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Katastrophe Kohlmühle

Die neuen Eigentümer haben im Likolit-Gelände schon einiges verändert. Doch den großen Wurf gibt es zunächst nicht.

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© Dirk Zschiedrich

Von Anja Weber

Hohnstein. Bedrohlich ragen die großen Backsteintürme des ehemaligen Linoleumwerkes Likolit im Sebnitztal in den Himmel. Die trüben vorwinterlichen Herbsttage lassen das Areal in einem schummrigen Licht erscheinen. Dem Betrachter drängen sich unwillkürlich Gruselgeschichten oder Ähnliches auf, aber auch die Frage: Was wird nun wirklich mit dem Areal des ehemaligen Werkes und den Gebäuden und Grundstücken in Kohlmühle? Sieben sind es an der Zahl. Sie alle wurden von der Hanau Straße Projekt GmbH ersteigert. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in München und beschäftigt sich vornehmlich mit dem Kauf und Verkauf von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen. Bei der Auktion hatte die Firma den Komplex für 37 000 Euro ersteigert. Ein Schnäppchen, wie es scheinen könnte.

Mit den neuen Eigentümern hoffen die Einwohner von Kohlmühle nun zum einen, bald einige Schandflecke loszuwerden. Zum anderen hoffen die Mieter in den beiden Wohnhäusern, das die neuen Eigentümer Geld in die Sanierung der Wohngebäude stecken. Hinter der Hanau Straße Projekt GmbH stehen Christoph Jodl und Martin Mayerhofer sowie der Dresdner Film- und Videoproduzent Thomas Eichberg. Er bringt die derzeitige Situation in zwei Worten auf den Punkt: „Katastrophe Kohlmühle“, sagt er. Die Investoren vermeiden bewusst von schicken Häusern und touristischen, kulturellen und sportlichen Anlagen zu schwärmen. Sie haben vorerst ganz andere Sorgen und die liegen in der Vergangenheit des riesigen Industriekomplexes.

Bevor sie sich entschlossen hatten, bei der Versteigerung mitzubieten, haben sie sich das Objekt angeschaut, gemeinsam mit den ehemaligen Geschäftsführern, sagt Christoph Jodl. Und offenbar wurde ihm da so einiges verheimlicht. Zumindest sei nun einiges herausgekommen, was die Investoren vorher so nicht gewusst haben, wie sie selbst sagen. Was sie in den letzten Wochen alles so erfahren haben, lasse ihnen die Haare zu Berge stehen. Es könne nicht sein, dass jahrzehntelang nichts von den zuständigen Behörden wie Umweltamt unternommen wurde und nun alles auf den neuen Eigentümer lasten bleibe, sagt Thomas Eichberg. Derzeit sei man noch bei einer Bestandsaufnahme und wisse eben nicht, was noch alles zutage komme. Der Rundgang mit dem Denkmalamt sei bereits abgeschlossen. Man habe da ein gutes Gefühl. Das große Fabrikgebäude stehe nun Mal unter Denkmalschutz und an Auflagen müssen wir uns halten, sagt Martin Mayerhofer. Doch was jetzt noch alles an spezieller Entsorgung auf sie zukäme, sei noch offen. Der Rundgang mit dem Umweltamt hat zwar stattgefunden. Doch inzwischen sind die Investoren misstrauisch. Denn immer wieder gab es in Kohlmühle auch die Befürchtungen, dass vielleicht in irgendwelchen Keller auch noch giftige Chemikalien lagern. Das wollen die Investoren nicht ausschließen. Denn es könne ja sein, dass es Räume gibt, in die sie noch nicht vorgedrungen sind. Immerhin ist an dem Objekt einiges baufällig, möglicherweise einsturzgefährdet.

Jede Menge fremder Müll

Darüber hinaus wurden enorme Vandalismusschäden festgestellt, die unter anderem auch bei den Abrissarbeiten in den letzten Monaten angerichtet wurden. Doch dies ist nur die eine Seite. Die andere Seite ist, dass noch immer Unbekannte ihren Müll auf dem Gelände ablagern. Und da wird André Albert, der als Projektkoordinator ständig vor Ort ist, ziemlich ärgerlich. „Es gibt hier immer wieder Leute, die sich auf den Grundstücken herumtreiben auch noch mitten in der Nacht“, sagt er. Das könne einfach nicht sein. Schließlich sei das fremdes Eigentum und das könne nicht jeder für sich beanspruchen. In den letzten Wochen musste er unter anderen Couchgarnituren, über 100 gelbe Säcke sowie jede Menge Autoreifen entsorgen, die im September noch nicht da waren. „Egal wer hier auf das Grundstück kommt, es gibt eine Anzeige bei der Polizei“, sagt der Projektkoordinator. Er hat inzwischen auch begonnen, einige Anlagen, wie das ehemalige Bahnhofshotel, von Gestrüpp und Unkraut zu befreien. Außerdem gibt es Kontakte mit den örtlichen Jugendlichen, die sich gern einen Raum in dem Gelände einrichten wollen. „Wir unterstützen das auf jeden Fall und würden die Räume auch renovieren lassen. Allerdings warten wir noch auf einen Mietvertrag von der Stadt Hohnstein“, sagt Christoph Jodl.

Zuerst wollen die Investoren nun versuchen, das Wohnhaus so herzurichten, dass es gut bewohnbar ist. Die Mieter klagen vor allem über ein undichtes Dach und einen kaputten Zugang zum Haus. Bei den anderen Gebäuden ist man noch etwas zurückhaltender. Wenn es möglich wäre, diese ebenfalls in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen, dann werde man das tun. Darüber hinaus gebe es Anfragen von Firmen, die sich in dem Objekt einmieten wollen, sagt Martin Mayerhofer. Auf einen Zeitpunkt wollen sich die Investoren nicht festlegen. Man brauche etwa zwei Jahre um hier mehr Licht in das Areal zu bringen, schätzt Thomas Eichberg. Und dann müsse man sehen, wie das Areal saniert und umgestaltet werden kann. Im Frühjahr soll es einen Tag der offenen Tür geben.