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Kein Fischzug mehr an der Leipziger Straße in Görlitz

Matthias Wiedemann gibt sein Angelgeschäft auf. Die Umsätze gingen zurück.

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© nikolaischmidt.de

Von Matthias Klaus

Das verflixte siebte Jahr. „Das trifft es bei mir“, sagt Matthias Wiedemann. Nach sieben Jahren ist mit seinem Geschäft an der Leipziger Straße Ecke Landeskronstraße Schluss. An die Schaufensterscheiben hat Matthias Wiedemann geschrieben, dass er am 31. Dezember die „Angelsport und Freizeitwelt Görlitz“ schließt. Aber so lange will der Geschäftsinhaber doch nicht mehr warten. „Am Sonnabendmittag ist hier alles vorbei, dann war es das mit dem Geschäft“, sagt Matthias Wiedemann.

Der Mann, geboren 1966, läuft ein bisschen unruhig durch die Geschäftsräume, steckt sich eine Zigarette an. „Woran es gelegen hat? Was willst du hören? Dass, was dir alle erzählen, die einen Laden schließen müssen“, sagt er. Die Lage des Geschäftes sei es nicht gewesen. Und auf Laufkundschaft habe er sich auch nicht ausschließlich konzentriert. „Ab und zu kommen ja Touristen hier vorbei. Aber wenn, dann kaufen sie nur Kleinigkeiten. Ist ja auch verständlich. Wer will denn mit einer Angelrute durch die Gegend rennen.“ Matthias Wiedemann nimmt einen tiefen Zug von seiner Zigarette und drückt den Rest aus. Mit Stammkunden habe es auf Dauer eben nicht funktioniert, wirtschaftlich gesehen. „Dazu kommt das Internet. Das ist für einen Einzelhändler wie mich ein großes Problem“, sagt er und schlendert an den Regalen vorbei. Fast alle Waren tragen einen roten Aufkleber. Alles muss raus, Sonderpreise, bedeuten die. „Wenn es in den vergangenen Jahren mit dem Verkauf so gut geklappt hätte, wie in der Zeit, in der ich hier Ausverkauf mache, hätte ich nicht schließen müssen“, sagt Matthias Wiedemann ein bisschen bitter.

Inzwischen ist ein Großteil der Ware raus. „Hörst du das? Der Laden hat schon ein Echo.“ Etwas Sarkasmus ist dabei, wenn der Geschäftsinhaber über das Aus seiner 230-Quadratmeter-Freizeitwelt spricht. Ja, sagt er, es habe in der Vergangenheit immer eine leichte Umsatzsteigerung gegeben. Aber ausgereicht hat es am Ende nicht. „Die Nebenkosten sind gestiegen, ach hör auf ...“ Matthias Wiedemann winkt ab. Der Vermieter sei dabei sehr kulant gewesen. Heute will er das Gewerbe abmelden. Matthias Wiedemann ist Maschinenbauingenieur. Er hat in Görlitz studiert. Kurz nach der Wende fand er aber keinen Job. „Da waren Jungingenieure mit zehn Jahren Berufserfahrung gefragt“, erzählt er. Matthias Wiedemann ging in den Außendienst, seine Firma schickte ihn nach Osteuropa, vor allem Polen, Tschechien, aber auch schon mal bis Litauen, per Flugzeug und Auto. „Einmal war ich einen ganzen Monat unterwegs. Da musste schon ein großer Reisekoffer mit“, erinnert er sich. Als sich andeutete, dass die Firma aufgelöst wird, hatte er zwei Jahre Zeit, sich über die Zukunft Gedanken zu machen. Matthias Wiedemann ist Angler, machte, wie es so schön heißt, sein Hobby zum Beruf. Jetzt muss er sich arbeitslos melden.

Der Noch-Geschäftsmann schaut aus der Schaufensterscheibe und deutet auf die Landeskronstraße. „Als ich angefangen habe, war hier ein Bäcker, ein Fleischer, ein Lottoladen, ein Blumenladen. Alles weg. Erst im vergangenen Jahr sind wieder Geschäfte in die Gegend gezogen“, sagt er. Was Matthias Wiedemann in Zukunft beruflich machen wird, er weiß es noch nicht. Seine Familie stehe hinter ihm. Matthias Wiedemann übt sich wieder ein bisschen im Sarkasmus: „Vielleicht mache ich erst einmal drei Jahre Urlaub und eine Weltreise.“