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Jetzt hat die Zschopau in Waldheim mehr Platz

Der Fluss hat 2002 einen riesigen Schaden angerichtet. Doch ein Vorwurf, den viele damals erhoben, erwies sich als falsch.

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Die Innenstadt von Waldheim war 2002 komplett überflutet. Inzwischen wurde viel für den Hochwasserschutz getan.
Die Innenstadt von Waldheim war 2002 komplett überflutet. Inzwischen wurde viel für den Hochwasserschutz getan. © MITGAS Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH

Von Dagmar Doms-Berger

Waldheim. Noch am 11. August 2002, es war ein Sonntag, radelte Steffen Blech, damals Bürgermeister der Stadt Waldheim, bei strahlendem Sonnenschein durch die Dörfer im Zschopautal. Die Bäche führten extrem wenig Wasser.

Seine Feststellung, dass es mal wieder regnen könnte, sollte schon einen Tag später bittere Realität werden und sich zu einer Katastrophe ausweiten. Tiefdruckgebiet Ilse, ein sogenanntes Vb-Tief (ausgesprochen: Fünf-b-Tief), lässt es am Montag, 12. August, in Strömen regnen. Noch ist alles auf Normalität ausgerichtet.

Döbeln plant den Tag der Sachsen. Die Stadtoberhäupter der Region planen mit. Auch Steffen Blech fährt noch zu der Sitzung. Er muss das Gremium früher verlassen. Das Wasser steigt und steigt. In den Nachmittagsstunden richtet er mit einem Mitarbeiterteam einen Krisenstab ein.

Dieser kümmert sich in erster Linie um die Evakuierung der Menschen. „Es war ein Glücksfall, dass sich das AOK-Bildungszentrum in Waldheim befindet und jede Menge Platz bot, um Menschen zu beherbergen“, sagt Steffen Blech rückblickend. Das Hotel „Saturn“ in Hartha stellte 15 Zimmer zur Verfügung.

Innenstadt zwei Meter unter Wasser

Durch Waldheim strömten gigantische Wassermassen. Rund 1.400 Kubikmeter pro Sekunde, normal sind 20 bis 25 Kubikmeter pro Sekunde. Wenige Stunden später war die Innenstadt mit Niederstadt, Niedermarkt und Obermarkt überflutet. Der Marktbrunnen war fast verschwunden, im Foyer des Rathauses war das Wasser bis zur vorletzten Stufe vorgedrungen.

Alles stand rund zwei Meter im Wasser. Die Feuerwehr und das THW waren im Dauereinsatz. Ältere Waldheimer, die noch das Hochwasser von 1954 kannten, waren fassungslos angesichts der Wassermassen.

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Als das Wasser zurückging, war Eile geboten, den Schlamm aus der Stadt und den Häusern zu schaufeln. Es war drückend heiß. Die Schlammmassen drohten zu verkrusten. „Alles, was sich in den Häusern im Erdgeschoss befunden hatte, musste entsorgt werden“, so Blech. Nichts sei mehr zu retten gewesen.

Waldheim erlebte drei Wellen

Blech spricht von drei Wellen, die Waldheim widerfahren sind: von der Flutwelle, der Hilfswelle und der Spendenwelle. Die Hilfe war gigantisch. Helfer kamen gefühlt von überall her, unter anderen aus Dortmund und der Partnerstadt Landsberg.

Bei den Spenden sei es vor allem darum gegangen, sie auch gerecht zu verteilen. Das sei zwar nicht einfach gewesen, so Blech, aber doch gut gelungen. Die Flut von 2002 hatte in der Zschopaustadt rund 38 Millionen Euro Schaden hinterlassen.

An der Stelle der ehemaligen Brückenmühle, die überflutet wurde, steht inzwischen das Turbinenhaus eines Wasserkraftwerkes.
An der Stelle der ehemaligen Brückenmühle, die überflutet wurde, steht inzwischen das Turbinenhaus eines Wasserkraftwerkes. © Dietmar Thomas

Gleich nach der Flut ging der Blick vieler Betroffener in Richtung Talsperre, verbunden mit dem Vorwurf des Fehlverhaltens des Staumeisters. „Das aber war falsch, wie wir heute wissen. Die Studie des Landesamtes hat bewiesen, dass die Talsperre Kriebstein aufgrund ihrer Größe keine Hochwasserschutzfunktion haben kann", so Blech.

Die Bemessungsgrenze der Talsperre liegt bei 214 Zentimeter über NN. Bis minus 30 Zentimeter könne der Staumeister regulieren. Damals wurde diese Grenze um 70 Zentimeter überschritten, das Wasser sei über die Talsperre geschwappt.

Umfassender Flutschutz

In den Folgejahren wurde das Lessing-Werk auf der gleichnamigen Insel abgerissen. „Dadurch haben wir dem Wasser mehr Platz bei Hochwasser gegeben“, sagt Steffen Blech. Der technische Hochwasserschutz mit Mauern spielte in Waldheim keine Rolle.

Das sei keine Option gewesen. Auch Spundwände wären wenig sinnvoll gewesen, so Blech. An der Zschopaubrücke Waldheim war es zu Verklausungen von Treibgut gekommen. Zum Hochwasserschutz wurden etliche Tonnen Gesteinsmassen aus der Zschopau gebaggert.

Die Bagger arbeiteten sich von der Innenstadt bis zur Niederstadt vor. Das verschaffte der Zschopau mehr Platz, senkte die Fließgeschwindigkeit. Bis 2006 war dies abgeschlossen. Rund vier Millionen Euro wurden investiert. Die

Böschung an der Zschopau wurde erneuert, das Wehr in Meinsberg umgebaut, die Ufermauern wurden teilweise neu gebaut, die Zschopau wurde im Bereich der Rathausbrücke erweitert. Die Konzentration lag ebenso auf dem Alarmierungssystem, das inzwischen rund 300 Hauseigentümer und Gewerbetreibende erfasst.

Die Menschen weiter sensibilisieren

Wichtig bleibe, die Menschen immer wieder für das Thema Hochwasser zu sensibilisieren. Denn es könne keinen absoluten Schutz vor einer Flut geben, so Blech. „Ziel ist, Schäden zu vermeiden, indem man zum Beispiel wichtige Dinge aus den Kellern und Erdgeschossen in die obere Etage bringt.“

So, wie es die Stadt für den Ratskeller umgesetzt hat. Nach dem Hochwasser 2013 habe man gemeinsam mit der Pächterin Kathrin Kreyser-Zeuner entschieden, die Küche eine Etage höher einzubauen, „ins Ordnungsamt“, an das noch ein Erweiterungsbau auf Stelzen gesetzt wurde.

Alles dient dem Zweck, den Schaden künftig geringer zu halten. Schon bei kleineren Hochwassern drückte das Wasser von unten in die Küche, zog zwar keinen Totalschaden nach sich, aber ständige Sanierungen und Reparaturen.

Ausstellung 20 Jahre Flut

  • Die neue Sonderausstellung im Stadt- und Museumshaus Waldheim widmet sich dem Thema 20 Jahre Augusthochwasser 2002 in Waldheim.
  • Anhand von Fotos und anderen Dingen von Zeitzeugen soll an diese Naturkatastrophe erinnert werden.
  • Das Hochwasser hat Schäden in Höhe von rund 38 Millionen Euro allein in Waldheim hinterlassen.
  • Betroffen waren 166 Grundstücke, 98 Gewerbetreibende, 74 Haushalte mit 181 Personen und 4 Vereine.
  • Die Sonderausstellung wird am Freitag, 12. August, 17 Uhr, eröffnet.
  • Weitere Aktion: Führung durch die Kläranlage. Treffpunkt: Dienstag, 16. August, 17 Uhr, am Stadt- und Museumshaus