Aus fürs Wildgehege am Kamenzer Flugplatz?

Kamenz. Etwas zerzaust sieht das Damwild im Gehege am Kamenzer Flugplatz derzeit aus. Nach dem Winter steht der Fellwechsel an. Auf dem etwa 14 Hektar großen Areal tummeln sich an die 200 Tiere. Rot- und Damwild weidet friedlich im Wildgatter von Jörg Mietz.
Seit etwa zwölf Jahren betreibt er die Anlage. Die lockt auch zahlreiche Spaziergänger an und Familien mit Kindern, die die Tiere gern beobachten. Manche kommen bis aus Dresden. Das ist freilich nicht der Hauptzweck des Geheges, sondern der Landwirtschaftsbetrieb, den der Kamenzer im Nebenerwerb betreibt: Er verkauft die Tiere und lässt Fleisch- und Wurstwaren aus ihnen herstellen.
Jörg Mietz hat auch noch einiges vor, so plant er eine eigene Fleischerei am Flugplatz mit einem Hofladen für regionale Produkte, zum Beispiel von Imkern: „Das wäre doch noch ein richtiger Zugewinn für die Stadt“, sagt er.

Doch die Tage des Wildgatters sind offenbar gezählt. Dass die Stadt die Absicht hat, hier einmal einen Gewerbepark anzusiedeln, ist dem Kamenzer bekannt. Jetzt soll es aber ernst werden - und das kommt für ihn nun doch überraschend. Mietz sorgt sich, mit gut 200 Tieren plötzlich in der Luft zu hängen. Letztlich gehe es um die Existenz seines kleinen Landwirtschaftsbetriebes und um seine Zukunftspläne. Zugleich frage er sich, ob denn jedes Fleckchen Grün zugebaut werden sollte.
Doch die Stadt Kamenz will an dieser Stelle ihre wirtschaftliche Entwicklung voranbringen und Jobs schaffen. Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos) denkt dabei auch an den Strukturwandel: Wenn es gelinge, Unternehmen mit attraktiven Beschäftigungszahlen anzusiedeln, trage das dazu bei, die Region zu stärken. Grundsätzlich habe er auch Verständnis dafür, sagt Jörg Mietz.
Stadt will Planung für Gewerbepark vorfinanzieren
Nun nimmt das Vorhaben der Stadt Gestalt an, es trägt den Namen „Gewerbepark am Verkehrslandeplatz“. Beteiligt ist die Flugplatz GmbH, deren Gesellschafter die Stadt Kamenz und der Landkreis Bautzen sind und der das Grundstück gehört. Eine finanzielle Beteiligung hat der Landkreis aber bereits ausgeschlossen.
Doch die Stadt hat Sorge, dass Interessenten abwandern, wenn nichts passiert. Deshalb will sie, um die Entwicklung voranzutreiben, jetzt kurzfristig in die eigene Kasse greifen und die Planung für das Gewerbegebiet vorfinanzieren. Von 115.000 Euro ist die Rede. Mit dem Grundstücksverkauf durch die GmbH an die künftigen Investoren soll das Geld dann wieder eingespielt werden.
Kamenzer Gewerbeflächen sind ausgelastet
Angesichts der guten wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre in Kamenz sieht die Stadt Bedarf für ein weiteres Gewerbegebiet. Es gebe schlicht keine großen zusammenhängenden Flächen mehr in der Stadt, um dem Interesse gerecht zu werden. Und das sei da, versichert der Kamenzer OB, ohne konkreter zu werden.
Der neue Gewerbepark soll in engem Zusammenhang mit Gewerbeflächen stehen, die derzeit schon auf dem Flugplatzareal vorbereitet werden. Dort sollen Hangars für Flugzeuge entstehen, und es soll sich Gewerbe aus der Flugzeugbranche ansiedeln. Nördlich davon in Richtung Zschornau würde sich dann die neue Fläche anschließen.
Bis zu elf Hektar groß soll der Gewerbepark werden, auf dem die Stadt produzierendes Gewerbe ansiedeln will. Bis dahin ist noch einiges zu tun: Es müsse an der Planung gearbeitet werden, der Baugrund sei auf Altlasten zu untersuchen, und es sei zu klären, wie welche Regenmengen in das Schwosdorfer Wasser eingeleitet werden können.
Ausweichfläche fürs Wildgehege gesucht
Und dann ist da auch noch das Wildgehege. So fragte auch Stadtrat Jörg Bäuerle (Wählervereinigung), was denn mit dem Damwild wird. Die Stadt wolle den Betreiber unterstützen, so die Antwort. Die Erschließung des Gewerbeparks werde aber nicht davon abhängig gemacht, ob das gelingt.
Jörg Mietz hat sich inzwischen mit der Stadt und auch Stadträten ausgetauscht. Ende des Jahres rechne er nun mit der Kündigung. „Wir haben über mögliche Flächen gesprochen, auf die das Gatter umziehen könnte“, sagt er. Ob es wirklich funktioniert, sei aber noch offen. Auch die Stadträte seien sehr bemüht, ihm zu helfen: „Alle machen sich einen Kopf.“ Das finde er wirklich gut.
Schon die Folgen der Corona-Pandemie hätten ihn sehr getroffen, weil der Verkauf eingebrochen sei. Fleisch, Wildbratwurst und Schinken ließen sich nicht mehr so absetzen wie zuvor. Die Gaststätten hatten lange geschlossen und haben nichts abgenommen, Feste gab es keine.
Bei seinen Plänen für eine eigene Fleischerei mit Verkauf gehe es auch um bis zu acht Arbeitsplätze. Er habe auch einen Weg durchs Gehege geplant und Angebote für Kinder. Jörg Mietz ist sich sicher: „Es lohnt sich, das zu erhalten.“