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Kirchenorgel braucht Hilfe

Die Sanierung lässt sich kaum aufschieben. Aber es fehlt Geld. Neukirchs Kirchgemeinde startet eine Spendenaktion.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Kantorin Dörte Riechen versteht sich aufs Orgelspielen. Trotzdem geht mancher Ton daneben. Das liegt nicht an der erfahrenen Kirchenmusikerin, sondern am Instrument. Neukirchs Kirchenorgel muss dringend generalüberholt werden. „In den vergangenen zwei Jahren ist es akut geworden“, sagt Dörte Riechen. Vor allem bei anhaltender Hitze in den vergangenen zwei Sommern gab es immer wieder Aussetzer, bedingt durch die Technik.

Die Spulen der Elektromagnete sind für maximal 16 Volt Gleichstrom ausgelegt. Die Luftzuführung für jede Pfeife und jedes Register wird durch einen eigenen Elektromagneten geöffnet und geschlossen.
Die Spulen der Elektromagnete sind für maximal 16 Volt Gleichstrom ausgelegt. Die Luftzuführung für jede Pfeife und jedes Register wird durch einen eigenen Elektromagneten geöffnet und geschlossen. © Steffen Unger
Die Leitungen und Relais sind fast 80 Jahre alt und inzwischen verschlissen. Das führt zu gelegentlichen Ausfällen an der Orgel. Zum Vergleich: Die Elektroanlage eines Hauses hält im Durchschnitt 30 Jahre.
Die Leitungen und Relais sind fast 80 Jahre alt und inzwischen verschlissen. Das führt zu gelegentlichen Ausfällen an der Orgel. Zum Vergleich: Die Elektroanlage eines Hauses hält im Durchschnitt 30 Jahre. © Steffen Unger

Neukirchs Kirchenorgel wurde 1873 gebaut. Nachdem in den 1920er Jahren im Ort die Elektrizität Einzug gehalten hat, wurde das mechanische Instrument auf elektromagnetische Traktur umgebaut. Jede Taste, jeder Registerknopf betätigt einen Kontakt. Die Ventile an Registern und Pfeifen werden dabei durch Elektromagnete angesteuert, erläutert Christoph Krause das Prinzip. Er ist nicht nur Technikfreak. Als Sohn des einstigen Kirchendieners kennt er das Instrument aus dem Effeff. Gibt es Probleme nur bei einem Kontakt, kommt es zu Ausfällen wie in jüngster Zeit.

Auch solide Handwerksarbeit hält nicht ewig

Die Elektrik der Neukircher Orgel ist rund 80 Jahre alt. Zum Vergleich: Elektroanlagen in Häusern sind nach 30 Jahren verschlissen. In modernen Fahrzeugen müssen Kraftfahrer sogar schon nach wenigen Jahren mit Störungen an der Elektronik rechnen. „So gesehen hat die Elektroanlage unserer Orgel sehr gut gehalten. Aber auch solide Handwerksarbeit hält nicht ewig“, sagt Christoph Krause.

Die Erneuerung der Elektrik wird deshalb ein Schwerpunkt der bevorstehenden Generalüberholung sein. Aber sie ist nicht das einzige Sorgenkind. Mehrere Holzpfeifen sind vom Schimmel befallen, der beseitigt werden muss. Geplant ist, die Orgel komplett auseinanderzubauen und jedes einzelne Teil, darunter die 2 000 Pfeifen, zu reinigen. Anschließend wird das Instrument wieder zusammengebaut und gestimmt. Eine Arbeit von mehreren Monaten, in der die Neukircher auf ihre Orgel werden verzichten müssen.

Probleme liegen im Inneren

Zu Beginn der 1940er Jahre war das Instrument schon einmal generalüberholt worden. Zwischenzeitlich wurden immer wieder Reinigungsarbeiten und kleinere Reparaturen ausgeführt, und es gab eine Bekämpfung des Holzwurmes. Von außen sieht man der alten Dame die Sorgen nicht an. Die Probleme liegen im Inneren. Zum Beispiel aufgrund alter Leitungen und verschlissener Relais.

63 500 Euro sind für die Reparatur veranschlagt. Die Landeskirche Sachsen stellt einen Zuschuss in Aussicht unter der Voraussetzung, dass auch die Denkmalschutzbehörde das Vorhaben finanziell unterstützt, sagt Pfarrer Jörg Briesovsky. Am Denkmalwert des Neukircher Instrumentes gibt es keinen Zweifel. Wann Fördergelder fließen, ist angesichts begrenzter Töpfe allerdings offen. In Neukirch hofft man auf eine Förderung in diesem Jahr.

Mehrere Zehntausend Euro werden gebraucht

Beides – Geld von der Landeskirche und vom Denkmalschutz – können die Neukircher nur abrufen, wenn sie den Eigenanteil der Kirchgemeinde von mehreren Zehntausend Euro sichern können. Sie hoffen dabei vor allem auf Spenden – und sind sich sicher, dass sie auch diesmal die Menschen erreichen. In einer beispiellosen Aktion sammelten sie vor wenigen Jahren weit über 100 000 Euro für neue Kirchenglocken. „Werden die Glocken geläutet, haben ganz viele Neukircher immer wieder neu Freude. Die Orgel müssen wir nicht völlig erneuern, und die Reparatur wird auch nicht annähernd so viel kosten“, sagt Christoph Krause, der sich als Vorsitzender des inzwischen aufgelösten Glockenfördervereins auch für das vorangegangene Projekt starkgemacht hat.

Start für eine neue Spendenaktion war ein Konzert vor einigen Tagen im Kirchgemeindehaus. Die rund 60 Besucher steckten 525 Euro in die Sammelbüchse. Damit ist ein Anfang gemacht. Weitere Aktionen für die Orgel sind im Laufe dieses Jahres geplant, darunter ein Konzert zum Erntedankfest, ein Basar am zweiten Advent, Orgelführungen, auch für Kinder. „Es gibt viele Ideen“, sagt Jörg Briesovsky. Beispielsweise eine Postkarte für die Orgel. Vielleicht werden auch wieder Stifterbriefe aufgelegt, mit denen die Neukircher beim Spendensammeln für die Glocken gute Erfahrungen gemacht haben.

Die erste Orgel aus der Eule-Werkstatt

Die Orgel in der Neukircher Kirche ist eine besondere. Sie ist die erste aus der Werkstatt des Bautzener Orgelbaumeisters Hermann Eule. Es war vor reichlich 140 Jahren eine mutige Entscheidung der damals Verantwortlichen, den umfangreichen Auftrag an eine bis dahin völlig unbekannte Firma zu geben, heißt es in Neukirch. Mittlerweile hat die Firma Eule weltweit einen Namen. Eules Erstlingswerk sachgemäß und sorgfältig zu erhalten, damit sich jetzige und kommende Generationen an der Orgelmusik erfreuen können, sei eine Pflicht, der man sich gern stelle, sagt Christoph Krause. Für die Neukircher ist es Ehrensache, dass sie ihre Orgel auch für die Generalüberholung der Bautzener Firma anvertrauen.

Spendenkonto für die Orgel: Kassenverwaltung Bautzen

IBAN: DE53 3506 0190 1681 2090 65 bei der KD-Bank LKG Sachsen; Verwendungszweck: KG Neukirch/Lausitz RT 0425 „Orgel“; Spendenquittung unter Telefon: 035951 31456