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Kein anderer Ausweg aus der Spielsucht?

Ein 61-Jähriger hat gestanden, seine Ehefrau erschlagen zu haben. Warum sie sterben musste, ist ein Rätsel.

Von Alexander Schneider
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Helmut K., hier im Gespräch mit seinem Verteidiger Jürgen Saupe, steht seit Freitag wegen Mordes vor dem Landgericht Dresden. Er hat gestanden, seine Frau erschlagen zu haben. Als Grund nannte er eine „hoffnungslose Überschuldung“.
Helmut K., hier im Gespräch mit seinem Verteidiger Jürgen Saupe, steht seit Freitag wegen Mordes vor dem Landgericht Dresden. Er hat gestanden, seine Frau erschlagen zu haben. Als Grund nannte er eine „hoffnungslose Überschuldung“. © René Meinig

Es ist eine brutale, blutige Tat. In der Nacht zum 17. Juni dieses Jahres tötet Helmut K. aus Leubnitz-Neuostra seine Frau. Er geht an jenem frühen Sonntagmorgen zu ihr ans Bett und erschlägt seine schlafende Partnerin mit einem Hammer. Zwei Tage danach ist der 61-Jährige in Dresden unterwegs, ruft die Polizei an und sagt, was passiert ist. Später wird er in der Thomas-Mann-Straße festgenommen, wo die Beamten gerade dabei sind, den Tatort in der Erdgeschosswohnung des Mehrfamilienhauses zu untersuchen.

Seit Freitag geht es um die Frage, warum Erika W. sterben musste. Die Rentnerin wurde 77 Jahre alt, mehr als 40 Jahre hatte sie in jener Wohnung gelebt, in der ihr Mann sie getötet hat. Der 61-Jährige muss sich nun wegen Mordes vor einer Schwurgerichtskammer des Landgerichts Dresden verantworten. Oberstaatsanwalt Silvio Helmert wirft dem Angeklagten vor, die Tat aus Heimtücke begangen zu haben. Mindestens neunmal habe der Angeklagte mit dem ein Kilo schweren Fäustel auf den Schädel der 77-jährigen eingeschlagen, heißt es in der Anklage. Erika W. erlitt zahlreiche Frakturen. Während es nie Zweifel gab, dass ein anderer Täter für den Tod der Frau verantwortlich sein könnte, gibt es offenbar jedoch keine plausible Antwort auf die Frage, warum die Frau sterben musste.

Statt zur Arbeit ins Spielcasino

In seinem Geständnis sagt K. er könne es sich nicht erklären. Er habe an jenem Wochenende auch versucht, sich selbst das Leben zu nehmen, und Medikamente genommen. Er habe jedoch nichts gespürt. Der 61-Jährige gibt zu, „hoffnungslos“überschuldet gewesen zu sein. Seine Frau und er seien regelmäßig in Spielcasinos gegangen. „Zwei-, dreimal im Monat, manchmal gar nicht“, sagt K. Dass er spielsüchtig ist, bestreitet er zunächst zumindest indirekt. Er habe zwar schon sein „erstes Lehrgeld“ als Teenager in Automaten geworfen, es habe jedoch auch Phasen gegeben, manchmal mehrere Jahre, in denen er überhaupt nicht gezockt habe.

Energisch verteidigt er das Glücksspiel, selbst als der Vorsitzende Richter Martin Uebele fragt, ob die Gewinnchancen ohnehin nicht groß seien. „Wenn wir häufiger gespielt hätten, wäre das Ergebnis besser gewesen“, antwortet Helmut K. Den tieferen Sinn dieser Antwort versteht man erst am Nachmittag, als K.s Arbeitskollege als Zeuge aussagt. Anfangs habe sich K. stets zur Taxi-Übergabe verspätet, sagt der Mann. „Manchmal eineinhalb Stunden.“ K. soll in Spielotheken gewesen sein, meist am Flughafen in Klotzsche. 

5000 Euro vom Kollegen geliehen

Der Zeuge wird intensiv befragt, muss schließlich zerknirscht zugeben, dass er im Mai, nur Wochen vor der Tat, seinem Kollegen 5 000 Euro geliehen habe. Er habe von K.s Spielsucht gewusst, auch seiner Chefin davon erzählt. Wieso er einem Spielsüchtigen Geld leihe, fragt der Richter. Er frage nicht, wenn er Menschen in Not helfen kann, antwortet der Taxifahrer.

Der Angeklagte hatte zuvor berichtet, dass die Drewag ihm am 19. Juni den Strom abstellen wollte. Dann hätte seine Frau mitbekommen, dass kein Geld mehr da ist. Das habe ihn unter Druck gesetzt. Hinzu kam, dass er am Freitag vor der Tat gefeuert wurde. Er hatte während der Arbeitszeit gezockt und offenbar immer wieder in die Taxi-Kasse gegriffen.

Das Urteil wird am kommenden Donnerstag erwartet. Bis dahin ist wohl noch mit weiteren unangenehmen Neuigkeiten zu rechnen. Angehörige, die den Prozess beobachten, sagen, K. habe mehrfach das Konto seiner Ehefrau geplündert und lautstark mit ihr gestritten.