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Kamenz: Aus einer Brache wird ein öffentlicher Garten

Für die Idee eines Kiezgartens gab es erst einen Preis und bunte Blumen. Dann wurde es still um die geplante Grünanlage. Doch jetzt tut sich was an der Mönchsmauer.

Von Reiner Hanke
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Aufräumaktion im künftigen Kamenzer Kiezgarten. Sofia (l.) hat kräftig mitgeholfen, während Günter Tschentscher vom Verein Stadtwerkstatt-Bürgerwiese am Gerätehäuschen baute, unterstützt von Sofias Schwester Amalia.
Aufräumaktion im künftigen Kamenzer Kiezgarten. Sofia (l.) hat kräftig mitgeholfen, während Günter Tschentscher vom Verein Stadtwerkstatt-Bürgerwiese am Gerätehäuschen baute, unterstützt von Sofias Schwester Amalia. © Anne Hasselbach

Kamenz. Mit hunderten Petunien und Pelargonien rückte im Mai des Vorjahres ein Gartenbaubetrieb an und schmückte den Kamenzer Markt mit einer Blumenpracht in Weiß, Blau und Rot. Mit dem Schmuck honorierte die Jury des Wettbewerbs „Ab in die Mitte“ die Idee für einen Kiezgarten nahe des Marktplatzes an der Mönchsmauer - eine grüne Erholungsoase im Stadtzentrum. Das Areal war schon früher Gartenland, verwilderte aber völlig.

Die Petunien vom Vorjahr sind längst Geschichte, aber auch am Kiezgarten blieb es still, teilweise bedingt durch die Corona-Einschränkungen für das öffentliche Leben. Citymanagerin Anne Hasselbach denkt, dass die Beteiligten die Größe des Projekts wohl auch unterschätzt hätten.

So wucherte die Wildnis weiter. Aber etliche Kamenzer hatten die Petunien-Aktion nicht vergessen, fragten immer mal wieder, was aus der Kiezgarten-Idee geworden ist. Sie sind vielleicht künftig auch selbst stärker als aktive Bürger gefragt.

Einen Berg Müll gesammelt

Anfang der Woche erregte nun geschäftiges Treiben auf dem Areal die Aufmerksamkeit von Passanten. Zuvor lichteten bereits die Kommunalen Dienste Kamenz (KDK) den wilden Bewuchs. Die Stadt hatte immerhin zugesagt, dass der städtische Dienstleister das Projekt unterstützen werde.

Gunter Tschentscher von der Stadtwerkstatt, die Initiator des Kiezgartens ist, brachte Hammer und Schrauber mit. Er montierte mit Unterstützung ein kleines Gartenhäuschen. Dort sollen fürs Erste die nötigsten Gartengeräte deponiert werden. An denen fehlt es allerdings noch. Der Verein würde sich über die eine oder andere Gerätespende freuen. Auch einen Benzinrasenmäher oder eine Sense könnten die Kiezgärtner gebrauchen, um den Grünwuchs ab an mal zu stutzen.

Kaninchenstall wird aufgestellt

Anwohnerin Katerina Nemcova war unterdessen mit ihren Kindern Sofia und Amalia dabei, auf dem Areal aufzuräumen. Sie hatten schon einen Berg Müll zusammengetragen; Flaschen und Plastikabfälle gehören dazu. Denn einzelne Leute nutzen das Gelände dafür, Abfall zu entsorgen. Jetzt liegen ein verrosteter Standgrill, alte Latschen und ein zerflederter Sitzwürfel neben gefüllten Müllsäcken auf einem Haufen.

Die Holz-Sitzecke neben dem Eingang legte die kleine Mannschaft auch wieder frei. Damit die Kiezgärtner auch mal eine Pause einlegen können. Die KDK haben zudem angekündigt, dass die Bäume demnächst einen Schnitt bekommen sollen.

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Die 15-jährige Sofia hielt Ausschau nach einem günstigen Platz für einen Kaninchenstall. Der soll Teil des Kiezgartens werden. Die Stadt hatte den Weg dafür schnell und unbürokratisch frei gemacht. Das Mädchen gehört zum Züchternachwuchs im Kamenzer Rassekaninchenverein. Der spendiert auch den Stall. Die Pflege der Tiere und ihres Areals übernimmt Sofia.

Ein Straßenfest war der Ursprung

Dieses Konzept will die Stadtwerkstadt ausbauen und jetzt möglichst viele Mitstreiter für das Kiezgartenprojekt begeistern. Das hat auch etwas mit dem Ursprung der Idee zu tun. Die war ursprünglich bei einem Straßenfest auf der Wallstraße an der Brache entstanden. Denn in dem Bereich sind kaum Hausgärten zu finden sind. Daraus wuchs der Gedanken für den Kiezgarten.

Anwohner können gern ein Stückchen der Anlage nach ihren Vorstellungen erschließen. Ganz leicht macht es die Hanglage nicht. Also Terrasse für Terrasse - mit Kräuterbeeten, Beerensträuchern zum Naschen oder Gemüse. Mit einem Sinnesgarten, wo es blüht und summt, oder eben auch einem Kaninchenstall.

Die einzelnen Minigärtchen würden am Ende zum Kiezgarten zusammenwachsen. Wie zu einer kleinen Gartenschau mitten in der Altstadt. So könne auch ein Gemeinschaftsgefühl entstehen, sagt Sieglinde Tschentscher vom Stadtwerkstadt-Verein.

Gelände soll zum Treffpunkt werden

Die aktuelle Aktion ist quasi ein Neustart für das Kiezgartenprojekt, soll für Aufmerksamkeit sorgen und Interessenten Mut machen dazuzustoßen. Einen Ort zum Verweilen, zum Erholen auf dem Weg durch die Stadt und zugleich ein Treffpunkt soll das Gelände werden.

Zum Wettbewerb "Ab in die Mitte" war die Idee damals von der Stadt in Kooperation mit dem Verein Stadtwerkstadt als Initiator, der Initiative „Offene Gartenpforte“ und der Landschaftsgärtnerin Almut Dietze eingereicht worden. Dietze hatte skizziert, wie sich das Areal entwickeln könnte auf vier Ebenen innerhalb des Gartens und mit mehreren Zugängen. Mit unterschiedlichen Pflanzen und Sträuchern, mit Hochbeeten, mit Bänken und Hängematten und einer kleinen Terrasse für Feiern oder als Bühne.

Gerade bei den zugewachsenen Terrassen werde wohl auch die Hilfe der KDK mit Technik gefragt sein, denkt Sieglinde Tschentscher von der Stadtwerkstatt. Um den großen knorrigen Apfelbaum regt sie eine Rundbank an: „Die Leute sollen den Kiezgarten ja genießen.“ Für den will sich der Verein Stadtwerkstatt nun etwas mehr Zeit nehmen und als eines der Projekte fürs 800. Stadtjubiläum vorantreiben.