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Kita-Praktikant soll Kinder missbraucht haben

Die Polizei ermittelt zu bisher vier Fällen. Für den 23-jährigen Deutschen folgten schnell Konsequenzen.

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© Tino Plunert

Von Christoph Springer

Dresden. Wenigstens vier Kindern der Kita Kinderwelt(en) an der Spenerstraße in Striesen ist mutmaßlich das Schlimmste passiert, was sich ihre Eltern vorstellen können. Einer der Menschen, die sie dort betreuen und laut dem Kita-Konzept das Vertrauen der Kinder stärken sollen, hat offenbar genau das Gegenteil getan. Er soll die Kinder sexuell missbraucht haben.

Der Vorwurf richtet sich gegen einen 23-jährigen Deutschen, der in der Einrichtung mit Platz für 202 Kinder als Praktikant gearbeitet hat. Mitte März hatte er seine Dienstzeit in dem Striesener Haus begonnen, etwa zwei Monate später verging er sich demnach an mehreren Schutzbefohlenen. Am 15. Mai soll er mindestens ein Kind missbraucht haben. Drei Tage danach hat die Stadt, zu deren Kita-Eigenbetrieb die Einrichtung an der Spenerstraße gehört, den 23-Jährigen angezeigt. Seitdem ermittelt die Kriminalpolizei. Dabei kamen bisher drei weitere Missbrauchsfälle ans Licht. Auch die Mutter eines dreijährigen Mädchens hat Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs erstattet. Rechtsanwalt Frank Hannig vertritt die Frau. „Sie geht davon aus, dass das schon vor dem 15. Mai passiert ist“, sagt der Jurist. Das Kind seiner Mandantin habe auffällige Verhaltensweisen gezeigt. Erst als sie am 17. Mai ein Infoschreiben vom Kita-Eigenbetrieb mit Erklärungen zu dem Geschehen zwei Tage zuvor bekommen habe, sei ihr klar geworden, was passiert sein musste. „Ein Psychologe hat das Verhalten des Kindes als ein Indiz für Missbrauch bewertet“, sagt Hannig.

In dem mehr als eine Seite langen Brief erklären die Verantwortlichen des Kita-Eigenbetriebs, wann sie von den Vorfällen erfahren und was sie unternommen haben. Besonders wichtig ist für die Eltern der zweite Absatz. „Aufgrund dieses Verdachtes haben wir das Tätigkeitsverhältnis mit der betreffenden Person mit sofortiger Wirkung beendet“, heißt es dort. Kurz gesagt: Kitachefin Jana Seifarth und die Personalabteilung des Eigenbetriebs haben den 23-Jährigen entlassen. Damit sei der Schutz der Kinder „wieder vollumfänglich gewährleistet“, beruhigen die Verantwortlichen die Eltern.

Sie schließen allerdings nicht aus, dass weitere Kinder betroffen sind und bitten die Eltern, auf „gravierende Verhaltensänderungen, Äußerungen Ihres Kindes oder verändertes Spielverhalten zu achten“. Alles das könnten Anzeichen dafür sein, dass den Kindern Ähnliches widerfahren ist wie den mindestens vier Betroffenen, von denen die Polizei bisher ausgeht.

Dass die Stadt zwei Wochen lang zu dem Geschehen geschwiegen hat, begründet das Rathaus mit dem Schutz der Kinder und den laufenden Ermittlungen. Hannig will das nicht hinnehmen. „Da hat die Stadt unglücklich agiert“, sagt der Anwalt, „das ist Täterschutz.“ Dagegen stünden die Interessen möglicher Opfer. „Das sind die Kinder. Und deren Eltern, die nachts aufgeregt am Bettchen stehen und sich fragen, ob ihr Kind auch auffällige Verhaltensweisen zeigt, Albträume hat oder plötzlich wieder ins Bett macht.“ Die Verantwortlichen hätten wenigstens sagen müssen, welche Kitagruppen betroffen sind.

Der Elternrat der Kinderwelt(en) unterstützt dagegen die Position des Kita-Eigenbetriebs. „Mehr Infos zum Fall wären für uns nicht gleichbedeutend mit mehr Kinderschutz“, teilte das Gremium am Freitagnachmittag mit, „man muss das Vorgehen respektieren.“ Zugleich stellten sich die Eltern hinter Leiterin Jana Seifarth und ihre Kollegen. „Wir bringen unsere Kinder weiterhin mit einem guten Gefühl in diese Kita und haben vollstes Vertrauen in das Team und die Leitung.“

Alle Eltern waren am Donnerstagabend zu einem Treffen eingeladen, in dem die Verantwortlichen über die Vorwürfe und den aktuellen Stand berichtet haben. „Ich denke, die Kita hat hier so reagiert, wie sie reagieren muss“, sagte danach Nicole Henneße, die Mutter eines vierjährigen Mädchens aus den Kinderwelt(en). „Damit ist jetzt nicht eine heile Welt zusammengebrochen. Wir leben nicht in einer Märchenwelt, es gibt überall Böses“, erklärte sie. „Ich schaffe mein Kind immer noch gerne in die Kita und der Kleine kommt dann auch dorthin.“ (mit T. Plunert)