür sei nach Informationen aus der Stammbelegschaft allerdings etwas anderes, als es in den Gerüchten vermutet wird.
Es hänge ausschließlich mit den Engpässen in der Chip-Industrie zusammen. Damit würden momentan weniger Batteriesysteme abgerufen. „Ich habe keine Informationen, dass Produktionsvolumina von Kamenz nach Polen verlegt wurden oder verlegt werden sollen“, sagt Garbe gegenüber Sächsische.de.
So äußert sich der Konzern zur aktuellen Lage
Mercedes hingegen nimmt in seiner Antwort keinen direkten Bezug auf die Gerüchte im Zusammenhang mit dem Werk in Polen. Der Konzern bestätigt auf Nachfrage von Sächsische.de, dass gegenwärtig weltweit ein Lieferengpass an bestimmten Halbleiterkomponenten bestehe. Die Situation sein unbeständig: „Wir fahren auf Sicht“, so eine Konzernsprecherin. Die Mercedes-Werke seien aber flexibel, so könne auf derartige Schwankungen kurzfristig reagiert werden.
Aktuell seien rund 1.500 Mitarbeiter am Standort Kamenz beschäftigt. Derzeit laufe die Produktion parallel in mehreren Bereichen hoch, heißt es. Aus diesem Grund habe das Werk in den vergangenen Monaten einen erhöhten Bedarf an Zeitarbeitern gehabt, teilt das Unternehmen mit. So sei es auch möglich, auf Marktschwankungen zu reagieren und die Stammbelegschaft im Unternehmen zu halten.
Unternehmen betont die besondere Rolle von Kamenz
Die lokale Fertigung von Batterien sei ein wichtiger Faktor für die Elektro-Offensive. Das Unternehmen setze dabei auf den „Aufbau eines globalen Batterie-Produktionsverbunds mit Standorten auf drei Kontinenten“, eben auch im polnischen Jawor. In Brühl bei Stuttgart und Tuscaloosa (USA) bereite das Unternehmen den Produktionsstart für 2022 vor. Zudem soll künftig auch im Werk Sindelfingen nahe Stuttgart eine Batteriefabrik entstehen.
Der Konzern betont, dass Accumotive in Kamenz eine besondere Rolle zukomme. Als Kompetenzzentrum für den globalen Batterie-Produktionsverbund würden hier schon seit 2012 Antriebsbatterien für elektrische und elektrifizierte Fahrzeuge des Konzerns hergestellt. Die zweite Batteriefabrik am Standort hat 2018 den Betrieb aufgenommen, sie produziere jetzt auch für den ersten vollelektrischen Mercedes Kompakt-SUV (EQA).
Aus der Sicht des Gewerkschaftschefs sei es aber letztlich nachvollziehbar, dass es zu Gerüchten kommt, wenn Leih-Personal in großer Zahl abgemeldet werde, „ohne ausreichende Information der Betroffenen unter den Beschäftigten“, so Uwe Garbe.