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Kein Schnee? Kein Problem!

Pistenjäger probierten in Nossen Grasski. Skierfahrung ist dafür aber notwendig.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Möller

Nossen. Für den Ungeübten ein wagemutig erscheinendes Unterfangen – für Könner das reinste Vergnügen: Eine steile Piste herunterfahren und bei hohem Tempo elegant um die Slalomstangen kurven. Um gut Skifahren zu können, braucht es etwas Erfahrung. Für gewöhnlich braucht es aber eben auch Schnee und eine gute Piste – im Sommer ist beides zusammen in unseren Breitengraden kaum zu finden. Eine gute Piste hat der Ski-Club Nossen ohne Frage: Über gut 150 Meter Länge geht es in der Rodigtschlucht etwa 40 Meter in die Tiefe – die entsprechende Steigung ist beachtlich. Und deshalb steht nun auch alles bereit – bis unten zur Skihütte kann man die Slalomstangen beobachten, wie sie ganz leicht im Wind wippen. Aber etwas fehlt doch noch, mag man denken, und zwar der Schnee. Falsch gedacht!

Beim sogenannten Gras-Ski nämlich braucht es keinen Schnee. Im Gegenteil, Schneefall wäre einer der wenigen Fälle, die das Wetter für Gras-Ski untauglich machen. Bei etwas regnerischem Wetter wie heute hingegen, fährt sich das Konstrukt aus Rollen, Metallschiene und Gurt umso besser. Wer sich an die Nossener Rodigtschlucht heranwagt, kann sich heute beim Gras-Ski-Schnuppertraining des Ski-Club Nossen probieren. Von einer gut zwei Meter hohen Anlauframpe herab geht es dann mit viel Schwung auf die Piste, welche den Vorteil hat, dass hinter dem Hang wieder ein Anstieg kommt, der die Ski entschleunigt. „Beim Gras-Ski kann man nicht bremsen, man muss auf Kante fahren wie etwa ein Motorrad – sonst stürzt man.“, sagt Gerd Seidel, Chef vom Ski-Club Nossen.

Deshalb sei es auch notwendig, bereits Skifahren zu können, bevor man Gras-Ski fährt. Einer der es kann, ist Elias Herrmann. Im Gras-Ski ist der 15-Jährige europaweit bereits einer der besten seiner Altersklasse, ist aber auch im alpinen Riesenslalom erfolgreich. „Mir gefällt beides gut“, sagt Elias. Gras-Ski sei natürlich unabhängiger vom Wetter – dementsprechend biete es mehr Trainingsmöglichkeiten. Dafür ist es wegen der größeren Reibung zwischen Boden und Ski etwas langsamer. Trotzdem gefällt Elias beides gleichermaßen. Ebenso sieht es übrigens seine kleine Schwester, die 6-Jährige Helene Herrmann. Sie fährt Ski und war auch schon einige Male auf Gras-Skiern unterwegs. In der Rodigtschlucht ist sie heute zum ersten Mal. Das Talent zum Skifahren scheint in der Familie zu liegen.

Nach dem Schnuppertraining wird in der Rodigtschlucht sogar um Pokale gefahren. Da wäre zum einen das Gleichmäßigkeitsrennen aus der FIS-Kids-Serie, bei dem es darum geht, die Fahrzeit des ersten Laufes möglichst exakt noch einmal zu fahren und zum anderen ein Geschwindigkeitsrennen: Die Schnellste und der Schnellste werden jeweils mit einem vom Bürgermeister gesponsorten Pokal prämiert. Mit um den Pokal kämpfen auch Miriam Dietrich und Julia Jähnige vom Ski-Club Nossen, die gerade schon einige Probeläufe auf der Piste starten. „Wir fahren im Sommer so lange und so oft es geht Gras-Ski“, sagt Julia. Das eine Alternative zum Inlineskaten, mit der sich Skifahrer im Sommer fit halten. Gras-Ski allerdings sei um einiges schwieriger.

Der Ski-Club Nossen hat rund 200 Mitglieder. Zehn der Sportler sind Alpiner, weitere zwei an einer Sportschule. Auf die Rodigtschlucht als Piste ist man sehr stolz. „So eine Piste hat man in dieser Region nicht so oft“, sagt Stadtrat Andreas Eckert. Auch die Unterstützung der Stadt für den Ski-Club sei seit Jahren sehr löblich. In diesem Jahr wurden unter Anderem die Skihütte am Hang der Piste erneuert und ein „Pistenbulli“ zum Preparieren der Strecke beigesteuert. Und so ist auch gesichert, dass Elias, Miriam und Julia weiter um den schnellsten Weg in das Tal der Rodigtschlucht kämpfen können. Also: Ski heil!