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Flutschutz Döbeln: „Es dauert alles viel zu lange“

Unternehmer Sven Weißflog hat viel in den Flutschutz seiner Häuser investiert. Warum er dennoch noch nicht zufrieden ist.

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Bauunternehmer Sven Weißflog hat hinter seinen Häusern an der Ritterstraße unter anderem eine 80 Zentimeter hohe Mauer errichtet.
Bauunternehmer Sven Weißflog hat hinter seinen Häusern an der Ritterstraße unter anderem eine 80 Zentimeter hohe Mauer errichtet. © Dietmar Thomas

Von Dagmar Doms-Berger

Döbeln. Sven Weißflog wird nicht müde zu mahnen, wenn es um den Flutschutz geht.

Das Thema treibt seinen Blutdruck hoch und ihn an. „Wir müssen dranbleiben“, sagt er. Der aktuelle Pegelstand der Mulde gehört zu seiner täglichen Lektüre. „Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht draufschaue“, sagt der Unternehmer und Stadtrat (FW).

Nach dem letzten Hochwasser 2013 hat er angefangen, in den privaten Flutschutz zu investieren. Das Aufschütten der Grundstücke seiner vier Häuser an der Ritterstraße, das Anlegen eines Deiches und einer Mauer mit einer Höhe von 80 Zentimetern sind nur der sichtbare Teil.

Rund 150.000 Euro hat er bisher in seinen Häusern in Döbeln verbaut, um sie vor Wassermassen zu schützen. Komplett fertig ist er damit noch nicht. Und vor allem: Mit dem derzeitigen Stand bieten die Investitionen längst noch keinen Schutz. „Der Schutz ist gegenwärtig noch bei Null“, sagt er. Was er bisher gebaut hat, erleichtere lediglich das anschließende Reinigen und ist Vorleistung für deren eigentliche Funktion.

Konzept umfasst acht Punkte

Sein Konzept für den Flutschutz umfasst acht Punkte. Die ersten fünf Punkte, die dafür wichtig sind, hat er realisiert. Dies betrifft seine Häuser in der Ritterstraße, das Post-Gebäude, die Dresdner Straße 7/8, Zwingerstraße 22/23 sowie Kleine Kirchgasse 16 und 17.

Dazu gehören die Erneuerung der Außenwände einschließlich des Verschließens der Löcher, der Einbau von Rückschlagklappen und die Entwässerung. Weiterhin die Verwendung von wasserfesten Baustoffen, der Bau von Pumpensümpfen für die Bodenentwässerung sowie das Anlegen von Wasserspeicherflächen (Teiche und Keller).

Nun müssten noch die Dammbalken als äußerer Schutz für Fenster, Türen und Zufahrten eingebaut und die Notstromversorgung mit Trennlastschaltern für die Netztrennung sowie Notfalleinsatzpläne erarbeitet werden. Die letztgenannten Dinge seien aber momentan nicht möglich zu realisieren, weil sie fast doppelt so viel kosten würden, reichlich 300.000 Euro.

Umdenken seitens der Behörden

Dass der Freistaat vor etwa zwei Jahren eine Förderrichtlinie für den privaten Flutschutz aufgelegt habe, sei gut, sagt er. Es handelt sich aber um einen Zuschuss, keine hundertprozentige Kostenübernahme, wie es für den Flutschutz im öffentlichen Raum galt. Ein Zuschuss benötigt eben auch einen Eigenanteil in erheblichem Umfang.

Ein Rückblick: Nach dem Hochwasser 2002 bekam nur derjenige Fördergeld, der alles so aufgebaut hatte, wie es vorher war, ohne den Blick auf einen künftigen Hochwasserschutz zu werfen. „Das war überhaupt nicht durchdacht“, so Weißflog. So mussten etwa Gipskartonwände wieder hochgezogen werden, obwohl es klar war, dass sie bei der nächsten Flut wieder herausgerissen werden würden.

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2013 gab es bei den Betroffenen Frust, weil dieselben Behörden die Frage stellten, weshalb die Eigentümer nach 2002 nicht vorgesorgt hätten. Seitdem habe es aber ein Umdenken seitens der Behörden gegeben, so Weißflog. So wurden nach 2013 Baumaßnahmen gefördert, die eine Veränderung in den Bauten zuließen, etwa das Verlegen von Heizungen und Leitungen.

Arbeiten ruhen seit Herbst 2021

Der Flutschutz im öffentlichen und privaten Raum geht ihm zu schleppend voran. Seit Herbst 2021 ruhen die Arbeiten zum Hochwasserschutz in Döbeln. Und bis es weitergeht, dauert es noch. Der Bereich von der Oberbrücke bis zum Krankenhaus werde voraussichtlich erst 2027 fertig sein. Das Geld dafür werde frühestens im dritten Quartal dieses Jahres bewilligt und erst dann könnten die Bauleistungen ausgeschrieben werden.

Im Bereich unterhalb der Oberbrücke sollen die Bauarbeiten erst 2024 beginnen und sich vier Jahre hinziehen. „Wenn ich daran denke, wie trocken die vergangenen Sommer waren, überkommt mich eine innere Unruhe“, so Weißflog. Als Stichwort fällt die Jahreszahl 2024, dann wären wieder elf Jahre vergangen seit dem letzten Hochwasser.

Neben den schleppenden Arbeiten verweist der Döbelner auf bestehende Schwachstellen. Die 2009 gebaute Flutmauer an der Ritterstraße erhöht den Schutz. Ein Schlupfloch für das Wasser befindet sich seiner Ansicht nach unterhalb der Staupitzmühle, dort sei die Mauer noch nicht fertig, sodass das Wasser im Hochwasserfall auf die Ritterstraße laufen kann.

Binnenentwässerung im Stadtbad hilft nur wenig

Überdies seien die Mauern auf der gegenüber liegenden Seite an der Staupitzstraße nur ein optischer Schutz und dienten der Beruhigung. „Die sind auf Sand gebaut, große Wassermassen werden die Mauern unterspülen, wie bereits 2013 beobachtet.“ Er nennt ein weiteres Beispiel: Im Stadtbad sei eine sogenannte Binnenentwässerung eingebaut worden. Die helfe aber nur wenig, so Weißflog. Sie sei nur in Verbindung mit einer Flutschutzanlage sinnvoll, die in diesem Bereich jedoch noch fehlt.

Die Kegelbrüder am Eingang zur Ritterstraße in Döbeln hatte es bei der Flut im Jahr 2002 umgerissen.
Die Kegelbrüder am Eingang zur Ritterstraße in Döbeln hatte es bei der Flut im Jahr 2002 umgerissen. © Dietmar Thomas

Bei der gesamten Planung des Flutschutzes vermisst der Döbelner den Gesamtblick in Richtung Stadtökologie beziehungsweise Begrünung und das „Leben mit dem Fluss“. „Dass wir es mit einer Klimaveränderung zu tun haben, lässt sich doch nicht bestreiten“, so Weißflog. Kaputte Wälder bedeuten auch weniger Wasserspeicher. Jeder gefällte Baum sei einer zu viel, sagt er.

Ukraine-Krieg, Inflation und steigende Schuldenlast würden das Thema Hochwasser ausblenden. „Wir werden wohl erst wieder aufwachen, wenn wir kniehoch im Schlamm stecken.“