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Herzenswunsch erfüllt: Moritz bekommt sein Fahrrad

Der 18-jährige Moritz hat einen seltenen Gendefekt. Dank einer erfolgreichen Spendenaktion in Kamenz kann die Familie nun ein neues Tandem-Dreirad anschaffen.

Von Ina Förster
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Moritz Wickord (18) hat einen seltenen Gendefekt. Das Leben mit dem Angelman-Syndrom ist für die ganze Familie nicht einfach. Dank einer Benefizaktion des Kamenzer Schützenvereins bekommt Moritz nun ein neues Tandem-Dreirad.
Moritz Wickord (18) hat einen seltenen Gendefekt. Das Leben mit dem Angelman-Syndrom ist für die ganze Familie nicht einfach. Dank einer Benefizaktion des Kamenzer Schützenvereins bekommt Moritz nun ein neues Tandem-Dreirad. © Privat/Wickord

Kamenz/Spremberg. Moritz lacht gern! Laut und manchmal einfach drauflos. "Er ist ein lieber, fröhlicher Kerl. Und offen zu Menschen", sagt seine Mutter Nannette Wickord. Nach einer erfolgreichen Benefizaktion in Kamenz hat jetzt die ganze Familie Grund zur Freude: Denn dabei kam eine Spendensumme von 2.615 Euro zusammen. Der Anschaffung des dringend benötigten Therapie-Tandem-Dreirads für Moritz steht nun nichts mehr im Wege.

Der 18-jährige Moritz ist geistig und körperlich behindert. Von Geburt an. Eine konkrete Diagnose erhielten seine Eltern erst, als er drei Jahre alt wurde. "Ich habe von Anfang an gespürt, dass er anders ist", sagt seine Mutter. Moritz hatte schon einen älteren Bruder. "Und ich somit Vergleichsmöglichkeiten. Und da stimmte einfach nichts", erzählt die 48-Jährige.

Dass Moritz das Angelman-Syndrom hat, war für die Familie dann erst einmal unfassbar. Den Boden unter den Füßen habe es ihnen weggezogen. Da war so viel Unwissenheit und Zukunftsangst. Aber auch eine große Liebe für das Kind, das so anders ist.

"Dieses Anderssein hatte plötzlich einen Namen", sagt Nannette Wickord. "Die Diagnose änderte nichts." Und doch irgendwie alles. Denn nun wurde klar: Moritz würde nie selbstständig leben können. Nie eine normale Schule besuchen, keine Ausbildung im herkömmlichen Sinn machen, keine eigene Familie gründen können.

Weitere schlimme Diagnose in der Familie

Das Angelman-Syndrom entsteht durch einen genetischen Defekt auf dem Chromosom 15, der die körperliche und geistige Entwicklung stört. Sprachentwicklungsstörungen, motorische Unsicherheit und ein fröhlicher Gesichtsausdruck sind die auffälligsten Symptome.

Als Moritz klein war, wurde er von einer Tagesmutter betreut. Die Eltern konnten vorerst weiter arbeiten. "In den ersten Jahren lief alles ziemlich normal", erzählt seine Mutter, die Kindergärtnerin ist. Bis heute besucht Moritz die "Wiesenwegschule", eine Einrichtung mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "geistige Entwicklung" in Spremberg, wo die Familie lebt. "Er geht gern hin. Dort hat er soziale Kontakte, macht super mit. Der nächste große Schritt wird eine Werkstatt für geistig behinderte Menschen sein", berichtet seine Mutter.

Doch das Schicksal meinte es überhaupt nicht gut mit den Wickords: 2016 erhielt auch Vater Ronald eine schlimme Diagnose: Multiple Sklerose. Mittlerweile sitzt er im Rollstuhl und kann seine Frau nicht mehr wie früher unterstützen.

Moritz braucht ein neues Tandem-Dreirad

Trotzdem: Die Wickords haben sich eingerichtet in ihrem Leben. Nicht immer war und ist das leicht. Und es ist mit Einschränkungen verbunden. "Aber vor allem ohne die Hilfe meiner Eltern wären wir nicht dort, wo wir heute sind", sagt Nannette Wickord dankbar.

Ab und zu gab es auch kleine Auszeiten und immer mal einen Ausflug mit einem Tandem-Dreirad, das die Familie über eine Stiftung bekam. Doch Kinder wachsen. "Moritz wiegt mittlerweile 105 Kilo", sagt seine Mutter. "Das Rad war für uns immer eine Zusatzmöglichkeit, mobil zu bleiben, denn seine körperlichen Einschränkungen sind enorm."

Doch mittlerweile ist das Tandem-Dreirad, in dem Moritz zusammen früher mit seinem Vater fahren konnte, nicht mehr tauglich. Ein neues muss her, und zwar mit Elektroantrieb, denn Ronald Wickord ist nicht mehr in der Lage, in die Pedale zu treten. "Die Krankenkasse unterstützt uns aber nicht mit solchen Extrawünschen. Ich bin also auf den Verein 'Herzenswünsche Oberlausitz ' gestoßen und hab' die Leute angerufen", erzählt Nannette Wickord.

Kamenzer Schützen haben schon öfter Herzenswünsche erfüllt

"Das Hauptziel unserer Initiative ist es, schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen, einen Herzenswunsch zu erfüllen", sagt Vereinschef Silko Hofmann, der sich seit Jahren mit seinem zehnköpfigem Team für Menschen mit seltenen Krankheiten, Einschränkungen und Behinderungen einsetzt. Er hatte die Kamenzer Schützengesellschaft kontaktiert, und sie lud daraufhin für vergangenen Sonnabend zu ihrem 6. Charity-Shooting-Event ein.

Das wurde zum vollen Erfolg: 153 Besucher beteiligten sich aktiv am Benefizschießen mit der Kleinkaliberpistole. "Auf zehn Schießbahnen herrschte bis weit nach 17 Uhr Hochbetrieb", berichtet Pressesprecher Benedikt Krainz. "Dann stand fest, dass nach 28 Durchgängen mit 275 Starts und 5.500 verschossenen Patronen der bisherige Teilnehmerrekord aus dem Vorjahr deutlich übertroffen war."

Thomas Reinecke (2.v.r.), Präsident der Kamenzer Schützengesellschaft, überreicht den Scheck über 2.615 Euro an Silko Hofmann (3.v.r.) vom Verein Herzenswünsche Oberlausitz. Auch Moritz Wickord (l.) und sein Vater Ronald (2.v.l.) sind bei der Übergabe dab
Thomas Reinecke (2.v.r.), Präsident der Kamenzer Schützengesellschaft, überreicht den Scheck über 2.615 Euro an Silko Hofmann (3.v.r.) vom Verein Herzenswünsche Oberlausitz. Auch Moritz Wickord (l.) und sein Vater Ronald (2.v.l.) sind bei der Übergabe dab © PR / Schützengesellschaft

Startgebühren und Spenden summierten sich am Ende auf 2.615 Euro, die Thomas Reinecke, Präsident der Kamenzer Schützengesellschaft, symbolisch als Scheck an Moritz beziehungsweise die Partnerorganisation Herzenswünsche Oberlausitz überreichte.

Abseits des Schießstands sorgte ein Rahmenprogramm mit Hüpfburg, Laserbiathlon und Bogenschießen für Spaß. Höhepunkt war der Auftritt von DSDS-Teilnehmerin Lena-Loreen Kürschner alias „JayLa J“, die es sich als Botschafterin für den Herzenswünsche-Verein nicht nehmen ließ, das Projekt persönlich und gesanglich vor Ort zu unterstützen.

"Wir bedanken uns bei allen Besuchern, Teilnehmern, Helfern, Unterstützern, Sponsoren und Spendern, die dazu beigetragen haben, auch das 6. Charity Shooting Event wieder zu einer Erfolgsgeschichte zu machen", sagt Krainz.

Beim Charity-Event im vorigen Jahr kamen übrigens 4.500 Euro für den elfjährigen kranken Jakob zusammen, der kürzlich mit seinen Eltern in den langersehnten Urlaub fahren konnte.