Wie Drohnen künftig Land- und Forstwirten helfen

Kamenz. Es weht ein scharfer, eisiger Wind über den Kamenzer Flugplatz. Trotzdem hat sich dort ein kleines Trüppchen von Enthusiasten versammelt, die das autonome Fliegen auf den Weg bringen wollen – also Fliegen ohne Piloten.
Es geht vor allem um Drohnen, solche mit bis zu 25 Kilogramm Gewicht oder noch größer - und vor allem ohne Steuermann am Boden, sondern entsprechend programmiert und autonom gelenkt. Das ist das Ziel, an dem der Kamenzer Verein 3-D-Aero, der das Gesamtprojekt begleitet, seit über einem Jahr tüftelt. Als eines von vielen Mitgliedern treibt das Forschungs- und Flugerprobungszentrum AEF (Autonom Elektrisch Fliegen) den Bereich Forschung und Entwicklung voran.
Student erforscht Einsatz auf Mülldeponien
Der Verein bündelt die Partner: Firmen, die Drohnen entwickeln und bauen, Softwarespezialisten und Batteriebauer. Außerdem Forschungseinrichtungen wie die TU Dresden. Dort schreibt Florian Helm, der Elektrotechnik studiert, an seiner Diplomarbeit.
Der Kamenzer hat eine Drohne auf den Flugplatz mitgebracht, eine vergleichsweise kleine für Tests mit Transportbehältern. Es gebe viele Ideen für die Anwendung in der Praxis, sagt Peter Pfeifer, der Vorsitzende des Vereins, und nennt als Beispiel den medizinischen Bereich. So könnten Gewebe- oder Blutproben von Patienten auf schnellstem Weg von A nach B gebracht werden.
Die Untersuchung neuer Einsatzfelder für solche Drohnentechnik ist der Antrieb der AEF, des Vereins und seiner Mitglieder. Deshalb begleiten sie auch den Studenten Florian Helm, der einer ungewöhnlichen Sache auf der Spur ist. Auf Mülldeponien. Dort entstünden oft Brände, Rauchschwaden ziehen dann über die Halden, das Feuer lasse sich dadurch nur schwer orten und löschen: „Mithilfe von Drohnentechnik können wir den Brandschutz unterstützen“, sagt Helm. So ließen sich gefährliche Gascocktails lokalisieren und die davon ausgehende Gefahr von Schwelbränden beseitigen.
Anwendungsgebiete auch in Land- und Forstwirtschaft
Dank der Kooperation mit dem AEF habe er die Möglichkeit, mit Drohnen zu experimentieren, freut sich der Student. Das sei nämlich nur auf zugelassenen Testflächen möglich. AEF-Geschäftsführer Thomas Ernstberger sagt: "Wir wollen Forschung und Entwicklung in die Region holen und dafür auch junge Menschen gewinnen und ausbilden."
Im Wissenschaftsbeirat des AEF arbeitet auch der Kamenzer Unternehmer Andreas Schumann mit. Er ist in der Energiebranche tätig. Seine Spezialgebiete sind Energieeffizienz und CO2-Neutralität. Dafür sei eben auch Drohnentechnik ein Baustein. Außerdem ist Schumann Jäger. So habe er den Kontakt zu Land- und Forstwirten hergestellt. In beiden Branchen könnten sich weitere Anwendungsgebiete für Drohnen aus dem Kamenzer Reallabor ergeben.
Drohnen könnten im Kampf gegen Schweinepest helfen
Es gebe da mehrere Ansätze: „Nehmen wir die Afrikanische Schweinepest, die uns große Sorgen bereitet“, sagt Schumann. Kranke Tiere seien im Wald schwer zu finden. Die Suche mit Drohnen könnte da helfen. Doch bei herkömmlichen Drohnen sei der Bewegungsradius sehr eingeschränkt, mit den autonomen werde sich das ändern.
„Die Drohne steigt dann über dem Wald auf, dreht Kreise.“ Wenn sich ein Wärmepunkt längere Zeit nicht mehr bewege, wäre das zum Beispiel ein möglicher Hinweis auf ein krankes Tier. Ein Jäger könne dann genau zu diesem Punkt ausrücken. „Die Drohne sucht selbstständig, überträgt die Ergebnisse und kommt eigenständig wieder zurück“, beschreibt Schumann.
Er habe außerdem die Zusammenarbeit mit der Agrar-Gesellschaft Elsteraue in Oßling angeschoben, zum Beispiel für die Rettung von Kitzen. Dafür werde das Feld vor der Ernte abgeflogen, damit Jungtiere der Rehe nicht den Erntemaschinen zum Opfer fallen. Günter Olak, langjähriger Chef und jetzt Berater des Betriebs, sieht noch mehr Anwendungsgebiete. Mit dem Blick von oben ließen sich auf den Feldern Wachstums- und Reifungsphasen feststellen und Stellen, „wo sich Schäden abzeichnen oder Wachstumsstörungen“. Auch auf Nährstoffmangel könnte so umgehend reagiert werden, schätzt Olak ein. Er sei gespannt, wie sich das Projekt entwickelt.
Andreas Schumann sieht einen weiteren Geschäftszweig im Gütertransport. Der Plan sei es, im kommenden Jahr mit Transportflügen zu starten. Cottbus und Görlitz sollen erste Ziele sein. Die Fertigstellung passender Transportbehälter stehe kurz bevor. Abhängig von Fracht und Drohne könnten Entfernungen von mehr als 100 Kilometern bewältigt werden.
Bekommt Kamenz einen Flughafen für Drohnen?
So werde jetzt eine Start- und Landeinfrastruktur geschaffen. Wenn alles klappt, soll in Kamenz in der Nähe des Flugplatzes ein sogenannter Verti-Port für Drohnen entstehen. Die Entscheidung wird noch in diesem Winter fallen, sagt Vereinschef Peter Pfeifer. Der Port ist ein Gebäude mit Leitstand, um die Einsätze zum Landen, Beladen und Warten der Fluggeräte zu koordinieren.
Andreas Schumann ist überzeugt, dass in den kommenden Jahren in diesem Zusammenhang bis zu 200 Jobs entstehen werden und auch neue Berufe wie der des Luftfahrtmechatronikers ausgebildet werden. So sei geplant, im Verti-Port ein Ausbildungszentrum anzusiedeln. „Wir sehen das alles als aktiven Beitrag zum Strukturwandel“, betont Thomas Ernstberger.
Eine wichtige Basis für die Pläne ist ein neuer Hangar auf dem Kamenzer Flugplatzareal. Auf etwa 1.500 Quadratmetern Fläche werde dort Drohnen-Forschung und -Entwicklung unter optimalen Voraussetzungen möglich, sagt Ernstberger. Auf die Fertigstellung der Halle im Frühjahr wartet auch Student Florian Helm ungeduldig, um im geschlossenen Raum die ersten Drohnentests beginnen zu können.