Von Michael Rothe und Ulrich Wolf
Radebeul/Würzburg. Chaos-Tage beim drittgrößten Druckmaschinenbauer der Welt Koenig & Bauer (KBA) in Würzburg: Nachdem das Unternehmen mit seinem Standort Radebeul gerade erst erklärt hatte, die Bilanz einen Monat später Ende April vorzulegen (die SZ berichtete vorige Woche), drängte der Aufsichtsrat gestern doch auf Veröffentlichung vorläufiger Zahlen.
Und die sind verheerend: Umsatzeinbruch um zehn auf 1,53 Milliarden Euro, Auftragsrückgang um 20 Prozent, insgesamt 85 Millionen Euro Vorsteuerverlust – verursacht durch ein Minus von 180 Millionen Euro bei Bogendruckmaschinen aus Radebeul. Da half auch der Gewinn im Rollendruck wenig.
Daraufhin erklärte KBA-Chef Albrecht Bolza-Schünemann, der in Radebeul lebt, seinen Rücktritt. Sein Sprecher Klaus Schmidt sagte der SZ, Bolza sei die Entscheidung „sehr schwer gefallen“, denn er hänge nach 18 Jahren an Ort und Werk. Der 57-Jährige glaube aber, „dass andere mit mehr Distanz die nötigen Einschnitte konsequenter und schneller realisieren können als er“. Schließlich habe Bolza nach der Wende in Radebeul schon mal mehr als 4000 Beschäftigte abbauen müssen, dem als „Planeta“ bekannten Werk den Erfolg zurückgebracht und MAN Roland und Heidelberg Marktanteile abgejagt.
Das erkennt auch die Industriegewerkschaft (IG) Metall an. „Schade, dass der, der alles auf solide Beine gestellt hat, nun geht“, sagte der Dresdner IG Metall-Chef Willi Eisele. Bolza habe Verantwortung übernommen, „aber die eigentlich Schuldigen aus dem mittleren Management bleiben“, so der Gewerkschafter. Eisele schwant nichts Gutes für die Radebeuler. Mit dem gestern vom Aufsichtsrat gewählten Nachfolger Helge Hansen, „kommt ein Mann von außen, ein Ex-Banker ohne Bindung an das Unternehmen, der die Sache betriebswirtschaftlich und knallhart durchziehen wird“, so die Befürchtung.
Hansen, bislang Finanzchef, verhandelt seit Kurzem mit IG Metall und Betriebsrat über den Abbau von bislang 535 Beschäftigten. 135 davon hatten befristete Verträge oder waren in Altersteilzeit. Wegen des Beschäftigungspakts bis Februar 2010 braucht KBA für Kündigungen das Ja der Gewerkschaft.
Nun sollen die Einschnitte noch größer werden. Laut KBA-Sprecher Schmidt „kommen schrittweise noch 300 obendrauf“. Die IG Metall spricht von „bis zu 250, die die Geschäftsleitung ab September bewilligt haben will“. Grundsätzlich sei die Belegschaft von Planeta, bis vor Kurzem mit 2200 Leuten noch einer der größten Maschinenbauer im Osten, zu Opfern bereit. Aber nicht ohne Gegenleistung: „Zuerst muss die Arbeitszeit wieder auf die tariflichen 38 Stunden runtergefahren werden“, sagt Willi Eisele. Bislang hätten sich die Kollegen mit zwei zusätzlichen Wochenstunden die – vermeintlich – sicheren Jobs erkauft. Außerdem brauche es „konkrete Aussagen, ob der Laden zukunftssicher und wo die Schmerzgrenze ist“. Dafür bleibe den Chefs nicht viel Zeit, denn Ende April wartet die Öffentlichkeit auf die offiziellen Zahlen – darunter Banken und Aktionäre.