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Muss Sachsen jetzt sein neues Polizeigesetz ändern?

Das Scannen von Auto-Kennzeichen ist teilweise verfassungswidrig. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss sich der sächsische Innenminister Gedanken machen. 

Von Gunnar Saft
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Eine transportable automatisierte Kennzeichenerkennungs-Anlage steht vor einem Polizeiauto.
Eine transportable automatisierte Kennzeichenerkennungs-Anlage steht vor einem Polizeiauto. © Daniel Karmann/dpa (Symbolfoto)

Karlsruhe/Dresden. Der millionenfache Einsatz von Scannern, mit deren Hilfe die Polizei automatisch Autokennzeichen erfasst und überprüft, verstößt zum Teil gegen das Grundgesetz. Das stellte das Bundesverfassungsgericht in zwei Urteilen fest und kippte damit eine Reihe von Einzelregelungen in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Zuvor hatten mehrere Privatleute dagegen geklagt.

Zwar verbot das Gericht die automatisierte Kennzeichenerfassung, die seit 2012 auch im Freistaat Sachsen zum Einsatz kommt, nicht generell. Allerdings schränkt es das Verfahren in wesentlichen Teilen ein. So dürfen die Scanner ausschließlich anlassbezogen und nicht im Dauerbetrieb zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden, heißt es. Nicht erlaubt sei dagegen die automatisierte Kennzeichenerfassung im Rahmen einer Strafverfolgung oder für einen besseren Grenzschutz. Auch für einen Einsatz im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen gelten strikte Auflagen.

Gleichzeitig legten die Richter fest, dass der Umfang der Datenbanken, die bei dem Abgleich der Autokennzeichen genutzt werden, dem konkreten Anlass der Kontrollen angepasst und damit eingeschränkt werden müssen. Die drei Bundesländer haben nun bis Jahresende Zeit, ihre Gesetze entsprechend zu überarbeiten. Bis dahin darf die Kennzeichenerfassung in ihrer bisherigen Form fortgeführt werden.

Das Urteil der Karlsruher Richter setzt nun auch Sachsen unter Druck, wo der Landtag im März ein neues Polizeigesetz beschließen will, das eine deutliche Ausweitung der Kennzeichenerfassung vorsieht. So sollen die bisher eingesetzten mobilen Geräte durch landesweite stationäre Kontrollanlagen ergänzt werden. Der Freistaat plant mindestens 1,5 Millionen Euro für deren Aufbau ein. Gleichzeitig soll es künftig auf bestimmten Routen innerhalb eines 30-Kilometer-Bereichs zu den Außengrenzen zu Polen und Tschechien möglich werden, Scanner zur Gesichts- und damit zur Personenidentifizierung einzusetzen.

2018 wurden in Sachsen mit Kennzeichen-Scannern 302 Fahndungstreffer erzielt. Neben 29 Fällen von gestohlenen oder unterschlagenen Fahrzeugen wurden 179 Verstöße gegen die Kfz-Pflichtversicherung aufgedeckt. 94 Treffer gab es in Fällen, bei denen über die Autokennzeichen nach zur Fahndung ausgeschriebenen Personen gesucht wurde. Innenminister Roland Wöller (CDU): „Das Gericht hat klargestellt, dass die automatisierte Kennzeichenerkennung grundsätzlich zulässig ist. Es hat sich aber ausführlich mit der Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen befasst. Wir prüfen nun, ob und in welchem Umfang der Entwurf für unser neues Polizeigesetz an diese Rechtssprechung angepasst werden muss.“