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Kein Deal mit dem Dealer

Um eine Haftstrafe zu vermeiden, hat ein Meißner Drogendealer nur eine Chance. Er vergibt sie kläglich.

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© Daniel Karmann/dpa

Von Jürgen Müller

Meißen. Das sieht gar nicht gut aus für den 27-jährigen Meißner. Erst im vergangenen Jahr wurde er wegen Drogenhandels zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Am Montag saß er wieder vor Gericht. 34 Mal soll er diesmal mit Drogen gehandelt haben. Doch was viel schwerer wiegt, ist der zweite Vorwurf. Denn in weiteren sechs Fällen soll der gebürtige Dresdner Marihuana an einen jungen Mann, der unter 18 Jahre alt und damit minderjährig war, verkauft haben. Für jede einzelne Tat sieht das Gesetz mindestens ein Jahr Gefängnis vor. Weil die jetzt angeklagten Taten vor den bereits verurteilten begangen wurden, wird eine Gesamtstrafe gebildet. Dann auf ein Strafmaß zu kommen, das noch Raum für Bewährung lässt, also maximal zwei Jahre, ist nahezu unmöglich. Der Meißner hat nur eine einzige, minimale Chance. Nur ein umfassendes Geständnis kann ihn eventuell vor der Haft retten. Umso unverständlicher, dass ihm sein Anwalt rät, gar nichts zu sagen. Als der Staatsanwalt die Lage des Angeklagten deutlich macht, will der Verteidiger eine Verständigung, also eine Absprache über das zu erwartende Urteil im Falle eines Geständnisses. Doch der Vorsitzende des Schöffengerichts ist nicht kompromissbereit: „Wir dealen nicht mit Dealern.“

Letztlich macht der Angeklagte doch noch eine Aussage. Er sei nur Bote gewesen für einen anderen Dealer, habe lediglich Umschläge ausgetauscht. Wie viel Rauschgift und wie viel Geld sich in den Umschlägen befanden, will er nicht gewusst haben. Dass der Empfänger noch keine 18 Jahre alt war, sei ihm ebenfalls nicht bekannt gewesen. Bei der Polizei hatte er noch etwas anderes ausgesagt. Ihm sei klar gewesen, dass der junge Mann unter 18 Jahre alt war, hatte er dort zu Protokoll gegeben. Diese Aussage zieht er jetzt zurück. Er habe unter Druck gestanden, sei überfordert gewesen, die Polizisten hätten ihm Untersuchungshaft angedroht, sagt er. Auch Geld habe er nicht erhalten. Der Dealer, für den er Botendienste machte, habe ihm lediglich Schulden erlassen, so um die 4000 Euro.

Pech für ihn: Sein Dealer hat alle Geschäfte akribisch in einem Notizbuch aufgeschrieben, Grammzahlen und Preise inklusive. Das Notizbuch sei von der Polizei „überinterpretiert“ worden, so der Verteidiger. Dort seien auch „Angebote“ enthalten, die letztlich gar nicht zustande gekommen seien. Das bestätigt auch der Dealer, für den der Angeklagte arbeitete. „Ich habe seine Notlage ausgenutzt, damit er Botengänge für mich macht“, sagt er. Er nimmt alle Schuld auf sich. Das ist keine Kunst, denn sein Verfahren ist abgeschlossen, er wurde verurteilt. Dumm nur, dass er unter Bewährung steht. Da macht sich eine Falschaussage vor Gericht gar nicht gut.

Von den 34 Fällen des Drogenhandels bleiben letztlich vier übrig, die gibt der Angeklagte zu. Die anderen Punkte werden wegen der zu erwartenden Verurteilung wegen der anderen Taten eingestellt. Vor allem, dass er Drogen an einen Minderjährigen abgab, fällt ihm nun auf die Füße. Das Schöffengericht verurteilt ihn zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Bewährung ist hier nicht mehr drin. Bei einem Geständnis hätte er mit etwa 30 Prozent „Rabatt“ rechnen können. Hätte gerade noch reichen können für Bewährung. Chance kläglich vertan. Außerdem wurde Wertersatz von 4 330 Euro angeordnet. Das ist das Geld, dass er mindestens durch die Drogenverkäufe einnahm. Dieses Geld muss er nun zurückzahlen.