Kamenz. Zwei Wochen sind bereits rot im Buchungsplan gekennzeichnet. Im Mai könnten - wenn corona-mäßig alles passen sollte - die ersten offiziellen Gäste in den Ferienappartements "Zur alten Schneiderei" in Kamenz übernachten. Das freut die Besitzer und Ideengeber hinter dem Projekt. Katja und Enrico Schneider aus Lauta haben diesem Augenblick entgegengefiebert. Mehr als ein ganzes Jahr.
Solange steht nämlich bereits fest, dass sie im Erdgeschoss ihres Hauses Poststraße 5 eine große Ferienwohnung etablieren möchten. Noch bis 2019 war in den Räumen ein Bioladen untergebracht. Als er schloss, mussten neue Ideen her. "Eine Ladenvermietung wäre sicherlich etwas schwieriger geworden", vermutet Enrico Schneider. Bei Geschäften ist der Leerstand in der Stadt groß.
Ursprüngliche Idee wurde verworfen
Deshalb hatte Familie Schneider auf Anregung von Citymanagerin Anne Hasselbach ein anderes Projekt ins Auge gefasst: ein Hostel für die Altstadt. Mit Blick auf das Kamenzer Polizeirevier und mit Stil-Elementen der ehemaligen Schneiderei, die sich früher hier im Haus befand. Unter dem Motto "Übernachten im Schaufenster" wurden im Frühjahr 2020 erste Pläne konkretisiert. Und der Umbau startete.
Eigentlich sollten es zwei separate Ferienzimmer für jeweils zwei Personen werden, die sich im besten Fall einen Aufenthaltsraum miteinander teilen. "Im Laufe der Monate haben wir uns jedoch viele Gedanken gemacht und sind von der ursprünglichen Idee eines Hostels mit Gemeinschaftsküche abgekommen", erzählt Katja Schneider. "Wir haben uns gefragt, wie wir selbst gern Urlaub machen. Und wir mögen es individuell, aber auch abgeschlossen nur für uns", sagt die 44-Jährige.
Große Nachfrage nach Unterkünften für Personal
Die beiden neuen Ferien-Appartements werden aus diesem Grund nun immer nur zusammen vermietet. Vier Personen kommen also als Familie oder Freunde in der "Alten Schneiderei" künftig unter. Wenn Gäste nur eines der zwei Schlafzimmer haben möchten, bleibt das zweite abgeschlossen. So ist man für sich und muss sich die Küche nicht mit Fremden teilen.
"Es sei denn, die Räume werden als Zimmer für Monteure einer Firma angemietet. Gerade dafür hatten wir viele Nachfragen", sagt Katja Schneider. Dass die Appartements nun doch ziemlich zügig nach längerem Stillstand fertig wurden, liegt auch an dieser Nachfrage. "Das Krankenhaus Kamenz hatte beispielsweise um Weihnachten bei uns angerufen oder auch die Firma Accumotive. Sie suchten für ihre Mitarbeiter eine Unterkunft auf Zeit. Da stand für uns fest, dass es sich trotz Corona lohnt, das Projekt abzuschließen."
Lieferengpässe bei Möbeln und Fliesen
Aktuell sind zwar keine privaten Übernachtungen zugelassen. Aber wer jobbedingt in Kamenz weilt, braucht auch etwas zum Schlafen. Die Schneiders haben daraufhin ihr Tempo beim Umbauen angezogen. "Ein Problem stellte zwischenzeitlich die Anlieferung diverser Möbel und Elemente fürs Bad dar", berichtet der Hausherr. Auch die Fliesen aus Italien ließen auf sich warten.
"Eigentlich sind wir den lokalen Händlern zugetan, aber hier mussten wir Kompromisse eingehen, was schade war", sagt Katja Schneider. Monatelange Lieferengpässe hätten es aber nicht anders zugelassen. Mit den Handwerkern habe es glücklicherweise keine Probleme gegeben. Enrico Schneider führt ein Ingenieur- und Baubüro in Lauta und sitzt damit quasi an der Basis. "Viele unserer Helfer hatten obendrein eine emotionale Bindung an das Haus, denn es war unser erstes Bauobjekt vor vielen Jahren", erzählt Schneider. Auch sein Schwiegervater packte mit an.
"Katja und Enrico Schneider sind ein sympathisches und dynamisches Unternehmerpaar, das Zeitgeist und Geschichte mit viel Liebe und Engagement umgesetzt hat", lobt Citymanagerin Anne Hasselbach. Die "Alte Schneiderei" sei ein gutes Beispiel dafür, dass die Städte als multifunktionale Zentren neu gedacht werden müssen. Der ehemalige Laden sei so ein schöne Verweil-Insel geworden.
Frühstück gibt's auch ein paar Meter weiter
Die Gäste können übrigens bald auch Frühstück zubuchen. "Wir haben Kontakt mit Monique Nuhland vom Café Aloha aufgenommen und werden zusammenarbeiten", freut sich Enrico Schneider. Das Café befindet sich nur ein paar Meter weiter in der Altstadt. Wer also frühmorgens nicht selbst in der Küche hantieren möchte, kann sich dort verwöhnen lassen.
Voraussetzung für alles ist freilich, dass es baldmöglichst Lockerungen gibt. Momentan sieht das allerdings noch nicht so aus. Doch die Corona-Krise wird irgendwann Geschichte sein und Normalität einziehen. Lessing, Hutberg-Open Airs, Forst- und Stadtfeste ziehen dann wieder Besucher an. Bis dahin kann man sich schon einmal Gedanken machen, warum man gern in Kamenz Urlaub machen möchte - und an einem Gewinnspiel teilnehmen.
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