Kamenz
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Der Krebs raubt zwei Jungen die Eltern, viele nehmen Anteil

Julian und David Krahl aus Nebelschütz verlieren innerhalb von vier Jahren Vater und Mutter. Ein Verein startet eine Spendenaktion - mit riesigem Erfolg.

Von Ina Förster
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Blanka Domsch (M.) organisierte die Spendenaktion für zwei Brüder, die binnen vier Jahren beide Eltern verloren. Michael Scholze und Kathrin Oswald, Onkel und Tante der Jungen aus Wendischbaselitz, bedanken sich herzlich für diese Aktion.
Blanka Domsch (M.) organisierte die Spendenaktion für zwei Brüder, die binnen vier Jahren beide Eltern verloren. Michael Scholze und Kathrin Oswald, Onkel und Tante der Jungen aus Wendischbaselitz, bedanken sich herzlich für diese Aktion. © Ina Förster

Nebelschütz. Die Zahl 838 steht für Mitgefühl. Für Selbstlosigkeit und Anteilnahme. 838 Menschen haben Geld gespendet. 41.740 Euro kamen über eine Internet Crowfunding-Plattform zusammen. Für Julian und David Krahl aus dem winzigen Nebelschützer Ortsteil Wendischbaselitz. Damit die beiden Brüder eine gute und sorgenfreie Zukunft haben können. Zumindest finanziell.

Denn alles andere Wichtige kann den 13- und 16-jährigen Brüdern keiner zurückgeben. Bereits vor vier Jahren starb ihr Papa Christian an einer Krebserkrankung. Und nun - es ist erst ein paar Wochen her - ihre geliebte Mama Diana. So kurz vor Weihnachten sind die beiden plötzlich Vollwaisen. Dianas Kampf gegen den Krebs war kurz, aber heftig. Und schnell war klar, wohin er führen würde...

Mutter stirbt mit nur 44 Jahren an Krebs

Diana Krahl starb in der Nacht vom 28. zum 29. Oktober mit nur 44 Jahren. Kaum einer im kleinen Wendischbaselitz konnte fassen, was der Familie da passierte. Das Schicksal wog schwer. Aber die weitere Familie ist da. Sie funktioniert. So wohnen die Jungs nun bei ihren Großeltern. Auch Freunde sind da, Nachbarn, Bekannte. Sie fangen die beiden in ihrem Schmerz auf.

Man kennt sich in dem kleinen sorbischen Dorf. Man ist noch füreinander da, wenn es nötig ist. Und wo normale Anteilnahme und Trauer nicht ausreichen, macht man sich Gedanken. Wie Blanka Domsch, die gerade mit anderen Mitstreitern einen neuen Dorfverein gründen möchte. "Wir haben es noch nicht geschafft, das offiziell zu machen, aber ich dachte mir: Anpacken kann man doch auch schon vor der Eintragung ins Vereinsregister", erzählt sie.

Sie habe sich hilflos gefühlt, wollte aber unbedingt etwas Handfestes tun, um den Kindern der Krahls unter die Arme zu greifen. Der bereits bestehenden "Vorstandsgruppe" des künftigen Vereins schrieb sie sofort eine WhatsApp-Nachricht. Und alle fanden die Idee einer Spendensammlung gut.

Schon am ersten Tag kamen 10.000 Euro zusammen

Noch am selben Tag postete Blanka Domsch auf der Plattform "Gofundme" das Anliegen und eröffnete eine Spendensammlung. Sie schrieb unter anderem: "Um den beiden gerade jetzt in dieser schweren Zeit wenigstens die finanzielle Situation etwas zu erleichtern, damit sie diese Sorgen nicht auch noch haben, habe ich die Spendenaktion ins Leben gerufen!"

"Ich wählte zuerst das Ziel 10.000 Euro", erzählt Blanka Domsch. Einige Freunde seien skeptisch gewesen und meinten, dass das vielleicht doch ein bisschen hoch gegriffen sei. Doch sie alle zusammen wurden eines Besseren belehrt. "Bereits am Abend nach ein paar Stunden rief mich eine Bekannte an, dass ich das Spendenziel lieber noch einmal erhöhen sollte", erinnert sie sich. 10.000 Euro waren da schon eingegangen. "Wir waren einfach nur perplex. Und haben es getan!"

Und die Menschen spendeten weiter. Von fünf bis 500 Euro war jede erdenkliche Summe dabei. Schüler, Rentner, Firmen, Anwohner, Bekannte. Und auch völlig Fremde deutschlandweit. Alt und jung, arm und besser betucht - alle hatten ein Ziel: Julian und David zu helfen.

Aufruf verbreitet sich über die Sozialen Medien

Über die Sozialen Medien entwickelte sich eine Welle der Anteilnahme. Am Ende stand die stolze Summe von 41.740 Euro. "Wir haben alle Blankas Aufruf geteilt. Das verbreitete sich rasend schnell über alle möglichen Kanäle", sagt Kathrin Oswald, die Tante der beiden Jungs. Die Familie sei natürlich auch da, erledige Besorgungen, fahre die Jungs zum Fußball. "Jeder tut das, was er gut kann", sagt Kathrin Oswald.

Auch Michael Scholze, der Bruder von Diana Krahl, kann immer noch nicht in Worte fassen, was ihn und seine ganze Familie in diesen letzten Tagen bewegte. "Wir können uns nur immer wieder bei allen und vor allem bei Blanka bedanken, dass sie diese wunderbare Welle losgetreten hat", sagt Michael Scholze.

Geld wird auf einem Extra-Konto verwahrt

Mittlerweile sei das Geld schon auf seinem Konto angekommen. Denn einer aus der Familie musste als Spendenbegünstigter aufgeführt werden. Michael Scholze hat sich darum gekümmert, dass die Spenden am richtigen Ort landen . "Wir haben ein Konto für die beiden Jungs eröffnet, von dem sie später, wenn sie volljährig sind, profitieren können", sagt Scholze.

Fahrschule, Ausbildung oder Studium, die erste Wohnung - das alles kann mit diesem Geld finanziert werden. Andere Kinder haben Eltern, die für diese Dinge aufkommen oder zumindest unterstützen. Julian und David können darauf nicht mehr zurückgreifen. Doch das Wissen, dass so viele Menschen an ihrem Schicksal Anteil nehmen, wird sie vielleicht ein bisschen stärken.

Und der künftige Wendischbaselitzer Dorfverein? "Wir haben natürlich einiges vor. Spielplatz, Sportplatz, Einsätze und Unternehmungen, die Dorfgemeinschaft stärken. Zusammenhalten", bringt es Blanka Domsch kurz auf den Punkt. Nach diesem gelungenen Start ist vieles möglich. Ihr kleines Vorweihnachtswunder haben die Initiatoren jedenfalls bereits vollbracht.