Kamenz: Neuer Hangar für die Drohnenforschung

Kamenz. Flugtaxis über der Stadt, die Flugzeuge ersetzen? Riesige Drohnen, die Waren zum Kunden bringen? Bald könnte das keine Fantasterei mehr sein. Als Kinder in den 1970er-Jahren aufmalen sollten, wie sie sich die Zukunft in 50 Jahren vorstellen, sahen die Objekte vielleicht etwas anders aus, als das, was bald auf dem Verkehrslandeplatz in Kamenz abheben wird. Doch hier wird künftig an solchen Flugobjekten geforscht. Das Kompetenzzentrum autonomes und elektrisches Fliegen (AEF) hat sich dazu am Flugplatz angesiedelt.
Seit 18 Monaten laufen umfangreiche Vorbereitungen für das innovative Projekt, welches einzigartig für die Lausitz und weit darüber hinaus ist. Montagmittag war Zeit für einen weiteren Meilenstein auf diesem Weg: Der symbolische Spatenstich für einen neuen Hangar lief bei bestem Wetter über die Bühne. Oder besser: über das alte Rollfeld des ehemaligen Militärflugplatzes.
Internationale Partner bündeln ihre Kompetenzen
Auf 1.500 Quadratmetern entsteht bis zum Herbst eine neue Halle, in der Forschung und Entwicklung unter besten Voraussetzungen möglich sein werden. Zum symbolischen Akt waren zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft angereist. Das Häufchen Erde zum Spatenstich war dementsprechend dicht umlagert.

Auch Sachsens Staatsminister für Regionalentwicklung, Thomas Schmidt (CDU) hatte es sich nicht nehmen lassen, dem zukunftsweisenden Akt beizuwohnen. Immerhin bündelt in der Lessingstadt gerade ein Netzwerk aus internationalen Partnern seine Kompetenzen bei elektrischen und hybriden Antrieben. Dazu gehören neben der Stadt Kamenz auch Fraunhofer-Institute, Universitäten, mehr als 20 Unternehmen verschiedenster Branchen sowie Partner aus Thüringen, Brandenburg, Frankreich, Polen und der Tschechischen Republik.
Kommen Pakete künftig per Drohne?
"Die Entwicklung im Flugwesen war schon immer an großen Pioniergeist gekoppelt", referierte Prof. Dr. Johannes Markmiller vom Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Dresden, der den Gästen per Videochat zugeschaltet war. Nur dem Forschungsdrang einzelner Mutiger sei es zu verdanken, dass sich alles vorwärts entwickelt. Natürlich sei das autonome Fliegen für viele Menschen noch nicht greifbar und werde teilweise skeptisch betrachtet.
Dabei sei der Rückstand Deutschlands in der Drohnentechnologie gegenüber führenden Ländern wie den USA, Israel oder China im militärischen und zivilen Sektor enorm. Während beispielsweise in den Vereinigten Staaten Amazon bereits den Paketversand per Drohne testet, ist das in Deutschland – auch wegen der vielen Regularien – bislang noch nicht einmal absehbar.
Über 200 Arbeitsplätze könnten entstehen
Hier will AEF in den nächsten Jahren ansetzen. Dass das Thema autonomes Fliegen viele bewegt, ist auch an dem großen Interesse spürbar, das es seit Bekanntwerden des Kamenzer Vorhabens gibt. "Wir erhalten wöchentlich Bewerbungen von jungen Leuten, obwohl wir noch nicht einmal Stellen ausgeschrieben haben", sagt Thomas Ernstberger von AEF.
Sollte sich alles planmäßig entwickeln, rechnet das Unternehmen bis 2030/35 mit über 200 Arbeitsplätzen, die geschaffen werden können. Gerade in der strukturschwachen Lausitz wäre dies von großer Bedeutung.
Stadt Kamenz investiert über eine Million
Angesichts dieser Aussichten investiert auch die Stadt Kamenz 2021 noch einmal über eine Million Euro in ihren Verkehrslandeplatz, der vor 30 Jahren aus dem früheren Militärflugplatz entstanden ist. Vor allem die Erschließungskosten für ein neues Rollfeld fallen da hinein. "Sechs weitere unterschiedliche Unternehmen wollen sich hier baldigst ansiedeln", sagt Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos). Die Freude darüber sei groß. "Wir können vor 30 Jahren also nicht ganz falsch gelegen haben! Dass sich nun ein Großforschungszentrum etabliert, ist umso erfreulicher."
Mit 16.000 Flugbewegungen pro Jahr gehört Kamenz zu den gut funktionierenden Verkehrslandeplätzen der Region. Davon gibt es einige. Sie miteinander zu verbinden, wird nun auch Aufgabe sein. Staatsminister Thomas Schmidt lobt die hervorragenden Bedingungen vor Ort. "Wir müssen die vorhandenen Kompetenzen in Sachsen noch besser vernetzen", sagt er. Und Landrat Michael Harig (CDU) meint: "Das ist ein guter Tag für Kamenz. Und ein guter Tag für den Landkreis!"
Wichtig sei bei der Drohnen-Forschung in Kamenz nicht nur das unbemannte Fluggerät selbst, sondern auch die zugehörige Bodeninfrastruktur und die Datenverbindungen zwischen den Komponenten. Der Aufbau eines Reallabors und der Umbau des Towers in ein Innovations- und Seminarzentrum sollen folgen. Vor Ort wird bereits jetzt Software für Drohnen geschrieben. Das Thema 5G-Technologie spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Auch starke Industriepartner haben bereits Interesse an der Forschung geäußert.
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