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Alte Posthalterei wird neuer Treffpunkt

Der Sanierungsbedarf in einem der ältesten Gebäude von Kamenz ist riesig. Während die Arbeiten laufen, gibt es schon konkrete Pläne für die künftige Nutzung.

Von Reiner Hanke
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Die alte Kamenzer Posthalterei wird saniert. Anne Zöllner ist die Hauptgeschäftsführerin der Stiftung Pro Gemeinsinn, der neuen Eigentümerin des Gebäudes. Auch die Stadt Kamenz will Räume nutzen. In diesen Bereich könnte eine Galerie einziehen.
Die alte Kamenzer Posthalterei wird saniert. Anne Zöllner ist die Hauptgeschäftsführerin der Stiftung Pro Gemeinsinn, der neuen Eigentümerin des Gebäudes. Auch die Stadt Kamenz will Räume nutzen. In diesen Bereich könnte eine Galerie einziehen. © René Plaul

Kamenz. Das historische Gebäude Alte Posthalterei in Kamenz war ein Ladenhüter und drohte zu verfallen. Nun hat die Sanierung begonnen. Derzeit bremsen Frost und Schnee zwar den Fortgang der Bauarbeiten in prominenter Innenstadtlage an der Zwingerstraße/Ecke Pulsnitzer Straße etwas. Aber in den Räumen ist deutlich zu sehen, dass es voran geht.

Neue Eigentümerin des Gebäudes ist erst seit dem vorigen Herbst die „Stiftung Pro Gemeinsinn“ aus Berlin. Sie hat sofort losgelegt. Hauptgeschäftsführerin Anne Zöllner führt bei klirrender Kälte durch die Räume. Im Erdgeschoss haben die Bauleute den Putz mindestens bis in Kopfhöhe von den Wänden geklopft: „Die werden aufgesägt. Wir müssen hier ringsherum eine Horizontalsperre einziehen.“ Die Nässe mache dem Gebäude zu schaffen.

Der Renaissance-Bogen ist eine Besonderheit an dem Gebäude, das zu den Ältesten in Kamenz gehört.
Der Renaissance-Bogen ist eine Besonderheit an dem Gebäude, das zu den Ältesten in Kamenz gehört. © SZ/Reiner Hanke

Der Vorbesitzer hatte das offenbar unterschätzt. Deshalb muss auch relativ frischer Estrich früherer Jahre wieder aus den Räumen rausgestemmt und neu verlegt werden. In einem besonders hübschen Gewölbe am Ende des Gebäudes Richtung Stadttheater ist das schon passiert. Die Deckenbögen wurden bereits von oben mit Ankern gesichert. Geschwärzte Ziegel fallen auf. „Vielleicht, weil hier in alter Zeit eine Küche war? Oder Spuren eines Stadtbrandes“, mutmaßt Anne Zöllner. Es lasse sich nicht mit Bestimmtheit sagen.

Schäden am Gebäude sind größer als gedacht

In dem Bereich sind in alten Zeiten möglicherweise einmal die Pferdekutschen unter dem Gewölbe in den Hof gerollt. Es heißt ja nicht umsonst Alte Posthalterei und ist eines der ältesten Gebäude der Stadt. Die Ursprünge des Hauses mit Sitznischenportal und Renaissance-Relief werden in die Mitte des 16. Jahrhunderts auf 1545 datiert.

Anne Zöllner ist nicht ganz zufällig mit ihrer Stiftung nach Kamenz gekommen. Sie stammt aus dem Haselbachtal und besuchte das Kamenzer Lessinggymnasium, bevor es sie in der Jugend nach Berlin verschlug. Mit einem Kollegen sei sie dann vor zwei Jahren an der Posthalterei vorbeigekommen: „Ich habe mich in den Renaissancebogen mit den Sitznischen verliebt. Der Kollege wusste, dass die Posthalterei zu verkaufen ist.“

Damals war der Gedanke schon da, sich in der alten Heimat zu engagieren, warum nicht hier? „Es wäre doch Wahnsinn gewesen, dieses Haus verfallen zu lassen“, so Anne Zöllner. Der Zustand sei allerdings dramatisch: „Das Haus hätte nicht mehr lange gestanden.“ Der Sanierungsbedarf sei noch größer, als anfangs eingeschätzt. Mit inzwischen 1,3 Millionen Euro rechnet Anne Zöllner jetzt.

Im Hof mit dem angrenzenden Stadttheater sind auch Gemeinschaftsprojekte denkbar.
Im Hof mit dem angrenzenden Stadttheater sind auch Gemeinschaftsprojekte denkbar. © SZ/Reiner Hanke

Im Erdgeschoss sei eine gemeinschaftliche Nutzung mit der Stadt angedacht, die für den Großteil der Fläche Vorstellungen habe. Kunst und Kultur sollen ein Zuhause bekommen, erklärt die Geschäftsführerin. Vom Renaissance-Portal des Gebäudes aus würde es dann direkt in einen Galerieraum gehen. Vom Eingang auf der Zwingerstraße in ein Foyer und einen künftigen Treffpunkt, für Vereine zum Beispiel. Eine Küche und vielleicht ein Café gehören mit zu den Gedankenspielen. Derzeit stapeln sich vor rohen Ziegelwänden allerdings noch Zementsäcke, und es braucht viel Fantasie, sich das vorzustellen.

Die Stiftung wolle im Erdgeschoss nur einen kleineren Gewölberaum für Workshops nutzen mit separatem Eingang von der Pulsnitzer Straße. Der soll Künstlern als Atelier zur Verfügung stehen, und die Werke sollen natürlich auch ausgestellt werden. Außerdem will die Stiftung in dem Gewölbe einen Töpferofen einbauen und viel für Familien und Kinder, für Kita- und Schulgruppen anbieten, vielleicht auch gemeinsam mit Künstlern. „Wir wollen ein lebendiges Haus“, so Anne Zöllner.

Ins Obergeschoss sollen die Büros der Stiftung ziehen, verrät Anne Zöllner.
Ins Obergeschoss sollen die Büros der Stiftung ziehen, verrät Anne Zöllner. © SZ/Reiner Hanke

Ins Obergeschoss ziehen die Stiftungsräume als Zentrale für Sachsen ein. Sie selbst wolle zwischen Berlin und Kamenz pendeln. Büros und ein Seminarraum werden entstehen: „Dort das Archiv, da eine kleine Teeküche“, erklärt die Chefin. Dafür müssen auch Wände weichen, neue ziehen die Trockenbauer bereits ein.

Andere Mauern geben ihre Geheimnisse preis. Da kommen unter dem Putz Lehmziegel zum Vorschein. Anne Zöllner plant, ein Stück freizulassen, um sichtbar zu machen, wie früher mit gesunden Baustoffen gearbeitet wurde. Oder mit allem, was in früherer Zeit gerade greifbar war, sodass ein Puzzle aus Bruchsteinstückchen und Ziegelresten entstand und trotzdem hält.

Fertigstellung ist für nächstes Jahr geplant

Den Sanierungsbedarf zeigt ein klaffendes Loch in der Decke. Das gibt den Blick auf den Schwammbefall im Gebäude frei. Auch das Dach muss dringend saniert werden. Dort gehe es noch um mögliche Fördermittel. Also haben die Bauleute erst einmal innen losgelegt.

Wenn alles nach Plan läuft, dann soll im Verlauf des kommenden Jahres die Posthalterei wieder in altem Glanz mit neuem Inhalt erstrahlen. Bisher hat die Stiftung Pro Gemeinsinn zwei Kitas und einen Hort in Sachsen, alle Einrichtungen befinden sich im Rödertal, die Zentrale in Kamenz.

Insgesamt beschäftigt die Stiftung 220 Mitarbeiter davon 35 in Sachsen. Pro Gemeinsinn könne inzwischen auf 20 Jahre Erfahrung als Kitaträger blicken. Ob die Stiftung in Sachsen weiter wachse, lasse sich schwer sagen. Es müsse sich erst einmal herumsprechen, was sie pädagogisch mache, um Schritt für Schritt Projekte starten zu können, sagt Anne Zöllner.

Das Gebäude ist stark sanierungsbedürftig und auch vom Schwamm befallen.
Das Gebäude ist stark sanierungsbedürftig und auch vom Schwamm befallen. © SZ/Reiner Hanke

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