Döbeln
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Kein Wecker, kein Handy, keine Termine

Nach 13 Jahren als Leiter des Martin-Luther-Gymnasiums geht Lothar Weisheit in den Ruhestand. Aber er ist nicht der Einzige, der die Schule verlässt.

Von Cathrin Reichelt
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Diese Kiste wird Lothar Weisheit seiner Nachfolgerin übergeben. Denn der Rektor des Martin-Luther-Gymnasiums verabschiedet sich zum 31. Juli in den Ruhestand.
Diese Kiste wird Lothar Weisheit seiner Nachfolgerin übergeben. Denn der Rektor des Martin-Luther-Gymnasiums verabschiedet sich zum 31. Juli in den Ruhestand. © Dietmar Thomas

Hartha. Er bereitet noch das neue Schuljahr vor. Dann zieht Lothar Weisheit die Tür des Schulleiterzimmers ein letztes Mal hinter sich zu. Zum 1. August geht er in den Ruhestand. Nach seiner eigenen Schul- und Studienzeit ist er damit weitere 39 Jahre zur Schule gegangen: 13 Jahre als Chemielehrer an die Karl-Marx-Oberschule Borna, 13 Jahre als Leiter an das Pestalozzi-Gymnasium Borna, das er nach der Wende mit aufgebaut hat, und 13 Jahre an das Martin-Luther-Gymnasium Hartha.

Er sei immer gern in diese Schule gekommen, wobei er dort ein Projekt am liebsten noch selbst begleitet hätte. Im nächsten Jahr sollen die beiden Unterrichtsräume, die einmal aus der Aula entstanden sind, zu einem modernen Mehrzweckraum umgebaut werden. Weisheit schwärmt fast von der Schule: Es sei eine schöne Einrichtung, in guter Lage mit besten Bedingungen für Schüler und Lehrer. Die Teamarbeit habe immer funktioniert. Und es habe auch stets eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt Hartha gegeben. 

Das bestätigt Bürgermeister Ronald Kunze (parteilos), schränkt aber ein: „Ich bin immer mit meinen Ideen in sein Zimmer gegangen und mit den Ideen von Lothar Weisheit wieder rausgekommen. – Weil sie besser waren.“ Da habe einfach seine Erfahrung eine Rolle gespielt, meint der Schulleiter und fügt schmunzelnd hinzu: „Das ist Diplomatie.“

Derzeit werde mit Unterstützung der Stadt eine Zusammenarbeit des Gymnasiums mit dem Meinsberger Kurt-Schwabe-Institut auf den Weg gebracht, das mit Biomasse forscht. Ziel sei es, die Schüler dafür zu begeistern, vor Ort einen Arbeitgeber für ein duales Studium zu finden, so Kunze.

 Es sei bereits der zweite Anlauf für dieses Projekt, Fördergeld zu beantragen. Im vergangenen Jahr habe das nicht geklappt. Es sei wichtig, die Schüler in der Region zu halten, so Weisheit. Deshalb freue es ihn, dass viele der 57 diesjährigen Abiturienten in Sachsen studieren oder ein Handwerk erlernen wollen.

Ein süßer Abschied

Das Gymnasium sei mit rund 600 Schülern gut ausgelastet. Für die neuen fünften Klassen gebe es 81 Anmeldungen. Unterrichtet werden die jungen Leute von rund 50 Lehrern. Ab August werden weitere dazukommen, unter anderem ein Referendar aus Döbeln.

Denn Lothar Weisheit ist nicht der Einzige, der zum Schuljahresende das Martin-Luther-Gymnasium verlässt. Lehrerin Ulrike Hansch wechselt an eine Förderschule und Holger Kühne beendet seine Lehrerlaufbahn. Um sich von ihren Kollegen zu verabschieden, haben sich die drei zusammengetan und in die Chocolaterie Wermsdorf eingeladen. „Weil wir alle gern Süßes essen“, sagt Weisheit und freut sich, dass er bei dieser Gelegenheit auch viele ehemalige Lehrer wiedersieht.

Das Gymnasium habe bisher ein festes Team an Lehrern gehabt. „Das war ein Vorteil“, so Weisheit. „Die Stabilität war abschätzbar.“ Erst seit zwei Jahren gingen Kollegen in den Altersruhestand und das werde sich fortsetzen. Es werde die Aufgabe der neuen Schulleiterin sein, die alten und neuen Lehrer zusammenzuführen.

Die Neue an der Spitze des Lehrerteams ist möglicherweise Heike Geißler. Die Lehrerin für Geschichte, Deutsch und Latein arbeitet seit 25 Jahren am Lessing-Gymnasium Döbeln und ist dort seit 2011 stellvertretende Schulleiterin. Ein Jahr lang hat sie bereits als amtierende Schulleiterin Erfahrungen gesammelt.

Aber noch ist nichts entschieden. „Das Schulleiter-Bestimmungsverfahren ist im Kultusministerium noch nicht abgeschlossen. Es ist relativ umfangreich“, erklärt Lutz Steinert, Pressesprecher der Sächsischen Bildungsagentur, auf Nachfrage des Döbelner Anzeigers. Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne er keine Details nennen. Auch nicht, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Und was fängt Lothar Weisheit mit seiner neu dazugewonnen Zeit an? Ohne täglich zwei Stunden Fahrt von und nach Frohburg, wo er Zuhause ist, ohne Elternabende, Lehrerkonferenzen und Zeugnisse schreiben? – Nichts Spezielles. „Unsere Wünsche sind erfüllt“, meint der 62-Jährige, der gemeinsam mit seiner Frau noch ein bisschen Zeit in Gesundheit verbringen möchte. Das ist ihm wichtig.

Vielleicht werde er die Kinder und das Enkelchen öfter als bisher in Hamburg besuchen, wenn er Lust hat, Rad fahren und Volleyball spielen und Freundschaften aktiver pflegen. In Haus und Garten gebe es auch immer etwas zu tun. „Aber wir machen uns keinen Druck für die Zukunft. Es soll ein langsamer Übergang werden.“ Kein Wecker, kein Handy, keine Termine – so stellt sich Lothar Weisheit die ersten Tage, vielleicht aber auch Wochen seines Ruhestandes vor.