Waldbrände: Die Katastrophe nach der Katastrophe verhindern

Die Sächsische Schweiz kommt nicht raus aus dem Krisenmodus. Mit der Natur leidet eine ganze Region voller Menschen, die gerade dabei waren, sich etwas zu erholen. Was brauchen sie jetzt, wer muss was tun und wie geht es weiter? Ralf Thiele, der geschäftsführende Gesellschafter der Pura Hotels GmbH und Lebenshilfe-Vorsitzende, hat konkrete Vorstellungen und Ideen, sie umzusetzen.
Am Freitagmorgen lag das Elbtal im Rauchdunst und es roch wieder stark nach dem Qualm des Brandes. Wie geht es Ihnen da, wenn Sie nach Krippen auf Arbeit fahren, Herr Thiele?
Es ist eine Mischung. Es macht mich natürlich traurig. Ich versuche aber, rational zu überlegen, was nun zu tun ist, was müssen die nächsten Schritte sein. Dabei denke ich an die Region, um die geht es mir, und darum, sie nach vorn zu denken.
Am Freitagvormittag verließen viele Urlauber Bad Schandau. Da scheint es schwer, vorwärtszudenken, für Gäste wie Einheimische ...
Am Donnerstag gab es überall sehr viele Stornierungen. Die Geruchsbelästigungen, Blaulicht, Sirenen, Hubschrauber. Das ist nicht die Urlaubsatmosphäre, die man sich wünscht. Das muss man respektieren. Aber ich sehe in all diesen Geräuschen auch, dass mit hoher Intensität daran gearbeitet wird, dass alle an einem Strang ziehen und alle alles dafür tun, dass der Waldbrand bekämpft wird.
Trotzdem und gerade deshalb wird um jeden Touristen geworben. Wie geht das zusammen?
Waldbetretungsverbot und Katastrophenalarm sind deprimierende und alarmierende Begriffe. Das Betretungsverbot finde ich korrekt, auch wenn es schmerzlich ist. Man muss es den Leuten aber erklären, dass es notwendig ist, weil es keine Kapazitäten mehr gibt, wenn noch anderswo etwas passiert. Genau wie beim Katastrophenalarm, da denken die Leute, die gerade ihren Urlaub hier stornieren, hier brennt es flächendeckend und lichterloh, was man nachvollziehen kann. Man hätte den Begriff besser erklären können. Es gibt aber ganz andere Probleme und Aufgaben.
Welche?
Die erste ist, das Feuer so schnell wie möglich zu löschen. Auch um die touristische Infrastruktur zu schützen. Hier leben Natur, Kultur, Tourismus miteinander und voneinander. Das müssen wir erhalten.
Die von und in diesem Kreislauf lebenden Menschen in der Region hofften, jetzt in der Urlaubssaison ein bisschen wieder aufzuholen, was die vergangenen beiden Jahre verloren ging. Nun wieder so ein Schlag. Wie sollen sie sich davon erholen?
Ja, die Saison ist scheinbar schon verloren, wenn nicht sofort gegengesteuert wird. Es wird teilweise schon bis in den Oktober storniert. Die letzten Hochwasser und Corona hatten bereits einen Personalverlust und Imageverlust in der Branche zur Folge. Jetzt muss die Politik klare Ansagen machen und konkrete Hilfen leisten, damit die Unternehmen und damit die Beschäftigten eine Perspektive sehen. Unkompliziertes Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfe ... Ich bemühe mich um einen Termin mit dem Wirtschaftsminister und der IHK Anfang kommender Woche. Es muss jetzt ein Signal gesendet werden, dass die Region lebt. Der August muss für eine Trendwende und eine Kampagne für einen guten Herbst genutzt werden. Da müssen Verbände, Ministerien, alle helfen. Wir müssen die Katastrophe nach der Katastrophe verhindern.
Die Region ist gebeutelt von Hochwassern, Corona, jetzt. Was noch kommt, weiß niemand. Jedes Mal mussten Unternehmen aufgeben, sind die Kreisläufe, in denen einer auf den anderen angewiesen ist, unterbrochen worden. Immer haben sich die Menschen auch wieder aufgerappelt. Wie oft geht das noch?
Ja, wie viel Platz ist da im Kopf für noch eine Krise ... Nach zwei Jahren braucht auch die Seele das Gefühl, etwas schaffen zu können. Und deshalb muss es das Signal der Politik an die Menschen geben, dass sie Bescheid weiß und was passiert. Die Branche braucht die Bestätigung, dass es sich lohnt, etwas zu machen, und dass sie respektvoll anerkannt wird. Wo soll denn künftig der Urlaub stattfinden, wenn es die, die den Urlaub ermöglichen, nicht mehr gibt? Urlaub ist ein wichtiger Baustein in unserem Leben. Und auch das ist ein Kreislauf. Der Urlaub hier ist wegen der Kulturlandschaft so gefragt - und wird das auch weiterhin sein - und erwirtschaftet auch wieder das, um sie zu erhalten. Der Malerweg zeigt das ganz besonders. Er ist Geschichte, Kunst, Natur, Tourismus. Da darf keine Branche über die andere gestellt werden.
- Noch mehr Nachrichten aus Pirna, Freital, Dippoldiswalde und Sebnitz.
30 Jahre nach der Wende stehen viele kleine und mittelständische Gastgeber vor einem Generationenwechsel. Schon gibt es erste Häuser, die keinen Nachfolger finden. Das könnte durch die jetzige Situation beschleunigt werden. Und dann ist irgendwie die Natur wieder hergestellt, aber eben keiner mehr da, der Urlaub anbiete t...
Wer hat noch Lust, wenn es ständig von außen neue Probleme gibt? Ich habe totalen Respekt vor jedem, der sich in die Selbstständigkeit wagt. Es ist der Mittelstand, der den Erfolg der deutschen Volkswirtschaft trägt. Die Politik muss all diese Kreisläufe und ihre Wechselwirkungen erkennen und entsprechend reagieren. Dabei will ich helfen.