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Bowlingcenter in Kamenz schließt

Inhaber Lars Juschten gibt den beliebten Freizeittreff auf und begründet das mit einer Veränderung. Auffällig ist seine Nähe zur Reichsbürger-Szene.

Von Ulli Schönbach & Ina Förster
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Lars Juschten hat das Bowlingcenter in Kamenz geschlossen. Das Foto zeigt ihm im Jahr 2012, als er die Freizeiteinrichtung in alleiniger Regie übernahm und viele Events und auch Gastronomie im Haus plante.
Lars Juschten hat das Bowlingcenter in Kamenz geschlossen. Das Foto zeigt ihm im Jahr 2012, als er die Freizeiteinrichtung in alleiniger Regie übernahm und viele Events und auch Gastronomie im Haus plante. © Archivfoto: René Plaul

Kamenz. Es ist still im Bowlingcenter am Kamenzer Garnisonsplatz. Am 16. April konnte man hier ein letztes Mal ganz offiziell Kugeln schieben. Inhaber und Betreiber Lars Juschten machte die Schotten dicht - für immer. Das stimmt viele Kamenzer traurig.

Zu den konkreten Gründen sagt er nichts, sondern erklärt auf Anfrage von Sächsische.de recht allgemein: "Ich möchte sehr gern noch anderes tun, denn Leben heißt für mich auch Veränderung." Und mit dieser Veränderung sei es ihm nicht möglich, den Geschäftsbetrieb des Bowlingcenters Kamenz aufrecht zu erhalten.

Areal hat eine bewegte Geschichte

In den letzten zehn Jahren war das Bowlingcenter ein gut frequentierter Anlaufpunkt in Sachen Freizeitgestaltung. Das Objekt selbst hat eine bewegte Geschichte seit der Wende hinter sich. Ursprünglich gehörte es zum Kasernengelände von Kamenz und diente über viele Jahrzehnte als Offizierskasino. Als Club I kennt man noch heute das Areal.

Ende der 90er-Jahre kaufte eine erste Betreibergesellschaft die Objekte und baute in einem Teil das Bowlingcenter ein, der andere wurde für diverse Discoveranstaltungen verpachtet, führte unter anderem den Namen Ostkino oder wurde vom DJ-Team Airportlounge angemietet .

Im Sommer 2007 ging die Firma insolvent, das Objekt schloss. Am 1. Februar 2008 ersteigerten damals Lars Juschten aus Biehla und Falco Nitsche aus Oberlichtenau als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) das Areal. 2012 wurde Juschten alleiniger Besitzer und Unterhalter des Bowlingcenters Kamenz.

Das Bowlingcenter am Garnisonsplatz Kamenz hat seit 16. April geschlossen. Die Technik steht zum Verkauf.
Das Bowlingcenter am Garnisonsplatz Kamenz hat seit 16. April geschlossen. Die Technik steht zum Verkauf. © Matthias Schumann

Der eloquente Moderator und DJ war früher gefragt in der Eventszene und hob einst beispielsweise den Lausitzpokal im Showtanz aus der Taufe. Im Bowlingcenter etablierte er 2015 darüber hinaus ein gastronomisches Angebot.

2017 verwirrte der Kamenzer Veranstalter und Gastwirt seine Kundschaft allerdings mit einem "Bewusstseinswandel". "Mit dem Betreten unserer Räumlichkeiten sind Sie temporär Staatszugehöriger des Königreiches Deutschland und damit einverstanden. Es entstehen keine weiteren Rechte und Pflichten", hieß es damals plötzlich auf seiner Speisekarte.

Die Formulierung ist typisch für die Reichsbürgerszene, welche die Existenz der Bundesrepublik als Staat bestreitet und die geltende Rechtsordnung ablehnt. Das geht oft einher mit teils abstrusen, teils politisch radikalen Vorstellungen: von der Wiedereinführung der Monarchie bis hin zu rechtsextremen und antisemitischen Einstellungen.

Belege für die Nähe zu dieser Szene finden sich auch auf dem YouTube-Kanal Lichtwerk TV, den Juschten betreibt. Zum Beispiel führte er gleich mehrere Video-Interviews mit dem selbsternannten „König“ Peter Fitzek. Erst vor wenigen Wochen warnte das Landesamt für Verfassungsschutz vor dessen Gruppierung. Es handle sich um eine sektenartige Gruppe, die die Schaffung eines „Königreichs“ anstrebe. Dabei gehe es Fitzek nicht nur um die Verbreitung extremistischer Ansichten, sondern vor allem darum, seinen Anhängern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Zu den Gesprächspartnern des Lichtwerk-TV-Betreibers zählen unter anderem auch der Rechtsextremist Nikolai Nerling, der sich selbst „Volkslehrer“ nennt. Nerling wurde 2019 wegen der öffentlichen Verharmlosung des Holocaust in der KZ-Gedenkstätte Dachau wegen Volksverhetzung verurteilt.

Bowlingbahntechnik steht zum Verkauf

Die Kamenzer selbst interessiert nun allerdings vordergründig, wie es mit der Bowlingbahn weitergeht. Denn die Schließung stellt eine erneute Abwertung des Freizeitangebotes in der Stadt dar. Gibt es überhaupt eine Zukunft am Garnisonsplatz?

Aktuell konzentriere man sich auf die Abwicklung des noch bestehenden Geschäftes, so Juschten. "Danach ist alles möglich. Falls jemand Interesse hat, ein Bowlingangebot in der Region zu entwickeln, so kann er sich gern bei mir melden. Allerdings sollte dies sehr zeitnah geschehen", sagt er. Er wolle nicht komplett ausschließen, dass der entsprechende Gebäudeteil sogar weiter dafür genutzt werden könnte. "Aber auch ein Ausbau der gesamten Technik für den Einbau in ein anderes Objekt wäre möglich", so Juschten.