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Keine flächendeckende Maskenpflicht

Am Osterdienstag soll neu beraten werden. Ob es dann um eine Exitstrategie oder eine Verschärfung der Maßnehmen gehen wird – völlig offen.

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© Christoph Soeder/dpa (Symbolbild)

Von Robert Birnbaum

Angela Merkel hält nichts von einer Maskenpflicht für alle. Zu groß sei die Gefahr, dass sich Menschen in falscher Sicherheit wiegen könnten, gab die Kanzlerin am Mittwoch früh in der Runde der Unionspolitiker zu bedenken, die sich immer vor der Kabinettssitzung trifft. „Kabinettsfrühstück“ heißt der Kreis, aber für Merkel und andere, die von zu Hause zugeschaltet waren, ist längst selber Kaffee kochen angesagt.

Die Kanzlerin steht nicht allein mit ihrer Abneigung, den Bürgern jetzt zusätzliche Pflichten wie ein obligatorisches Maskentragen aufzuerlegen. Schon vor ihrer Schaltkonferenz am Nachmittag mit den Ministerpräsidenten herrschte auch in den Staatskanzleien von München bis Hannover die Meinung vor, neue Auflagen dieser Art schadeten mehr als sie nutzten. Gerade in der Maskenfrage erschien den meisten die Gefahr größer. Jetzt eine Pflicht für alle, während in Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheimen noch immer der Nachschub fehle – „das wäre ein falsches und missverständliches Signal“, sagt ein Ländervertreter. In Kiel lagert der Masken-Nachschub für die Mediziner heute schon im bewachten Marinearsenal aus Sorge vor Diebstählen. Auch in anderen Ländern werden Masken unter Polizeischutz ausgeliefert.

Gerade Länder wie Bayern und Baden-Württemberg, die mit ihren Maßnahmen letzte Woche den anderen vorangeprescht waren, plädierten in der Runde jetzt fürs Kurshalten und Abwarten, wie die Maßnahmen wirken. Tatsächlich lässt sich über diese Wirkung nach knapp eineinhalb Wochen noch wenig sagen – und das Wenige ist leicht falsch zu deuten.

Blickt man etwa auf die Bundesländer, liegt Nordrhein-Westfalen bei der wichtigsten Maßzahl für den Erfolg vorn: Im Land von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verdoppelte sich die Zahl der gemeldeten Corona-Infizierten zuletzt in neun Tagen. In CSU-Chef Markus Söders Bayern war die doppelte Zahl dagegen schon nach sieben Tage erreicht.

Der Grund ist freilich so simpel wie unpolitisch: NRW war im Karnevalshotspot Heinsberg früh und stark, jedoch zunächst nur regional betroffen. In Bayern dagegen kam das Virus mit Skiurlaubern aus Tirol später ins Land, dann aber überall. Nur logisch, dass die Infektion sich dort auch schneller verbreitete als aus dem früh abgeriegelten Heinsberg.

Von der Krisenhochburg zum Hoffnungsträger

Die Region bei Aachen wird dafür jetzt nach vier Wochen von der Krisenhochburg zum Hoffnungsträger. Laschet berichtete vormittags im Düsseldorfer Landtag, dass die Verdopplungszeit dort zuletzt bei 16 Tagen lag. Das ist weit besser als die zehn Tage, die Merkel als Maßstab genannt hatte, um langsam Lockerungen einzuleiten. Es belegt allerdings auch, wie lange es bis dahin dauert, selbst unter vergleichsweise optimalen Bedingungen: früh erkannt, rasch eingedämmt, diszipliniert durchgehalten.

Die Bund-Länder-Runde einigte sich denn auch darauf, die Abstandsregeln für Bürger bis zum Ende der Osterferien in den meisten Bundesländern am 19. April in Kraft zu lassen. An die Bürger geht der Appell, über Ostern nicht durchs Land zu reisen – zu Verwandten sowieso nicht, aber auch sonst den Osterausflug nahe der Heimat zu absolvieren. Am Osterdienstag, dem 14. April, will man in dem Kreis neu beraten. Aber ob es dann schon um eine Exitstrategie gehen wird – völlig offen. Erst müssten die Zahlen runter, heißt es am Nachmittag aus Teilnehmerkreisen.

Und eins bleibe so oder so klar: Wer glaube, dass nach den Osterferien das normale Leben wieder anfange, der liege definitiv falsch. „Wir werden alle noch sehr lange mit Einschränkungen leben müssen“, sagt ein Ländervertreter, wenn auch vielleicht mit etwas anderen als heute. Niemand will zur Naturkatastrophe auch noch den politischen Super-GAU: Wenn man zu früh die Zügel schleifen ließe, wäre der wochenlange Stillstand vergebens gewesen.