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Kinderehe beschäftigt Jugendamt

Ausländische Ehepartner unter 18 Jahre bekommen Schutz vom Landratsamt. Ihre Ehe wird in Deutschland ungültig.

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© obs/WZV/Fotolia/GHotz

Von Maria Fricke

Region Döbeln. Seit Januar 2016 ist auch der Landkreis Mittelsachsen zur Aufnahme von unbegleiteten, minderjährigen Asylbewerbern (Uma) verpflichtet. Damit kam die Verwaltung auch in Berührung mit einem Thema, welches bisher keine Rolle gespielt hat: Kinderehen. „Zwei hatten wir bisher insgesamt, eine davon begleiten wir aktuell noch“, informierte Frank Ziller, Leiter des Referates Soziale Dienste im Landratsamt Mittelsachsen, die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses in ihrer vergangenen Sitzung.

Konkret geht es dabei um den Fall eines Mädchens, das mit 14 Jahren einen neun Jahre älteren Mann geheiratet und mit ihrem Partner zusammen auch ein Kind hat. Die Ehe wurde im Ausland geschlossen. Weil die Jugendliche als Uma nach Mittelsachsen gekommen ist, wurde sie nach ihrer Ankunft im Kreis vom Jugendamt in Obhut genommen. „Das Jugendamt hat im Rahmen der Inobhutnahme zu prüfen, ob und unter welchen Rahmenbedingungen die schutzwürdigen Interessen und das Wohl der Minderjährigen zu gewährleisten sind“, erklärte Kreissprecher André Kaiser. Wäre den Mitarbeitern dabei aufgefallen, dass die Jugendliche unter ihrer Situation leidet, wäre auch eine Trennung der Minderjährigen von ihrem Ehemann denkbar gewesen. „Handelt es sich um eine Zwangsehe? Steht das Mädchen unter Druck? Ist das Kindeswohl gefährdet? Kann sich die Minderjährige frei entwickeln? Das sind die Fragen, denen wir nachgehen“, erklärte Frank Ziller. Im Rahmen der Begleitung der Familie sei deutlich geworden, dass es sich um keine Zwangsehe handelt.

Trotz Ehe Vormund bekommen

Trotzdem war das Jugendamt verpflichtet, für die Jugendliche innerhalb von drei Tagen einen Vormund beim zuständigen Familiengericht zu beantragen. „Der vom Gericht bestellte Vormund hatte es in dem konkreten Fall für angemessen erachtet, einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung zu stellen“, so Kreissprecher Kaiser. Im Rahmen dieser Hilfe wird die Minderjährige nun weiter beraten und begleitet sowie unterstützt. „Damit endete gleichzeitig auch die Inobhutnahme“, sagte André Kaiser.

Doch auch wenn das Mädchen offenbar in guter Ehe lebt, anerkannt ist diese in Deutschland nicht. Zum Schutz der Minderjährigen hat der Gesetzgeber das Ehemündigkeitsalter für alle auf 18 Jahre angehoben. Wer jünger heiraten möchte, benötigt die Zustimmung von Eltern und Jugendamt. Haben die Partner im Ausland geheiratet, werde die Ehe wieder gültig, wenn das Paar Deutschland verlässt. Auswirkungen hat die Unwirksamkeit der Ehe auch auf das gemeinsame Kind des Paares. „Das Kind hat dann keinen Vater mehr. Eine Anerkennung der Vaterschaft ist notwendig“, sagte Frank Ziller.

Eine Reihe von Gesetzesänderungen hat das Vorgehen, wie es das Landratsamt in diesem Fall vollzogen hat, nun gestärkt. Im Mittelpunkt der Vorgehensweise stehe dabei das individuelle Wohl der Kinder und Jugendlichen. „Sie sollen geschützt, umfassend über ihre Rechte, wie die sexuelle Selbstbestimmung oder die Entfaltung einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit, sowie Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten aufgeklärt und durch die Jugendhilfe begleitet werden“, fasste Kreissprecher André Kaiser zusammen.