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Kastanien gegen Starkregen

Die von der Stadt angelegten vier Aufforstungen werden regelmäßig kontrolliert.

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© Udo Lemke

Von Udo Lemke

Meißen. Stefan Weigt überschlägt schnell, wie viele der etwa 40 Zentimeter hohen Esskastanien auf der knapp einen Hektar großen Fläche stehen. „Es dürften etwa 7 000 sein“, erklärt er. Im Amtsdeutsch nennt er sich Forstbetriebsassistent zur Sturmholzbeseitigung. Man könnte auch sagen, er vertritt den Meißener Revierförster Ronald Ennersch. Die knapp 110 Hektar Wald, die der Stadt Meißen gehören, lässt diese durch den Sachsenforst betreuen. Deshalb ist Stefan Weigt jetzt hier oben in Korbitz. Er kontrolliert vier im vergangenen Jahr angelegte Pflanzungen, die verhindern sollen, dass sich wie 2014 bei Starkregen Schlammfluten in die Stadt wälzen. Die Esskastanienpflanzung sieht trotz der Trockenheit gut aus, befindet der studierte Forstwirt. „Die Pflanzen müssen erst einmal die Anwachsphase überstehen“, erklärt er. Dafür, dass sie bereits das zweite Jahr einer Trockenphase ausgesetzt sind, bietet sich ein guter Anblick. Nur auf einer Kuppe, wo naturgemäß am wenigsten Wasser vorhanden ist, zeigen sich einige Lücken. „Es gibt nur wenige Totalausfälle, ich denke, hier stehen noch 90 Prozent der Pflanzen.“

Das angrenzende Getreidefeld ist schon abgeerntet, leuchtend gelb zeigen sich die Stoppeln. Gefährlich wird es, wenn im Frühjahr der Boden nackt ist und Starkregen niedergeht. Dann gibt es, wie 2014 kein Halten mehr. Künftig sollen Pflanzungen wie die der Esskastanien Schlammfluten aufhalten – von den Landwirten ist keine Hilfe zu erwarten. Sie legen weder Gehölzstreifen noch Hecken an, ja nicht einmal Grassäume an den Feldrändern gibt es. Seit Jahrzehnten versagt die Landespolitik, was Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser und Starkregen in der Landwirtschaft betrifft. Die Gemeinden und Städte müssen sich selbst helfen, wollen sie nicht regelmäßig absaufen. Und sie müssen, wenn auch durch Fördermittel unterstützt, diesen Schutz auch selbst bezahlen. „Eigentlich müsste es für alle Kuppen die Auflage geben, Hecken oder Wald anzupflanzen, um das Wasser zurückzuhalten, so wie es in früheren Zeiten gemacht worden ist“, sagt Stefan Weigt.

Im vergangenen Jahr sind oberhalb des Stadtwaldes auch ein Schutzstreifen und ein Becken angelegt worden, um das Triebischtal künftig vor Starkregen bzw. Schlammfluten zu schützen. Rund 54 000 Bäumchen sind auf vier Flächen in Korbitz gepflanzt worden. Insgesamt kommen so 3,6 Hektar neuer Wald auf städtischem Land hinzu. Auf den ehemaligen Feldern sind Bergahorn, Esskastanien, Kiefern, Stieleichen, Vogelkirschen und Winterlinden und Sträucher wie Schlehen gepflanzt worden.

Allerdings ist im Bauausschuss kürzlich der Ausbau des Wirtschaftsweges zwischen den Aufforstungsflächen gekippt worden. Der Neubau eines Holzabfuhrweges wurde vorerst zurückgestellt, stattdessen soll ein sechs Meter breiter, unbefestigter Korridor als Holzabfuhr- und Wanderweg zwischen den Forstflächen frei gehalten werden. Der Grund: Der Ausbau des Weges hätte gut 311 000 Euro gekostet, wovon die Stadt selbst gut 114 000 Euro hätte tragen müssen: „Der erforderliche Fehlbetrag kann nicht aus dem Haushalt bereitgestellt werden. Somit ist die Finanzierung des Bauvorhabens nicht gesichert. Die Ausschreibung wird aufgehoben“, heißt es im entsprechenden Beschluss des Bauausschusses. Davon nicht berührt sind die weiteren für kommendes Jahr geplanten Aufforstungen. Dann sollen noch einmal 4,3 Hektar eines abschüssigen Feldes, das der Stadt gehört, bepflanzt werden.