Waldbrand in Tschechien: Entspannung in der Böhmischen Schweiz

Als es urplötzlich von oben nass wird, muss sich der TV-Reporter erst vergewissern. Doch, es handelt sich in der Tat um Regentropfen, nicht um Spritzer aus einem der Behälter, die von den Militärhubschraubern zur Brandbekämpfung mit dem Nass der Elbe gefüllt und zu den Glutnestern geflogen werden. Doch von langer Dauer ist der matte Schauer nicht. Petrus hat den Hilferuf des tschechischen Innenministers Vít Rakušan nicht erhört: „Mehrere Tage richtiger Regen. Das ist das, was wir hier jetzt brauchen!“
Dennoch: es gibt leichte Entspannung aus der Böhmischen Schweiz zu vermelden. Folgt man den Worten des Bürgermeisters von Hřensko (Herrnskretschen), Zdeněk Pánek, dann ist der in normalen Zeiten gern besuchte Grenzort zu Sachsen „außer Gefahr“. Pánek benutzt zwar sicherheitshalber noch das Wort „vorerst“. Aber er ist sicher, dass der Ort das Schlimmste hinter sich hat.
Am Abend zuvor sah es noch anders aus. Da fraß sich ein Brandherd ausgerechnet durch Bäume und niederes Gehölz oberhalb der Tankstelle des Ortes kurz vor dem Grenzübergang. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn das Feuer nicht hätte aufgehalten werden können.
3.000 Euro Soforthilfe
Die Bewohner von Hřensko sind Schlimmes gewöhnt. Eine womöglich explodierende Tankstelle gehörte noch nicht dazu. Mit einem Schuss Galgenhumor erinnert Emílie Vrzalová an das, was in den letzten Jahren alles so passiert ist in ihrem Heimatort: „Zwei Elbhochwasser, zwischendurch der Orkan Kyrill. Und nun das Feuer. Ich frage mich, was es an Katastrophen gibt, die wir noch nicht hatten. Ja, vielleicht kommt ja irgendwann noch ein Erdbeben.“
Wer zu den Geschädigten gehört, kann bei den Behörden um finanzielle Soforthilfe nachsuchen. Umgerechnet knapp 3.000 Euro pro Person, die für das Erste reichen müssen.
Evakuiert werden musste das Haus von Frau Vrzalová glücklicherweise nicht. Es liegt auf der Seite der Kamenice, deren Häuser sich nicht unter Sandsteinfelsen schmiegen, auf denen es vor allem brannte. „An Schlafen war dennoch nicht zu denken. Ich bin viel zu aufgeregt.“ Auch, weil sie an das viel schwerere Schicksal der Leute denkt, die im Ortsteil Mezná ihre Häuser und damit ihr Hab und Gut verloren haben. „Wir Einheimischen kennen uns ja alle untereinander. Da fühlt man zwangsläufig mit. Sprechen konnte ich noch mit niemandem. Alle sind nach Děčín (Tetschen-Bodenbach) in die Turnhalle gebracht worden.“
Italienische Spezialflugzeuge helfen
In besagter Turnhalle trafen in der Nacht zum Mittwoch auch rund 450 Menschen ein, die vorsichtshalber aus ihren Häusern in der Böhmischen Schweiz mussten. Die konnten am Mittwochfrüh aufatmen: Die Feuerwehren hatten in der Dunkelheit und trotz neuerlich aufkommenden Windes ihre Stellung gehalten. Unter Aufbietung aller Kräfte, bis zur völligen Erschöpfung. Viele von ihnen wurden im Tagesverlauf von frischen Wehren abgelöst. Von denen, die teilweise seit Sonntag schon im Einsatz waren, ist niemand ernstlich verletzt worden. Aber die Fotos, die von Feuerwehr-Fotografen gemacht und teilweise im Fernsehen gezeigt und in sozialen Medien veröffentlicht wurden, sprechen Bände. Und sie verraten auch, weshalb bei internationalen Feuerwehr-Wettkämpfen in der Regel die Tschechen und die Deutschen um den ersten Platz kämpfen.
Premierminister Petr Fiala hat sich am Mittwoch nach der Regierungssitzung erneut bei Deutschland, Polen, der Slowakei und Italiens für die Hilfe bedankt. Zwei italienische Spezialflugzeuge trafen am Mittwochnachmittag ein. Sie können auf einen Schlag sechstausend Liter aus der Elbe holen, doppelt so viel wie in die Wasserbehälter der Hubschrauber passt.
Ob sie in Hřensko noch gebraucht werden, muss man abwarten. Aber an anderen Stellen der Böhmischen Schweiz flackern immer wieder neue Glutnester auf. Endgültig gewonnen ist der Kampf gegen die Flammen jedenfalls noch nicht. Für das Prebischtor und das „Falkennest“ hat das Bangen bislang gelohnt. Sie wurden vom Feuer glücklicherweise verschont. Vorerst.