Von Henry Berndt
Da sitzt sie wieder und nickt zufrieden. „Ja, ja, der Lutz“, sagt Yvonne Burmann und lächelt. Vor genau einem Jahr wurde sie von der SZ gefragt, welches Schicksal wohl Lutz Bachmann und Pegida für 2016 bevorstehen würde. „Lutz Bachmann packt die Koffer und verlässt Deutschland“, prognostizierte die 41-Jährige, nachdem sie ihre Tarotkarten befragt hatte. Gut, sie verband Bachmanns Flucht zwar mit dem Ende von Pegida nach einer Radikalisierung und gewaltsamen Auflösung der Bewegung. Davon sind wir einigermaßen weit entfernt, aber es bleibt ein übersinnlicher Volltreffer: Im September wanderte Bachmann tatsächlich nach Teneriffa aus und fliegt seitdem nur ab und an für Pegida ein.
In anderen Fragen waren die Bilder auf Yvonne Burmanns Karten nicht ganz eindeutig. Ein kleines Hochwasser in Dresden, prophezeite sie, was jedoch nur bei ganz genauem Hinschauen zu erkennen war. „Aber es hat auf jeden Fall verdammt viel geregnet“, sagt sie. „Deswegen habe ich das als Flut interpretiert.“
Und die Flüchtlinge? Deren Zahl sollte laut den Tarotkarten 2016 nochmals steigen. Stattdessen gingen sie allerdings durch vielfältige Grenzsicherungsmaßnahmen deutlich zurück. „Das war ja keine Entscheidung, die in Dresden getroffen wurde“, sagt Yvonne Bormann. Äußere Einflüsse, wie durch neue europäische Gesetzgebungen, seien kaum mit einzubeziehen, wenn man sich auf eine Stadt konzentriert.
Überhaupt könnten ihre Aussagen umso klarer getroffen werden, je mehr sich eine Frage um einen einzelnen Menschen oder ein persönliches Problem dreht. Pegida dagegen sei ein Konstrukt, das seinerseits aus Menschen besteht. Und die hätten sich ja im Unterschied zur Bewegung als Ganzem schon mit dem Gesetz angelegt, wie die Karten für 2016 es voraussagten. „Man denke nur an den Pegida-Redner, der die Bombe an der Moschee zündete.“
Noch schwerer als auf Pegida sei es, für eine ganze Stadt vorauszuschauen. Dennoch: Einen kleinen Ausblick auf 2017 in Dresden wollen wir wieder wagen! Und Yvonne Burmann ist dabei. Sie sitzt an ihrem runden Tisch und pustet erst einmal kräftig in ihren Kartenstapel. „Dadurch weichen die alten Energien vom letzten Legen“, sagt sie. Eine junge Frau wollte ihre Prüfungsaufgaben wissen. Wie praktisch.
Jetzt sind die Karten resettet. Sie sehen schon ein wenig abgegriffen aus – kein Wunder nach mehr als zehn Jahren im Dienst. Yvonne Burmann schwört auf dieses Deck und legt den Stapel vorsichtig auf den Tisch. Der Qualm ihrer Zigarette zieht durch den Raum. Kätzchen Bora wartet schon gespannt. Am Kaminschacht wabert goldenes Lametta. Was wollen wir wissen?
Zum Warmwerden am besten wieder das Wetter! Das Prozedere ist dasselbe wie vor einem Jahr: Mischen, drei Stapel machen, wieder zusammensetzen und dann neun Karten verdeckt in drei Reihen auslegen. Jetzt ist die Expertin dran.
Die erste gute Nachricht: Sie sieht kein Hochwasser. „Im Juni und Juli wird es wieder viel regnen, aber nicht ganz so viel wie 2016“, sagt sie. Im August soll es dann dafür richtig heiß werden. Bis zu 40 Grad! Das ist mal eine Ansage!
Weiter mit dem nächsten Klassiker: Wie geht’s bei Lutz Bachmann weiter? Die ersten Karten, die sie aufdeckt, tragen die Titel „Sieg“, „Tapferkeit“ und „Vollendung“. „Das muss aber noch nichts heißen“, sagt Yvonne Burmann. Es seien auch einige negative Karten dabei. „Trägheit“ zum Beispiel. Schnell ist ihr Urteil klar: „Er wird es wieder schaffen, sich durchzuwurschteln, weil es immer wieder Leute gibt, die ihm aus der Patsche helfen.“ Bei Pegida macht er weiter, sagen die Karten, und sammelt damit weiter fleißig negatives Karma an. „Er muss echt aufpassen, dass er nicht im nächsten Leben als hungerndes Kind in Kambodscha wiedergeboren wird.“
Oha, die Tarotkarten sind warmgelaufen. Jetzt würden wir gern wissen, ob die Saison für Dynamo Dresden so gut weiterlaufen wird, wie sie begonnen hat. Die ersten beiden Karten sind „Teufel“ und „Tod“, dann folgt zum Glück „Üppigkeit“. Am Ende ist klar: „Dynamo wird sich in der Zweiten Bundesliga etablieren, aber es besteht die Gefahr, dass sie arrogant werden“, sagt Yvonne Burmann. Die Spieler seien noch nicht so charakterlich gefestigt. „Das könnte die Achillesferse werden.“
Bevor die Mischhand müde wird, noch eine letzte Frage an die Karten: Wird es André Sarrasani schaffen? Wird es 2017 den dritten Teil seiner Trilogie im Trocadero geben? Yvonne Burmann schaut lange schweigend auf die Karten. „Es wird sehr knapp, aber er wird es schaffen!“ Noch stehe er zu sehr unter Druck, müsse dringend wieder seine Leichtigkeit und Freude bei der Arbeit wiederfinden. Das würden dann auch die Zuschauer honorieren. „Es kommen genug Leute, um den Laden am Laufen zu halten.“ Bachmann, Dynamo, Sarrasani. Die Energien sprudelten fürs nächste Jahr nur so aus den Karten. Eines steht damit ganz sicher fest: Vor der nächsten Sitzung muss wieder kräftig gepustet werden!