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Corona: So ist die Lage in den Krankenhäusern im Kreis Bautzen

Derzeit betreuen die Kliniken keine Corona-Patienten. Sie rechnen aber damit, dass sich das wieder ändert - und blicken dennoch recht zuversichtlich in den Herbst.

Von Reiner Hanke
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Dr. Rüdiger Soukup (l.), Chefarzt für Innere Medizin im Kamenzer Malteser Krankenhaus, und Klinik-Chef Sven Heise sagen, dass das Corona-Virus unterschätzt werde. Die Klinik rechnet aber für eine nächste Welle nicht mehr mit so vielen Schwerkranken.
Dr. Rüdiger Soukup (l.), Chefarzt für Innere Medizin im Kamenzer Malteser Krankenhaus, und Klinik-Chef Sven Heise sagen, dass das Corona-Virus unterschätzt werde. Die Klinik rechnet aber für eine nächste Welle nicht mehr mit so vielen Schwerkranken. © Matthias Schumann

Kamenz. Auch wenn die Inzidenz einstellig ist - einige Besucherregeln zum Corona-Schutz gibt es noch im Kamenzer Krankenhaus St. Johannes: Mundschutz ist Pflicht, ungeimpfte Besucher müssen einen aktuellen Corona-Test vorweisen, und es ist pro Tag und Patient nur ein Besucher in der Zeit zwischen 15 und 17 Uhr zulässig. Ähnlich sieht das sowohl in den Oberlausitz-Kliniken (OLK) Bautzen/Bischofswerda und im Hoyerswerdaer Seenland Klinikum aus. Nur die Besuchszeit ist dort etwas großzügiger.

In allen drei Kliniken gibt es derzeit keine Corona-Patienten mehr. Insgesamt waren es seit Beginn der Pandemie bis Juni 2021 in den beiden Malteser-Kliniken in Kamenz und Görlitz über 800, sagt Geschäftsführer Sven Heise. Über 1.500 waren es in den Oberlausitz-Kliniken, 840 in Hoyerswerda. Mittlerweile ist laut Aussage der Krankenhäuser aber Normalbetrieb wie vor Corona eingekehrt. Für den Fall, dass sich die Lage wieder ändern sollte, hält zum Beispiel die Kamenzer Klinik auf der Corona-Isolierstation sieben Betten bereit; Bautzen zehn.

Seit ein paar Wochen steigt die Inzidenz deutschlandweit wieder an, derzeit liegt sie bei über 20. Im Kreis Bautzen schwankt sie seit Längerem im einstelligen Bereich, Tendenz leicht steigend. Im Vorjahr war sie aber zu diesem Zeitpunkt bei null, bevor dann die zweite Corona-Welle hereinbrach. Ein Grund zur Besorgnis?

Kliniken rechnen mit weniger schweren Fällen

Eine vierte Infektionswelle ist nicht ausgeschlossen, schätzt Rüdiger Soukup ein, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin im Kamenzer Krankenhaus. Der Bautzener Klinik-Geschäftsführer Reiner E. Rogowski sieht die steigenden Zahlen kritisch. Letztlich sei zu befürchten, dass wieder Patienten unter Vollschutz aufwendig betreut werden müssen und dadurch kein regulärer Krankenhausbetrieb möglich sei. „Bei deutlich höherer Übertragbarkeit der Delta-Variante wird der Anstieg der Infektionen möglicherweise rascher als im Vorjahr verlaufen“, schätzt Rogowski.

In allen drei Kliniken gehen die Fachleute aber davon aus, dass durch die Schutzimpfung die Zahl schwerer Fälle geringer ausfallen wird. Viel hänge vom Alter der Patienten ab, es sei der größte Risikofaktor, so Dr. Rüdiger Soukup. Die Corona-Patienten in der Malteserklinik seien selten unter 60 gewesen. In den Oberlausitz-Kliniken lag das Durchschnittsalter bei 71 Jahren. Aber gerade in dieser besonders gefährdeten Gruppe sei die Impfquote relativ hoch. In Sachsen liegt sie bei über 70 Prozent in Sachsen.

Krankenhäuser sind jetzt besser vorbereitet

So rechnet der Kamenzer Chefarzt damit, dass sich in einer weiteren Welle mehr erkrankte Patienten daheim auskurieren können und die Belastung der Kliniken mit Schwerkranken nicht mehr so groß wird. „Außerdem haben wir uns inzwischen in diese Erkrankung eingearbeitet.“ Das Personal sei geschulter und routinierter, was auch die Bautzener Klinik bestätigt. „Wir erkennen eher, wenn sich ein schwerer Verlauf anbahnen könnte“, sagt Dr. Soukup.

Die Krankenhäuser der Grundversorgung, wie es die hiesigen Kliniken sind, seien auch technisch gut aufgestellt. Über 90 Prozent der Corona-Fälle habe Kamenz selbst behandeln können. Für die Zukunft sei man zudem besser vorbereitet. So habe die Klinik ein weiteres Dialysegerät angeschafft und die Zahl der Beatmungsgeräte auf elf fast verdoppelt. „Wir hatten vor der Krise keine Isolierstation, wie wir sie heute haben“, sagt Klinik-Geschäftsführer Sven Heise.

Es wurden zusätzliche Beatmungsgeräte beschafft

Auch Personal sei aufgestockt worden – in der Pflege und im ärztlichen Bereich. So sei ein Unfallchirurg dazugekommen, demnächst folge noch ein Gastroenterologe, ein Spezialist für Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts.

In zusätzliche Beatmungsgeräte haben auch die OLK investiert. Außerdem entstehe gerade ein neuer Diagnostik-und Endoskopiebereich. Hier sollen im Herbst zusätzliche Behandlungs- und Beatmungsplätze zur Verfügung stehen.

Unterdessen fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine Abkehr von der strengen Orientierung an der 7-Tage-Inzidenz - und andere Faktoren wie die Impfquote oder die Auslastung der Klinikbetten mit Corona-Patienten einzubeziehen. Was sagen die hiesigen Krankenhäuser dazu?

Die Orientierung an der 7-Tage-Inzidenz zur Beurteilung der Corona-Lage habe sich als leicht zu erhebende Maßzahl etabliert, schätzt man am Seenland Klinikum ein. Mehr Faktoren könnten aber hilfreich sein, "um staatliche Maßnahmen festzulegen".

Außer Inzidenz sind weitere Indikatoren wichtig

Reiner E. Rogowski geht noch weiter. Ein Indikatoren-Mix sei umso wichtiger, weil nicht nur die Inzidenz für die Belastung der Krankenhäuser maßgeblich sei, sondern auch viele weitere Faktoren. Auch Dr. Soukup sieht ein Umdenken in dieser Frage positiv: „Wir könnten vorausschauender planen, wenn noch andere, lokale Faktoren mit in die Bewertung der Corona-Situation einbezogen würden.“

Bei der Quote vollständig Geimpfter zählen allerdings gerade Sachsen und der Landkreis Bautzen mit 49 beziehungsweise 38 Prozent (Stand 10. August) zu den Schlusslichtern. Leider, sagt Rüdiger Soukup. Das Virus werde unterschätzt, sind sich Chefarzt und Geschäftsführer in Kamenz einig. Wenn viele Menschen gleichzeitig erkranken, dann könnten die Klinikbetten schnell wieder knapp werden.

„Corona ist ein Chamäleon, unberechenbar, man weiß nie, wie schwer es einen trifft“, sagt Dr. Soukup. Klinikchef Heise hofft auf die Einsicht vieler, dass es beim Impfschutz nicht nur um den Einzelnen gehe, sondern auch um das gesellschaftliche Anliegen, einen weiteren Lockdown zu verhindern.