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Kampf dem Kummer

Freitals Stadtrat Alexander Frenzel plant ein Netzwerk gegen Mobbing an Schulen. Auch andere arbeiten an dem Problem.

Von Annett Heyse
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Wenn die Schule unerträglich wird, weil zunächst kleine Hänseleien und Neckereien
in systematische Schikane ausarten, sprechen Experten von Mobbing. Stadtrat Alexander
Frenzel will den Betroffenen helfen und ein Netzwerk aufbauen, das solche
Fälle auffäng
Wenn die Schule unerträglich wird, weil zunächst kleine Hänseleien und Neckereien in systematische Schikane ausarten, sprechen Experten von Mobbing. Stadtrat Alexander Frenzel will den Betroffenen helfen und ein Netzwerk aufbauen, das solche Fälle auffäng © Foto: Uwe Soeder

Es begann ganz harmlos in der Grundschulzeit. Zunächst waren es nur hinterhergerufene Hänseleien auf dem Nachhauseweg. Dann wurden Stifte weggenommen, später die Hefte zerrissen und Schuhe versteckt. Als das Kind die Klassenfahrt nur noch als endlose Qual empfand, zogen die Eltern die Reißleine. Inzwischen geht das Mädchen auf eine andere Schule, das Lernen macht wieder Spaß. 

Viele solcher Geschichten hat Alexander Frenzel in den vergangenen Wochen gehört. Seit der Freitaler Stadtrat übers Internet eine Initiative gegen Mobbing gestartet hat, vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht angerufen wird oder E-Mails von betroffenen Eltern, Lehrern oder Schülern bekommt. „Wer das nicht selbst erfahren hat, nimmt das gar nicht so wahr: Mobbing gibt es an jeder Schule, das ist ein Riesenthema“, sagt er. Deshalb ruft er nun Betroffene, Außenstehende, Sozialarbeiter, Lehrer, Direktoren, Schülervertreter und Vereine auf, etwas dagegen zu unternehmen. „Ich möchte ein Netzwerk in Freital gründen, das sich des Themas annimmt“, erläutert Frenzel sein Vorhaben. Es gehe um präventive Projekte, um ein Sorgentelefon, um Intervention im Ernstfall, um die Unterstützung und Betreuung von Mobbing-Opfern, aber auch die Arbeit mit den Tätern. „Mobbing ist kein Kavaliersdelikt. Es kann die Leute fertigmachen. In einem Fall  schilderten mir Eltern, dass deren Tochter mit Selbstmord gedroht hatte, weil sie es in der Schule nicht mehr aushielt.“

Der Begriff Mobbing ist gerade mächtig in Mode. Zunächst bezog er sich auf die Arbeitswelt von Erwachsenen. Es geht dabei um ständiges Drangsalieren und Schikanieren, ums Weg- und Herausekeln aus einem Unternehmen. Auf den Alltag von Schülern lässt sich der Begriff locker übertragen. „Es gibt keine Schule, an der es nicht zu solchen Konflikten kommt.

„Wir alle können etwas tun"

Es trifft Grundschüler, Förderschüler, Gymnasiasten, Oberschüler“, sagt Simone Lehmann. Lehmann leitet in Freital das Koordinationsbüro für Soziale Arbeit. Deren Mitarbeiter sind als Sozialarbeiter an den Freitaler Oberschulen unterwegs. „Hilfe für Mobbing-Opfer ist ein Teil unserer Arbeit und er nimmt zu“, sagt Lehmann. Denn leider seien das System Schule und die Sozialen Medien sehr anfällig für eine Mobbing-Kultur, findet Lehmann. 

Den Begriff Mobbing verwendet sie allerdings nicht so gern. Zu fließend sind die Grenzen zwischen ärgerlichen, aber für Kinder auch normalen Hänseleien und Neckereien und den systematischen, regelmäßigen und sich teils über Jahre hinziehenden Schikanen. Lehmann: „Unsere Kinder müssen wieder einen besseren Umgang miteinander lernen. 

Manche können einfach keine Grenzen erkennen oder akzeptieren. Da stimmt etwas nicht und wir – also Eltern, Lehrer, Sozialarbeiter – müssen ihnen bessere Werte vermitteln.“

Seit dem vergangenen Jahr gibt es an jeder Freitaler Oberschule Schulsozialarbeiter. Sie organisieren für alle fünften Klassen eine Projektreihe zum Thema Mobbing. Es geht dabei um das Erkennen und Lösen von Konflikten, aber auch darum, das eigene Selbstbewusstsein zu stärken und die jeweilige Klasse als Team zusammenzuschweißen.

Denn es gibt Kinder, die ideale Opfer abgeben. Angriffsflächen gibt es viele, sagen Experten. Mal sind es Körperstatur und Aussehen, mal sind es die schulischen Leistungen, die vermeintlich falschen Klamotten, die falschen Hobbys. Oder das Elternhaus gibt aus Sicht der Kinder Anlass, Schulkameraden ins Abseits zu stellen. Lehmann: „Es gibt Fälle, die sind richtig krass. Da hilft auch ein klärendes Gespräch erst einmal nicht weiter.“ Mitunter müssten die Schulsozialarbeiter Opfer und Täter über lange Zeiträume begleiten und betreuen. Lehmann: „Das leisten wir natürlich, aber man kann immer noch mehr tun.“ Insofern begrüße sie den Vorstoß des Stadtrats.

Alexander Frenzel sammelt nun erst einmal alle Anregungen und Vorschläge. Sein Ziel ist es, um das bereits bestehende Angebot der Schulsozialarbeit herum professionelle Strukturen aufzubauen, um damit den Mobbern Einhalt zu gebieten und den Betroffenen zu helfen. „Wir alle müssen und können etwas dagegen tun.“

Kontakt zu Alexander Frenzel per E-Mail: [email protected]

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